500.000 Katholiken mit Migrationshintergrund
Rund 500.000 Katholiken mit Migrationshintergrund leben in Österreich. Zehntausende davon sind erst in den vergangenen Jahren zugezogen. Die katholische Kirche bietet diesen Menschen Seelsorge in rund 30 Sprachen an. Das hat Laszlo Vencser, Nationaldirektor der katholischen fremdsprachigen Seelsorge in Österreich, am Mittwoch im Rahmen eines Pressegesprächs in Wien bekanntgegeben. Etwa zwei Drittel der Migranten, von denen viele inzwischen bereits österreichische Staatsbürger sind, leben in Wien und Umgebung, ein Drittel teilt sich auf die anderen Bundesländer auf. Im Durchschnitt stammen zwei von drei Katholiken mit Migrationshintergrund aus europäischen Ländern.
Als Chance und Herausforderung zugleich bezeichnete der Wiener Weihbischof Franz Scharl die zahlreichen katholischen Migranten aus allen Teilen der Welt. Sie würden die große Vielfalt der weltumspannenden katholischen Kirche deutlich machen. Die Ortskirche müsse sich darauf einstellen, betonte Scharl, der als Bischofsvikar auch für die anderssprachigen Katholiken in der Erzdiözese Wien zuständig ist.
Wie Scharl und Vencser erläuterten, bemühe sich die fremdsprachige Seelsorge einerseits darum, den Migranten in deren Muttersprache eine neue kirchliche Heimat anzubieten. Zugleich müssten diese Gemeinden aber auch in die heimische Kirche integriert werden. 80 Priester und viele weitere haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter seien um die Seelsorge an den Migranten bemüht.
Vencser und Scharl äußerten sich anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Nationaldirektion der katholischen fremdsprachigen Seelsorge in Österreich. 1975 hatte die Österreichische Bischofskonferenz den ersten Nationaldirektor ernannt. Die Nationaldirektion koordiniert die Seelsorge in den vielen Gemeinden und organisiert auch jedes Jahr am letzten Sonntag im September den "Sonntag der Völker". Dabei feiern die fremdsprachigen Gemeinden und Einheimische gemeinsam Gottesdienst. Anschließend findet ein Fest der Völker mit kulturellem Programm und kulinarischen Angeboten statt.
Im Unterschied zu vielen kirchlichen Gemeinden aus dem europäischen Raum, die teilweise schon auf die Monarchie zurückgehen, stelle die Zuwanderung aus Afrika, Asien und Lateinamerika ein vergleichsweise junges Phänomen dar, berichtete Alexander Kraljic, Generalsekretär der "Arbeitsgemeinschaft der Gemeinden aus Afrika und Asien", zu der aber auch die lateinamerikanischen Gemeinden gehören. Ziel der ARGE, die in Wien ihren Sitz hat, sei es, Menschen mit anderer Muttersprache die Möglichkeit zu geben, ihren Glauben in den eigenen Traditionen, Sprachen und Riten zu praktizieren. Neben der Suche nach geeigneten Gottesdienststätten und Priestern gehe es vor allem darum, Menschen aus anderen Kulturen zu helfen, ihre Wurzeln zu bewahren und ihnen zugleich in der Kirche von Wien eine religiöse Heimat zu bieten, sagte Kraljic.
Wie notwendig dies ist, verdeutlichten im Rahmen des Pressegesprächs eine Vertreterin der koreanischen katholischen Gemeinde und ein Vertreter der Chaldäischen Gemeinde. Bomi Kim kam als junge Musikstudentin aus Korea nach Wien. Inzwischen ist sie hier längstens integriert und leitet den Chor der Wiener Sängerknaben. Die Koreanische Gemeinde, die sich jeden Sonntag um 15 Uhr in der Pfarre Inzersdorf-Neustift zum Gottesdienst trifft, biete ihr aber zusätzlich kulturelle und menschliche Heimat und gebe ihr Kraft. Vor allem in der ersten Zeit in Österreich würden sich die Gemeindemitglieder auch gegenseitig bei der Integration helfen, so Kim.
Wail Yousif kam vor 23 Jahren als Flüchtling aus dem Irak nach Österreich. In der Chaldäischen Gemeinde fühlte er sich gut aufgehoben und in Sicherheit und konnte so ein neues Leben in Österreich beginnen. Dem Diplomingenieur ist es wichtig, auch seinen Kindern die aramäische Sprache weiterzugeben und den alten aramäischen Ritus im Gottesdienst zu pflegen. Freilich besuche er immer wieder auch einen römisch-katholischen Gottesdienst, sagte Yousif.
"Einheit in Vielfalt"
Aus Anlass des 40-Jahr-Jubiläums hat die Nationaldirektion ein Buch herausgegeben, das einen Überblick über die Vielfalt der katholischen Kirche in Österreich bietet. Für die europäischen Gemeinden gibt es die Albanische, Englischsprachige, Französischsprachige, Italienische, Kroatische und Polnische Seelsorge sowie die Roma- und Sinti-Seelsorge und die Slowakische, Slowenische, Spanischsprachige, Tschechische und Ungarische Seelsorge. Weiters existieren die Rumänische Griechisch-Katholische und Ukrainische Griechisch-Katholische Seelsorge.
Für die afrikanischen Gemeinden wird eine Englischsprachige, Französischsprachige und Swahilisprachige Seelsorge angeboten. Die Asiatischen Gemeinden bestehen aus der Chinesischen, Indischen, Indonesischen, Japanischen, Koreanischen, Philippinischen und Vietnamesischen Seelsorge. Für die Lateinamerikanischen Gemeinden gibt es eine Portugiesischsprachige und Spanischsprachige Seelsorge.
Katholiken aus dem Nahen und Mittleren Osten stehen die Armenisch-katholische Seelsorge, die Chaldäische, Maronitische, Melkitische, Persisch-afghanische Seelsorge sowie die Seelsorge in türkischer und persischer Sprache zur Verfügung.
Laszlo Vencser, Franz Scharl (Hg.): Einheit in Vielfalt. 40 Jahre Nationaldirektion der katholischen fremdsprachigen Seelsorge in Österreich. Linz, 2015.