"Täglich mehr" Flüchtlinge in kirchlichen Gebäuden
"Wenn Nöte auf unser Land zukamen, hat immer noch die Nächstenliebe die Oberhand behalten": Mit Optimismus hat Kardinal Christoph Schönborn am Freitag in seiner wöchentlichen Kolumne in der Gratiszeitung "Heute" die kontinuierlich starken Flüchtlingsströme auch nach Österreich kommentiert. Mit der Zahl der Flüchtlinge, die wegen zunehmender Krisenherde ihr Land verlassen, wachse zwar auch die Sorge in der Bevölkerung: "Wo führt das hin?" Umso erfreulicher sei es, dass hierzulande auch die Solidarität wächst. Schönborn verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Hilfe seitens der Kirche: Bisher seien 4.000 Flüchtlinge in kirchlichen Gebäuden untergebracht. "Täglich werden es mehr."
Besonderes Augenmerk gelte kirchlicherseits minderjährigen Flüchtlinge, "deren Schicksale oft besonders schwer sind". Der Wiener Erzbischof erwähnte hier das Kloster St. Gabriel in Maria Enzersdorf, wo 43 minderjährige und weitere mehr als 100 erwachsene Flüchtlinge aufgenommen wurden. Eine ähnliche Einrichtung entstehe im ehemaligen Servitenkloster im 9. Wiener Bezirk, wo im Vorjahr die Votivkirchenflüchtlinge untergebracht waren.
Der Kardinal äußerte Freude über viele Beispiele von Hilfsbereitschaft, von denen er täglich höre und lese: So hätten sich in Bruck/Leitha Bürgermeister, Rotes Kreuz und Pfarre zusammengetan, um Quartiere zur Verfügung zu stellen; in Horn seien im ehemaligen Stephansheim die ersten von 100 Flüchtlingen aufgenommen worden, um die sich 120 Menschen im Rahmen der Aktion "Willkommen Mensch" ehrenamtlich kümmern. Der Verein "Klosterneuburg hilft" habe bereits 500 Unterstützer, die sich um 250 Flüchtlinge kümmern, denen das Stift Klosterneuburg die Magdeburgkaserne zur Verfügung stellte. "Ohne die vielen freiwilligen Helfer wären die öffentlichen Stellen alleine überfordert", lobte Schönborn.
Viele kleinere Quartiere in Wohnungen, Pfarren und Heimen, die angeboten werden, zeigen laut dem Kardinal: "Es fehlt nicht an bestehendem Wohnraum." Dazu kämen viele erfreuliche Zeichen der Solidarität wie Deutsch lernen, Freizeitangebote, Beschäftigungsmöglichkeiten, Hilfen für den Alltag von Menschen, die alles verloren haben. Schönborn: "Gott sei Dank fehlt es nicht an helfenden Händen und Herzen."
Arbeit der Flüchtlingskoordinatoren greift
Auf die bereits "sehr erfolgreichen" Bemühungen der in allen österreichischen Diözesen eingesetzten Flüchtlingskoordinatoren hat der Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, hingewiesen. In der Diözese Eisenstadt etwa werde durch die Öffnung von Pfarrhöfen die bisherige Zahl von kirchlich untergebrachten Asylwerbern bis Ende des Jahres vervierfacht. Das obersteirische Stift Admont stelle 70 Flüchtlingen ein vom Land erworbenes und adaptiertes Schulheim als Quartier zur Verfügung. Im Missionshaus St. Gabriel sei er - so Schipka am Donnerstag gegenüber "radio klassik Stephansdom" - auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge getroffen, die voll Hoffnung seien, dass in Österreich ein Leben in Sicherheit und mit Zukunftsperspektive vor ihnen liegt.
Hinsichtlich der Größe der Quartiere gibt es nach den Worten des Generalsekretärs unterschiedliche Meinungen: Kleine Unterkünfte erforderten eine aufwendigere und somit teurere Betreuung, seien aber im Hinblick auf eine Integration später anerkannter Asylwerber vorteilhafter.
Die Diözesankoordinatoren seien beauftragt, mögliche Quartiergeber wie Pfarren oder Ordensgemeinschaften anzusprechen, teilte Schipka mit. Ihnen obliege es auch, das Thema Flüchtlinge innerhalb ihrer Diözese aktuell zu halten und gegebenenfalls auch in Dialog mit politischen Entscheidungsträgern zu treten. Dies sei z.B. gegenüber Bürgermeistern erforderlich, wenn es um die Bereitstellung von Flächen geht, auf denen Wohneinheiten durch Container geschaffen werden könnten.
"Tagtäglich Knochenarbeit für Menschlichkeit"
Die Diözese Eisenstadt präzisierte am Freitag ihre bereits am Mittwoch bekanntgegebenen Pläne, Flüchtlingen bis zum Jahresende 200 neue Plätze in kirchlichen Häusern zur Verfügung zu stellen. Mit den bestehenden Tagsätzen von 18,50 Euro sei eine "adäquate und menschenwürdige Unterbringung und Betreuung" zwar kaum möglich, die Kirche - und speziell die Caritas - leiste aber "tagtäglich Knochenarbeit für die Menschlichkeit", heißt es in einer Aussendung der Diözese. Bischof Ägidius Zsifkovics liege die Flüchtlingshilfe "besonders am Herzen". Auf seine Initiative hin sei für die Adaptierung möglicher Quartiere ein Sonderbudget bereitgestellt worden.
Auf einem kirchlichen Krisengipfel habe der Bischof mit burgenländischen Pfarren die inzwischen umgesetzte Vereinbarung getroffen, dass in geeigneten Pfarrhöfen Platz für syrische Kriegsflüchtlinge geschaffen werden. Die Aufnahmekapazität liege zwischen fünf und acht Personen; in enger Kooperation zwischen Diözese, Pfarren und Caritas soll eine qualitätsvolle Betreuung sichergestellt werden. "Die Diözese wartet nur mehr auf die Zuweisung dieser Menschen durch das Innenministerium."
Für Männer, Frauen und Kinder, die dem Bürgerkrieg in Syrien entfliehen und dabei ihr Leben riskieren, seien Zeltstädte in Österreich und auch in Eisenstadt "keine Option, sondern ein Armutszeugnis für die handelnden Politiker", kritisierte die Diözese. Der Umgang mit Schutz suchenden, teils schwer traumatisierten Menschen erfordere von den Verantwortlichen in Bund und Ländern "Besonnenheit und Sachlichkeit".