"Wahrheitsgetreu, knapp, genau"
Wie gut Papst Franziskus Österreich kennt, ist nicht bekannt. Fest steht nur: Ende Januar wird er es noch besser kennen. Vom 27. bis 31. Januar kommt die Österreichische Bischofskonferenz zu ihrem sogenannten Ad-limina-Besuch in den Vatikan. Nach Italienern und Niederländern sind sie die dritte Bischofsgruppe, die Franziskus ihren Besuch abstattet.
Ein Diözesanbischof muss dem Papst alle fünf Jahre Bericht über die Lage in seiner Diözese erstatten. So schreibt es das katholische Kirchenrecht vor. In der Regel orientieren sich auch die Abstände zwischen den Ad-limina-Besuchen an diesem Zeitraum. Da es jedoch mittlerweile rund 2.900 Diözesen gibt, können auch schon einmal acht Jahre vergehen. Die österreichischen Bischöfe etwa waren zuletzt im November 2005 zum Ad-limina-Besuch in Rom.
Jedes Jahr reisen einige Hundert Bischöfe aus aller Welt zu einem Ad-limina-Besuch nach Rom. Benedikt XVI. hatte Anfang 2013 nach gut sieben Jahren kurz vor seinem Rücktritt Bischöfe aus allen Ländern empfangen und damit einen Turnus beendet, zuletzt aus Frankreich. Danach gab es eine längere Pause, die dem Pontifikatswechsel wie auch dem "Jahr des Glaubens" geschuldet war.
Ad-limina-Besuche sollen keine bloße kirchenrechtliche Pflichtübung sein. Sie sollen zeigen, dass der Papst oberster Seelsorger aller Katholiken ist. Die Besuche seien "Ausdruck der Hirtensorge für die ganze Kirche", lautet die offizielle vatikanische Formulierung. Es geht hierbei nicht nur darum, den Papst zu informieren. Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche kann in den Gesprächen auch Anweisungen oder Ratschläge geben.
In den meisten Fällen kommt die gesamte Bischofskonferenz eines Landes, in größeren Ortskirchen reisen die Bischöfe in mehreren Gruppen an. Der Papst führt in der Regel mit jedem Diözesanbischof ein Einzelgespräch und empfängt die Bischöfe als Gruppe. Anders als seine Vorgänger verzichtet Franziskus dabei freilich auf eine offizielle Rede.
"Informationen aus erster Hand"
"Wahrheitsgetreu, knapp und genau", soll der Bericht über die Diözese sein. So schreibt es das "Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe" aus dem Jahr 2006 vor. Keine theologische Lyrik also. Der Bericht solle dem Papst und den vatikanischen Ministerien "Informationen aus erster Hand" liefern. Sein Aufbau folgt einem festen Schema, das ein vatikanisches Formular vorgibt. Sechs Monate vor dem Ad-limina-Besuch sollten die vertraulichen Unterlagen für jede Diözese im Vatikan vorliegen. Zuständig für die Organisation der Besuche im Vatikan ist die Bischofskongregation, eine Art vatikanische Personalabteilung.
"Visitatio ad limina Apostolorum" - Reise an die Schwellen der Apostelgräber - lautet die ursprüngliche lateinische Bezeichnung. Ihren Namen verdanken die Ad-limina-Besuche den seit dem 4. Jahrhundert belegten Pilgerfahrten von Gläubigen zu den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus in Rom. Bis heute sind Gottesdienste an den als Gräber der Apostel Petrus und Paulus verehrten Orten, im Petersdom und in St. Paul vor den Mauern, fester Bestandteil der Ad-limina-Besuche.
In ihrer heutigen Form gehen die Ad-limina-Besuche auf Papst Sixtus V.(1585-1590) zurück. In der Bulle "Romanus Pontifex" vom 20. Dezember 1585 legte er fest, dass die Bischöfe dem Papst in regelmäßigen Abständen persönlich über die Zustände in ihrer Diözese Bericht erstatten müssten. Die Bischöfe im deutschsprachigen Raum sowie die der meisten anderen europäischen Länder hatten nach Sixtus' Willen alle vier Jahre nach Rom zu kommen. So sollte ein engerer Kontakt zwischen Papst und Bischöfen entstehen. Sixtus entsprach mit dieser Anordnung einem Anliegen des Konzils von Trient (1545-1563). Die Bischofsversammlung hatte angesichts des vordringenden Protestantismus eine Reform der katholischen Kirche eingeleitet. Die Stärkung der Seelsorge war hierbei ein zentraler Punkt. Die Verpflichtung der Bischöfe, in regelmäßigen Abständen Bericht zu erstatten lässt sich zurückverfolgen bis zu einer Anordnung von Papst Zacharias aus dem Jahr 743.
Die Praxis sah freilich lange anders aus: Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein kamen die Bischöfe aus dem deutschsprachigen Raum nur sehr selten persönlich nach Rom. Nicht zuletzt die beschwerliche mehrwöchige Anreise schreckte viele ab. Hinzu kam noch, dass der Wunsch den Papst zu sehen, nicht bei allen Bischöfen ausgeprägt war. Das änderte sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts mit einer verstärkten Hinwendung zum Papsttum.
Der erste deutschsprachige Bischof der nach langer Zeit wieder nach Rom kam war 1842 der Salzburger Erzbischof Friedrich Johann Fürst zu Schwarzenberg. Der Besuch zahlte sich aus: Schwarzenberg wurde von Gregor XVI. umgehend zum Kardinal ernannt.
Quelle: Kathpress