Stichwort: Konzilsdekret "Inter mirifica"
Das Konzilsdekret "Inter mirifica" zum Verhältnis Kirche und Medien wird 50. In dem am 4. Dezember 1963 verabschiedeten Konzildokument hatte die Kirche eine grundsätzlich positive Haltung zu den "sozialen Kommunikationsmitteln" eingenommen. Dennoch blieb das Dokument insgesamt hinter dem Konzil zurück, was schon während seiner Erarbeitung von zahlreichen Konzilsvätern kritisiert wurde. Schließlich wurde es dennoch mit 1.960 Ja- gegen 164 Nein-Stimmen angenommen. Das Papier leitete eine vorsichtige Öffnung gegenüber den Mechanismen der aufkeimenden Mediengesellschaft ein. Es war das zweite Dokument, nach der Konstitution über die Liturgiereform, das die Konzilsväter verabschiedeten und setze den Schlusspunkt unter die zweite Sitzungsperiode des Konzils.
War die Liturgiekonstitution eine gelungenes Beispiel für den Modus der Vorbereitung, Bearbeitung und Beschlussfassung eines Konzilsdokuments, so gilt das Mediendokument eher als Negativexempel. Grund dafür war ein Punkt in der Geschäftsordnung des Konzils, der keine wesentlichen Änderungen eines Dokuments mehr zuließ, wenn es einmal als Diskussionsgrundlage angenommen war. Dies geschah beim geplanten Mediendekret bereits am 27. November 1962 mit 2.138 Ja-Stimmen. Im Laufe der Beratungen erkannten die Konzilsväter aber immer mehr die Schwächen des Dokuments, so dass bei der vorletzten Abstimmung darüber am 24. November 1963 - also nur wenige Tage vor seiner Schlussabstimmung - nur mehr 1.598 dafür votierten. Demgegenüber gab es 503 Gegenstimmen und heftige Kontroversen, die in einer Flugblattaktion in der Konzilsaula gipfelten.
Nichtsdestotrotz ist "Inter mirifica" von einer positiven Grundhaltung gegenüber der Medienwelt getragen. So heißt es gleich einleitend: "Unter den erstaunlichen Erfindungen der Technik, die die menschliche Geisteskraft in unserer Zeit mit Gottes Hilfe aus der Schöpfung entwickelt hat, richtet sich die besondere Aufmerksamkeit der Kirche auf jene, die neue Wege erschlossen haben, um leicht Nachrichten jeder Art, Gedanken und Weisungen mitzuteilen."
"Gute" und "schlechte" Presse
Das Dokument zielte neben Gewissensbildung der Medienschaffenden vor allem auf Koordinierung im kirchlichen oder kirchennahen Medienbereich. Nach Meinung von Fachleuten gelang dies jedoch nicht. Schuld daran war der Mangel an Einheitlichkeit und gemeinsamen Strukturen in der Medienarbeit, aber auch eine Fehleinschätzung über die Eigengesetzlichkeit der Medien. Wenn etwa das Dokument "alle Glieder der Kirche" dazu aufruft, die "publizistischen Mittel in den vielfältigen Arbeiten des Apostolats orts- und zeitgerecht zu benutzen", dann zielt es in erster Linie auf eine Nutzung der Medien als große PR-Maschine im eigenen Interesse.
In diesem Kontext muss auch die viel gescholtene Unterscheidung des Dokuments zwischen "guter" und "schlechter" Presse gesehen werden. So fordert "Inter mirifica" den Aufbau einer eigenen katholischen Presse, "um öffentliche Meinungen zu bilden, zu festigen und zu fördern, die mit dem Naturrecht und den katholischen Lehren und Grundsätzen übereinstimmen". Die Betonung echter Wertschätzung der Presse- und Meinungsfreiheit durch die kirchlich Verantwortlichen und die Bejahung einer kritischen Begleitung von Welt und Kirche durch qualitativen Journalismus ist in "Inter Mirifica" erst zaghaft ausgeprägt.
Folgen von "Inter mirifica"
Bis heute wegweisend blieb demgegenüber das nachkonziliare Dokument "Communio et Progressio" (1971), das u.a. die Unterscheidung von "guter" und "schlechter" Presse nicht mehr kennt und den Unterschied zwischen medialer und kirchlicher Sprachform deutlich benennt. Es folgten die kirchlichen Lehrschreiben "Aetatis Novae" (1992) und "Die schnelle Entwicklung" (2005), wo Johannes Pauls II. in seinem letzten Apostolischen Brief auf die Herausforderungen des Internetzeitalters eingeht.
Als direkte Konsequenz von "Inter mirifica" wurde auf weltkirchlicher Ebene die Päpstliche Medienkommission - der heutige Medienrat - gegründet. Der Rat wird seit 2007 von Erzbischof Claudio Maria Celli geleitet; Österreich ist derzeit durch "Kathpress"-Chefredakteur Paul Wuthe vertreten.
Noch während des Konzils wurde in Umsetzung von "Inter mirifica" auch in Österreich die kirchliche Medienarbeit neu strukturiert. Motor für das neu geschaffene Katholische Zentrum für Massenkommunikation mit Sitz in Wien war dabei der Eisenstädter Bischofs Stephan Laszlo.
Als Sekretär der Kommission, die das Medien-Dekret während es Konzils erarbeitete, fungierte der legendäre polnische Kardinal Andrzej Deskur (1924-2011), ein Freund von Johannes Paul II. Der Kommission gehörte aus Österreich Bischof Laszlo an. Deskur, aus altem polnischen Adel stammend, war seit 1952 im Vatikanischen Staatssekretariat tätig. Der umtriebige Kardinal war auch der Erfinder des kirchlichen Welttags der Medien, der jeweils am Sonntag vor Pfingsten begangen wird.