Kritik an "Ideenwettbewerben der Grausamkeit"
Diakoniedirektor Michael Chalupka warnt vor weitreichenden Folgen im Zusammenhang mit der laufenden politischen Debatte über mögliche Einschränkungen der Sozialleistungen für Flüchtlinge in Österreich. In einem Gastkommentar für den "Standard" forderte er am Dienstag ein Ende des diesbezüglichen "Ideenwettbewerbs der Grausamkeiten". Dieser werde Auswirkungen haben - jedoch nicht auf die Zahl der Flüchtenden, die nach Österreich kommen, sondern auf den sozialen Zusammenhalt im Land, so Chalupka. Auch heimische Arbeitslose und Bezieher von Notstandshilfe oder Mindestsicherung seien betroffen.
Unterschiedliche Akteure hatten zuletzt u.a. die Verzögerung der Asylverfahren, einen Stopp bei Familienzusammenführungen, die Absenkung der Standards für Asylquartiere oder Änderungen bei der Mindestsicherung vorgeschlagen. Gehe dieser "Ideenwettbewerb der Grausamkeiten" weiter, "sind wir auf dem besten Weg, unattraktiv zu werden. Allerdings nicht für die Kriegsflüchtlinge, die nur eines suchen: Frieden und keine Gewalt, sondern für viele Österreicherinnen und Österreich, die an ein Land geglaubt haben, das auf sozialem Zusammenhalt und Menschenrechten gebaut ist und aus einer Geschichte gelernt hat, die zeigt, wohin es führt, Menschen aufzuhetzen und Schwache gegeneinander auszuspielen", schrieb der Direktor des evangelischen Hilfswerks.
Ein Land, das auf seine gute Verwaltung und die Hilfsbereitschaft stolz war, sehe sich heute einer Regierung gegenüber, deren Ratlosigkeit man "förmlich riechen" könne sowie Landeshauptleuten und Bürgermeistern, "die immer neue Gründe finden, warum gerade bei ihnen niemand untergebracht werden kann". Allein die Diakonie habe wegen dieser "Verhinderungstaktik" in den vergangenen Wochen 400 Plätze in Quartieren, deren Eröffnung bereits auf Schiene gewesen sei, doch nicht schaffen können, betonte Chalupka.
"Ein Land, das stolz auf seinen sozialen Zusammenhalt war, diskutiert angesichts des Elends in Traiskirchen über die vorgeblichen Privilegien derer, die gerade unter die Räder zu geraten drohen, Arbeitsloser und Mindestsicherungsbezieher, die mit Lebensmittelkarten weiter stigmatisiert werden sollen." Dass zugleich gegen österreichische Bezieherinnen der Mindestsicherung und der Notstandshilfe gehetzt werde, liege auf der Hand, so Chalupka. "Der Sozialstaat ist das Ziel. Österreich soll unattraktiv werden, nicht nur für Flüchtlinge."