"Von der Synode sind keine Wunder zu erwarten"
Die außerordentliche Synode zum Thema Ehe und Familie lässt nationale wie internationale Medien über die Ergebnisse der Bischofsberatungen im Vatikan spekulieren. "Zu welchen Ergebnissen die Römische Bischofssynode zum Thema Familie kommen wird, weiß derzeit selbst Papst Franziskus nicht", heißt es etwa in der "Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Denn mit der Enttabuisierung des Dialogs über Sexualität, Ehe und Familie hat er Wind gesät, der zum Sturm werden könnte." Nie zuvor habe es in der katholischen Welt einen so offenen Prozess gegeben, "und nie zuvor ist ein Papst ein solches Risiko eingegangen".
Die "Neue Zürcher Zeitung" betonte zum Auftakt, dass es in der Synodenaula "nicht um Entscheide, sondern um eine Bestandsaufnahme" gehe. Ob der Papst, der bisher viele Hoffnungen bei reformwilligen Katholiken geweckt habe, selbst für konkrete Weiterentwicklungen beim Thema Ehe und Familie stehe, lasse sich anhand seiner bisherigen Aussagen nur schwer feststellen, so die Analyse in der Schweizer Tageszeitung: "Worum es ihm zweifellos geht, ist ein bestimmter Perspektivenwechsel: weg von einer moralischen Verbotspraxis, hin zu einer Kirche, die Barmherzigkeit zeigt."
"Keine Wunder zu erwarten"
In Österreich warnte Josef Bruckmoser von den "Salzburger Nachrichten" vor zu großen Erwartungen. "Der Karren ist so verfahren, dass von der Synode keine Wunder zu erwarten sind", schrieb er in seiner Kolumne "Zeitzeichen" am 7. Oktober. Das Wissen um die katholische Lehre über die Familie sei "im Volk Gottes eher spärlich", zitierte Bruckmoser aus dem Arbeitspapier zur Synode, um festzuhalten: "Umgekehrt wird man ergänzen dürfen, auch das Wissen der Kirchenleitung über tatsächliche Lebensverhältnisse ist eher spärlich."
"Es wäre schon viel", so der SN-Redakteur, könnten sich die in Rom versammelten Bischöfe "prinzipiell zu der positiven Erfahrung durchringen, dass Partnerschaft und Familie nach wie vor zu den größten Wünschen der jungen Leute gehören. Sie erwarten dafür aber Zuspruch und Ermutigung anstatt Verbote und Ausschluss, wenn es doch nicht wunschgemäß läuft."
Eine "Nagelprobe in weißer Robe" sah wiederum "Standard"-Journalist Markus Rohrhofer in einem zum Auftakt der Synode am 4. Oktober erschienenen Kommentar. Da sich die Reformgegner im Kardinalskollegium bereits unmittelbar vor dem Synodenstart in Opposition begeben hätten, sei die Familiensynode "streng genommen bereits im Vorfeld gescheitert", meinte Rohrhofer.
Am Stuhl Petri sitze jedoch ein "gewiefter Taktiker", der die Bischöfe etwa durch eine "weltweite Befragung des Kirchenvolkes" dazu "genötigt" hat, "über heikle Themen erwartbar heftig zu diskutieren." Vielleicht, so Rohrhofer, "liegt der Schlüssel zum Erfolg heute nicht mehr nur im großen Miteinander".
Ehe-Ideal "kein Instrument der Repression"
Auf die hohen und zugleich heterogenen Erwartungen an die Bischofsversammlung verwies auch "Furche"-Chefredakteur Rudolf Mitlöhner in seinem Leitartikel am 9. Oktober. Unter dem Titel "Ehe, Familie und Wahrheit" zeigte er unter anderem auf, dass sich hinter einzelnen bei der Synode häufig verwendeten Begriffen wie "Barmherzigkeit" völlig unterschiedliche Positionen versammeln und warnte vor Missverständnissen und Enttäuschungen.
Mitlöhner selbst hob eine Aussage des Münchner Kardinals Reinhard Marx hervor, der vor Journalisten in Rom betont hatte, die Bischöfe müssten bei ihren Beratungen "den Unterton vermeiden, es habe irgendwann eine ideale Realität von Ehe und Familie gegeben". Für den "Furche"-Chefredakteur ist dies "der entscheidende Punkt, der (nicht nur in dieser Frage) den Konservativen vom Reaktionär trennt. Eine heile Welt hat es nämlich in der Tat nie gegeben. Daher kann es nicht darum gehen, frühere Zustände wiederherzustellen, sondern immer nur darum, dem für Richtig Befundenen, der 'Wahrheit' näher zu kommen."
Die Geschichte von Ehe und Familie sei "nicht kulturpessimistisch als Verfalls-, sondern vielmehr als Entdeckungsgeschichte zu lesen", so Mitlöhner weiter. Gerade im Bereich der Sexualmoral wäre es "die vordringlichste Herausforderung für die Kirche zu vermitteln, dass das, was sie als Ideal hochhält, kein Instrument der Repression darstellt, sondern mit dem zu tun hat, was Bibel und Tradition das 'Leben in Fülle' nennen", schrieb er. "Dazu steht nicht im Widerspruch sondern gehört, jenen die Hand zu reichen, die diesem Ideal nicht entsprechen."
Blankliegende Nerven
Einen am Rande der Synode entstandenen Disput kommentierte schließlich Bernhard Baumgartner in der "Wiener Zeitung" vom 9. Oktober. Er griff darin den Fall eines australischen Ehepaars auf, das in der Synodenaula unter anderem seine Sicht zum Umgang mit homosexuellen Partnerschaften dargelegt hatte und es dabei als evangeliumsgemäß bezeichnete, wenn homosexuelle Lebenspartner im Familienumkreis zu großen Familienfeiern eingeladen würden. "Mehr haben sie nicht gebraucht", empörte sich Baumgartner über eine britische Lebens- und Familienschutz-NGO, die das Ehepaar für seine Aussage scharf angegriffen hatte.
"Wie kann man eigentlich auf die Idee kommen, ein zum Zweck des Meinungsaustausches eingeladenes Paar verbal dafür zu ohrfeigen, dass es seine Meinung sagt", fragte der "Wiener Zeitung"-Journalist. Die ganze Sache zeige, so Baumgartner, "wie sehr die Nerven angesichts möglicher zaghafter Änderungsversuche seit Jahren umstrittener Punkte blank liegen müssen, wenn man nicht davor zurückschreckt, einander sozusagen johlend vom kirchlichen Rand aus über die Medien Grobheiten auszurichten".
Quelle: Kathpress-Info-Dienst