"Abschaffung des Konkordats bliebe folgenlos"
Das Konkordat, also der 1933 geschlossene völkerrechtliche Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl, wird immer mehr zum Ziel der Kritik der Initiatoren des "Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien". Eine jüngste Anfrage bei den Parlamentsparteien hat gezeigt, dass diese der Forderung nach einer Aufkündigung des Konkordats weitgehend ablehnend gegenüber stehen. Einzig die Grünen-Abgeordneten Daniela Musiol und Peter Pilz sprachen sich für eine Aufkündigung bzw. eine rechtliche Prüfung des Konkordats aus - freilich ohne sich auf eine offizielle Parteilinie berufen zu können.
Eine nüchterne juristische Feststellung traf indes der Wiener Religionsrechtler Prof. Richard Potz im Ö1-Mittagsjournal: Auch wenn das Konkordat - entgegen anders lautender Gerüchte - nicht Teil der Verfassung sei, so seien seine Bestimmungen doch in die geltende Rechtsordnung übernommen worden. Dies bedeute: selbst für den Fall einer Abschaffung des Konkordats "würde sich am Staat-Kirche-Verhältnis zunächst einmal nichts ändern".
Zugleich unterstrich der Religionsrechtler, dass das Konkordat nicht nur die Autonomie der Kirche sichere, sondern zugleich auch dem Staat Rechte wie etwa die Zustimmung bei Bischofsernennungen zusichere. Die aktuelle Kritik am Konkordat entzünde sich nicht zuletzt am "Geburtsfehler" des Vertrages, nämlich der Tatsache, dass dieser bereits 1931 ausgehandelt, jedoch erst unter der Regierung Dollfuß abgeschlossen worden sei.
Regierungsparteien lehnen Änderung ab
Weitgehend zurückhaltend äußerten sich zur Frage des Konkordats die Parlamentsparteien. SPÖ und ÖVP lehnen demnach eine Änderung oder gar Abschaffung des Konkordats ab. Der Kritik der Initiatoren des Volksbegehrens, das Konkordat stamme aus der Zeit des Austrofaschismus, widerspricht das Kultusministerium, das Claudia Schmied untersteht. Die Verhandlungen dazu hätten bereits vor dieser Zeit geendet. Von einer Aufkündigung hält man dort nichts, zahlreiche Religionsgemeinschaften hätten die gleichen Rechte wie die katholische Kirche.
Ähnlich auch die Reaktion seitens der ÖVP: "Die staatliche Sicherstellung der Selbstdarstellung der anerkannten Religionen gewährleistet die umfassende Religionsfreiheit in Österreich. Wir bekennen uns uneingeschränkt zum Konkordat", antwortete der Abgeordnete Wolfgang Gerstl laut Bericht der "Austria Presse Agentur" (APA). Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz teilte auf die Anfrage mit, eine Aufkündigung wäre ein "schlechtes Signal". Zumindest eine Prüfung einzelner Bestimmungen kann sich die FPÖ vorstellen, etwa im Blick auf Begünstigungen bei Grundsteuerfragen. Weniger eindeutig positionierte sich das BZÖ mit dem Hinweis, man stehe "für eine klare Trennung von Staat und Kirche".
Musiol: Grüne diskutieren Thema Staat-Kirche noch
Der Grün-Abgeordnete Peter Pilz forderte gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal eine uneingeschränkte Aufkündigung des Konkordats. Dieses sei "ein Vertrag über Privilegien der katholischen Kirche" und es sei daher "die Frage, ob heute Privilegien auf Kosten der Steuerzahler sinnvoll sind", so Pilz. Dies müsse zugleich "vor dem Hintergrund einer reformunwilligen Kirche" gesehen werden, in der es "systematischen Missbrauch von Jugendlichen" gegeben habe, der "nur zum Teil aufgearbeitet" worden sei.
Zudem sprach sich Pilz laut APA in seiner Antwort per E-Mail klar für eine Einschränkung von Subventionen und Steuerbefreiungen für Religionsgemeinschaften aus, bei den kirchlichen Missbrauchsfällen hält er eine parlamentarische Untersuchungskommission für sinnvoll. Und in der Beschneidungsdebatte spricht sich der Grüne in seiner Antwort für ein Schutzalter, vergleichbar mit dem bei Schönheitsoperationen, aus.
Die Verfassungs- und Familiensprecherin der Grünen, Abgeordnete Daniela Musiol, stellte dazu gegenüber "Kathpress" klar, dass es sich bei den Aussagen Pilz' nicht um eine offizielle Parteilinie handle. Auch wenn sie persönlich die Anliegen des Volksbegehrens unterstütze, so gebe es bislang keinen Parteibeschluss, der eine offizielle Linie in der Frage des Konkordats vorgebe. "Grundsätzlich stehen die Grünen geschlossen für eine Trennung von Staat und Kirche", so Musiol.
Seit vergangenem Herbst laufe ein parteiinterner Diskussionsprozess zum Gesamtthema Staat-Kirche, bei dem auch das Konkordat und dessen Aktualität und rechtliche Basis Gegenstand von Diskussionen sei. Mit einem Abschluss dieses Prozesses und einer Überführung ins offizielle Parteiprogramm ist laut Musiol für diesen Herbst zu rechnen.
Quelle: Kathpress