Das Glück ist im "Einfachen" zu finden
Die Gier darf nicht zur Tugend erhoben werden, der Mensch muss vielmehr das Glück mit all seinen Sinnen im Einfachen finden, hat der deutsche evangelische Theologe und Buchautor Friedrich Schorlemmer bei einer Diskussionsrunde im Wiener Albert Schweitzer Haus betont. Unter dem Titel "Das Geld. Das Glück. Und die Gier" diskutierten Friedrich Schorlemmer und Bischof Michael Bünker über die Hintergründe und "Quellen des Glücks". Die Veranstaltung stand auch im Kontext des evangelischen "Jahres der Bildung".
Friedrich Schorlemmer, der sein neues Buch mit dem Titel "Die Gier und das Glück. Wir zerstören, wonach wir uns sehnen" vorstellte, gehört zu den bekanntesten evangelischen Theologen. In der ehemaligen DDR geboren, engagierte er sich in der Friedensbewegung in der DDR und wurde politisch aktiv. Heute lebt er in der Lutherstadt Wittenberg, wo er bis 2007 als Dozent am Evangelischen Predigerseminar und als Prediger in der Schlosskirche tätig war. In seinen zahlreichen Büchern fordert er die evangelische Kirche immer wieder auf sich einzumischen, wo Friedlosigkeit, Ungerechtigkeit, Not oder Verzweiflung herrschen. 1995 wurde er für sein Engagement mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
Gier und Glück gehören für Schorlemann untrennbar zusammen. "Die Gier nach Glücksmomenten ist eine zutiefst menschliche Eigenschaft, gleichzeitig muss man sich fragen, was denn tatsächliches Glück darstellt." Für ihn sei dies weniger der Besitz von möglichst vielen Dingen, sondern momentane Zufriedenheit und Wertschätzung gegenüber der Umwelt und den Mitmenschen. Deswegen sei geteiltes Glück auch um ein Vielfaches wertvoller als solches, das man sich alleine beschert.
Einsatz für die Armen
Glück könne nicht mit einem Preisschild versehen werden, wie es die Werbung suggeriere. Arme Menschen sähen sogar oftmals viel glücklicher aus als diejenigen, die alles haben. Das bedeute aber nicht, dass die zunehmende Ungleichheit zwischen Arm und Reich keine Sorgen bereiten solle. "Gerade die Kirchen müssen immer auf der Seite derer stehen, die nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen können, und nicht auf Seiten derer, die nicht wissen, wohin mit dem Geld", so Schorlemmer.
Glück könne es nicht genug geben, sehr wohl aber zu viel Besitz, so Bischof Michael Bünker. "Die Frage nach dem rechten Maß ist zentral", so der Bischof der Evangelisch-lutherischen Kirche. In dem Überfluss, in dem wir leben, genießen zu können und im richtigen Moment auch aufzuhören, sei eine schwierige Übung.
"Wenn die Menschen besser aufhören könnten, wäre das das Beste, was der Welt passieren würde", so Bünker: "Damit würden wir auch Gottes Schöpfung einen großen Gefallen tun." Wenn man alles um Geld kaufen könne, dann "wird auch der Mensch zur Ware".
Jahr der Bildung
Bünker nutzt das laufende evangelische "Jahr der Bildung", um auf soziale Probleme hinzuweisen. "Österreich steht besonders dort schlecht da, wo es um Bildungschancen von Kindern aus sozial schwachen Familien, aus Familien mit Migrationshintergrund oder beispielsweise um Kinder von Alleinerziehenden geht", hier gebe es dringend Handlungsbedarf, so Bünker bei der Pressekonferenz anlässlich des "Jahres der Bildung" am Donnerstag. Ziel der Reformation sei es schließlich gewesen, nicht nur die Kirche, sondern auch die Gesellschaft nachhaltig zu verändern.
Religion könne glücklich machen, waren sich Bünker und Schorlemmer einig. Sie biete Räume der Selbstbesinnung in denen sich der Mensch innerlich befreien und seinen eigenen Frieden finden kann. "Wer friedlich ist, behandelt auch die anderen friedlich, so kann Glück entstehen", so Friedrich Schorlemmer.
Quelle: kathpress