"Homeless World Cup" ist "Leuchtturmprojekt"
Kurz vor dem Anpfiff zum EM-Qualifikationsspiel Österreich gegen Moldawien im Wiener Ernst-Happel-Stadion wird am Samstag das österreichische "Homeless-World-Cup"-Nationalteam zur WM nach Amsterdam verabschiedet. Was David Alaba oder Marc Janko noch nicht gelang - nämlich Österreichs Fahnen bei einem WM-Turnier zu vertreten -, werden acht Obdachlose, Flüchtlinge und ehemals Alkohol- oder Drogenabhängige bei dem zum 13. Mal ausgetragenen WM-Turnier von 12. bis 19. September tun. Sie zeigen damit, wie Caritas-Präsident Michael Landau am Freitag bei der Präsentation des Teams erklärte:
Jeder Mensch verdient es, eine neue Chance zu bekommen. Jeder will zeigen, dass er mehr ist als die Kiste, in die seine Defizite gepackt werden, die Lade, in die man Menschen allzu oft steckt.
Der "Homeless World Cup" sei seit seiner Gründung im Kontext des Europäischen Kulturhauptstadt-Jahres 2003 in Graz ein "Leuchtturmprojekt", so Landau. Die in Österreich von der steirischen Caritas koordinierte soziale Straßenfußball-WM sei längst eine international anerkannte Institution geworden, an der heuer in den Niederlanden Mannschaften aus mehr als 50 Nationen teilnehmen und neben sportlichem Erfolg auch Selbstbewusstsein und Zusammengehörigkeitsgefühl erleben und so leichter den Weg aus Armut und sozialer Ausgrenzung schaffen können.
Bei der Vorstellung des Teams waren auch ÖFB-Chef Leo Windtner, der Ex-Profifußballer Gilbert Prilasnig als ehrenamtlich tätiger Team-Chef sowie Vertreter der langjährigen Sponsoren "Gaulhofer" und "Coca Cola" anwesend. Als Moderator fungierte der "Geburtshelfer" der ersten Auflage der Obdachlosen-WM in Graz, Harald Schmied von der steirischen Caritas, Schauplatz war das "magdas"-Hotel der Wiener Caritas, wo auch Flüchtlinge für das Wohl der Gäste sorgen.
Der Caritas sei es ein Anliegen, dass Menschen am Rand der Gesellschaft wieder in deren Mitte rücken, von Außenseitern zu "Innenseitern" werden", sagte Michael Landau. Der "Homeless World Cup" sei ein starker Impuls dazu, denn "Fußball eint die Menschen". Mehr als 5.000 Spieler mit problematischen Lebensumständen nahmen an den bisherigen zwölf Turnieren teil, in Österreich waren es laut dem Caritas-Chef etwa 100 aus mehr als 30 sozialen Einrichtungen wie dem "Grünen Kreis", der Suchtberatung Klagenfurt oder der Caritas-Straßenzeitung "Megaphon". Zwei Drittel von ihnen hätten "ihr Leben danach signifikant verbessern" können. Landaus Fazit: "Der 'Homeless World Cup' ist ein Volltreffer für Menschen am Rand der Gesellschaft."
Auch Stars waren einmal Flüchtlinge
ÖFB-Präsident Windtner stellte eine Verbindung zur derzeitigen Flüchtlingsmisere her: Der "Homeless World Cup" sei ein umso wichtigeres Signal, wenn wie derzeit Heimatvertriebene quer durch Europa geschleust würden, hierzulande in Zelten oder im Freien schlafen müssten. Windtner wies darauf hin, dass auch in Österreichs Nationalteam mehrere Stars wie David Alaba oder Zlatko Junuzovic - der aus einer Flüchtlingsfamilie stammt - Migrationshintergrund hätten und durch den Sport zu "Galionsfiguren" geworden seien. Den "Homeless World Cup" nannte Windtner ein Vorzeigeprojekt, "das eindrucksvoll zeigt, in welchen Bereichen des Lebens der Fußball eine Perspektive öffnen und positive Veränderungsprozesse einleiten kann".
Teamchef Prilasnig, der die acht Spieler in Sichtungstrainings auswählte und seither in mehreren Trainingscamps auf das Turnier in Amsterdam vorbereitete, zeigte sich beeindruckt vom hohen sportlichen Niveau der Mitspielenden. Freilich stünden beim "Homeless World Cup" soziale Aspekte gegenüber sportlichen im Vordergrund. Prilasnig ist seit 2004 Teamchef - und damit der längstdienende in Österreichs Fußballgeschichte, wie Moderator Schmied anmerkte -, Österreichs bisher einziger "Homeless-WM"-Titel sei 2003 errungen worden; er wolle somit so lange bleiben, bis das österreichische Team diesen Erfolg wiederholen kann, wie der frühere Nationalspieler schmunzelnd anmerkte. Beim Turnier 2014 belegte das österreichische Team unter 48 teilnehmenden Mannschaften Platz 23, Sieger wurde das Gastgeberland Chile.
Das Streetsoccer-Team wird jedes Jahr neu zusammengestellt. Durch diese spezifische "Homeless World Cup"-Regel sollen immer wieder neue Spieler wertvolle Erfahrungen bei der WM machen, um diese danach auf ihrem weiteren Lebensweg entscheidend nützen zu können. Auch auf UEFA-Ebene wird die soziale Straßenfußball-WM geschätzt und wurde 2005 mit dem Charity Award ausgezeichnet.
(Informationen: www.homelessworldcup.at)