Kirche würdigt Wirken Barbara Prammers
Hochrangige Kirchenvertreter haben die am Samstag verstorbene Nationalratspräsidentin Barbara Prammer für ihr politisches und soziales Engagement gewürdigt. So zeigte sich etwa der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, "sehr bewegt" vom Tod Prammers. Beeindruckt habe ihn die "bescheidene, kluge und sehr menschliche Art", wie Prammer ihr Amt ausgeübt habe und wie sie im Laufe der Jahre "in Österreich und international großes Ansehen gewonnen" habe, so Schönborn gegenüber "Radio Stephansdom".
Der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz sprach zugleich der Familie seine "tief empfundene Anteilnahme" aus und bedankte sich bei Prammer "für den Dienst, den sie für unser Land so umsichtig und verantwortungsvoll wahrgenommen hat."
Aichern: "Menschenverbunden"
Dankbarkeit für Prammers "menschliches und demokratisches Handeln" hat der Linzer Altbischof Maximilian Aichern geäußert. Als österreichischer "Sozialbischof" und als Linzer Bischof habe er immer wieder mit der aus Oberösterreich stammenden Politikerin zusammengearbeitet, die ihren Dienst "fraktionsverbindend und menschenverbunden" geleistet habe.
Besonders hob der Bischof das Engagement Prammers im Sozialbereich, für den Dialog der Religionen und eine Erinnerungskultur abseits jeder Geschichtsvergessenheit hervor. Sie sei an den Diskussionen im Vorfeld des Sozialhirtenbriefs der österreichischen Bischöfe und beim Sozialwort des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich intensiv beteiligt gewesen. Bei vielen Gedenkveranstaltungen sei sie präsent gewesen; Franziska Jägerstätter habe Prammer zu deren 99. Geburtstag in St. Radegund besucht und auch intensiv in der Gedenkarbeit mit dem Mauthausenkomitee zusammengearbeitet.
"Verbündete und Fürsprecherin"
Die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Barbara Haas, betonte gegenüber "Kathpress", die kfb verliere mit Prammer eine "Verbündete und Fürsprecherin". Nach der Wahl von Haas an die Spitze der zahlenstärksten Frauenorganisation in Österreich im Frühjahr 2012 habe Prammer von sich aus Kontakt gesucht und das gemeinsame Anliegen, Frauen Rechte und Gestaltungsmöglichkeiten in der Gesellschaft zu sichern, in mehreren gemeinsamen Projekten verfolgt. Sie betrachte es als Privileg, "so einer beeindruckenden Frau begegnet zu sein" und sei tief betroffen über ihren so frühen Tod, sagte Haas.
Die kfbö-Vorsitzende erinnerte daran, dass Barbara Prammer - schon sichtlich von ihrer Krebserkrankung gezeichnet - im heurigen Frühjahr Gastgeberin beim Benefizsuppenessen im Rahmen der "Aktion Familienfasttag" in Parlamentsräumlichkeiten war. Trotz zahlreicher anderer Verpflichtungen habe Prammer auch sofort zugesagt, die Kampagne zum Familienfasttag durch ihr Auftreten in einem kfb-Werbespot zu unterstützen. Im vergangenen Sommer sei die Nationalratspräsidentin eigens zu einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Sommertagung der Frauenbewegung in die Steiermark angereist.
Obwohl kirchendistanziert, habe Prammer den Einsatz der Katholischen Frauenbewegung für Frauenrechte - auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit - geschätzt und gefördert, berichtete Haas. Beide Barbaras hätten trotz unterschiedlicher Herkunft und verschiedenem Werdegang "viele Berührungspunkte" gehabt. Prammer habe sich dadurch ausgezeichnet, jenseits ideologischer Scheuklappen eine sehr interessierte, offene und authentische Persönlichkeit zu sein; ihre Verdienste um eine sachliche, engagierte und zugleich versöhnliche Politik zeigt sich für Haas nun auch in der großen Betroffenheit über Parteigrenzen hinaus.
Alle Frauen in Österreich würden noch lange von Prammers Einsatz zehren können, meinte Haas. Für sie bleibe die Verstorbene ein Vorbild und "Ermutigung, in diese Richtung weiterzugehen". Sie wolle bei einem Wienbesuch in dieser Woche die Gelegenheit wahrnehmen, sich von der in der Säulenhalle des Parlaments aufgebahrten Politikerin persönlich zu verabschieden.
"Immer ein offenes Ohr"
Bereits am Sonntag hatten u.a. Caritas-Präsident Michael Landau und der Linzer Bischof Ludwig Schwarz in ersten Reaktionen die Verstorbene gewürdigt. So unterstrich etwa Landau, mit Prammer verliere Österreich eine wichtige Stimme für Menschlichkeit und Toleranz. Prammer habe "immer ein offenes Ohr" gehabt und war auch für die Caritas "eine wichtige Unterstützerin bei sozialen Anliegen und in Fragen der Gerechtigkeit", so Landau. Österreich verliere nun "eine starke Frau, die sich immer für den gelebten Parlamentarismus eingesetzt hat".
Der Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz betonte die produktive Zusammenarbeit mit Prammer: Als Vertreter der Bischofskonferenz habe er mit ihr in den letzten Jahren oft im Parlament beim Hilfsfonds für Geschädigte des Nationalsozialismus und auch bei besonderen parlamentarischen Sitzungen, zum Beispiel als Vertreter der "Allianz für den Freien Sonntag", zusammengearbeitet. Dabei habe er die kompetente Zusammenarbeit und die "herzlichen und offenen Begegnungen" mit Prammer stets geschätzt, so Schwarz, der auf Österreich-Ebene Referatsbischof für Gerechtigkeit und Frieden (Iustitita et Pax) ist.