Schönborn: Familien begleiten, nicht beurteilen
Kardinal Christoph Schönborn hat am Donnerstag im Vatikan eine Bilanz der Bischofsynode gezogen und betont, dass versucht wurde, die Menschen in ihrer aktuellen Situation "zu begleiten", so wie dies der Papst als Auftrag gegeben habe. "Es gibt ganz wichtige Schlüsselworte des Papstes, um die Arbeit zu verstehen, die wir gemacht haben: Begleiten. Franziskus hat das schon so oft gesagt: Nicht urteilen, sondern die Geschichte der Familie begleiten."
Der Wiener Erzbischof betonte bei der Pressekonferenz, dass diese Herangehensweise keinesfalls als Relativismus missverstanden werden darf: "Der Respekt vor jeder Person heißt nicht Respekt vor allen menschlichen Verhaltensweisen."
Der Kardinal äußerte sich nach Abschluss der viertägigen Arbeit in den zehn "Circuli minores", den Arbeitsgruppen in vier Sprachen. Die Ergebnisse wurden am Donnerstagnachmittag vom Vatikan in einem 30-seitigen Bollettino veröffentlicht.
Schönborn, selbst Leiter einer der beiden französischsprachigen Arbeitsgruppen, zeigte sich "überaus beeindruckt", wie groß das Medieninteresse für diese Außerordentliche Versammlung der Synode war. Er verteidigte die Wichtigkeit einer medialen Darstellung des Themenkomplexes. Es gehe um eine "Erweiterung des Bildes der Familie" und gleichzeitig um das Erkennen ihrer "fundamentalen Rolle", und von daher dann schließlich um die Behandlung der auftretenden "Fragen der Moral".
Nach den Worten des Kardinals wollte der Papst nicht eine Darstellung all dessen, "was in der Familie nicht funktioniert". Was er wollte, sei "vor allem anderen" gewesen, "dass die Schönheit und die vitale Notwendigkeit der Familie" herausgestellt werde: "Deshalb hat er uns eingeladen, ein offenes Ohr für die Realität zu haben."
Befragt über die allfällige Notwendigkeit von Änderungen des von ihm redigierten Weltkatechismus in der Folge dieser Synode sagte Schönborn: "Ich glaube, wir müssen den neuen Herausforderungen mit den gleichen Prinzipien begegnen", wie sie sich schon im Katechismus finden: "Ich sehe keine Notwendigkeit für Änderungen. Aber es gibt Entwicklungen."
Redakationsteam auf elf Köpfe erweitert
Vatikansprecher Federico Lombardi sagte bei der Pressekonferenz, nach derzeitiger Sicht sei es so gut wie ausgeschlossen, dass das Synoden-Schlussdokument noch Samstagabend veröffentlicht werden kann. Der Papst habe zudem zu den bisher neun Redakteuren noch zwei neue - und zwar Bischöfe aus den zwei bisher nicht berücksichtigt gewesenen Kontinenten Afrika und Australien - ernannt. Es handelt sich um Kardinal Wilfrid Fox Napier (Durban/Südafrika) und Erzbischof Denis Hart (Sydney).
Weiters sagte Lombardi, dass die Botschaft (Messaggio) der Synode nicht vom gleichen Redaktionsteam wie das Schlussdokument verfasst wird. Die Botschaft wird Samstagmittag im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt.
Lombardi verlas auch einen Text, demzufolge sich der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, gegen die Behauptung wehrt, er habe den Zwischenbericht der Bischofssynode als "beschämend und komplett falsch" bezeichnet. Lombardi wies einen entsprechenden Medienbericht am Donnerstag im Namen Müllers offiziell als "falsch" zurück.
Am Mittwoch hatte die italienische Tageszeitung "La Repubblica" Müller mit diesen Worten zitiert. Sie sollen angeblich während der Beratungen über den Zwischenbericht in einem der "Circuli minores" gefallen sein.