Nachfrage nach Stille wächst
Immer mehr Menschen nehmen Angebote für bewusste Stille mit spiritueller Begleitung wahr: Das hat der Jesuitenpater Josef Maureder im Interview mit "Kathpress" dargelegt. "Der Hunger nach Stille ist groß, und zwar bei allen Altersstufen. Wer zu uns kommt, will zur Ruhe kommen, endlich mal Auszeit machen und bei Bedarf eine Begleitung in der Nähe haben, besonders wenn es um Lebensentscheidungen oder Klärung von Beziehungsfragen geht. Viele machen auch regelmäßig Wüstentage, um in der Gottesbeziehung zu wachsen", erklärt der geistliche Leiter des Angebotes "Stille in Wien", das am Donnerstag in Wien-Lainz neue Räumlichkeiten eröffnete.
Bereits seit Jahrzehnten laden die Jesuiten im Wiener "Kardinal König Haus" zu Stille und Exerzitien ein. 2009 wurde neben den laufenden Exerzitienkursen und Lehrgängen mit dem Bereich "Stille in Wien" begonnen, der diesen Sommer erweitert und mit zeitgemäßen neuen Räumlichkeiten ausgestaltet wurde. Über alte Steintreppen im Exerzitientrakt des Bildungshauses gelangt man nun ins Dachgeschoß, wo eine dicke Glastüre den Bereich zu "Stille in Wien" räumlich und auch akustisch abtrennt. Zentrales Element in einem lichten, großen Meditationsraum ist eine in warmen Farben auf Holz gemalte Christusikone, daneben gibt es einen Gruppenraum, einen einladenden Speiseraum und drei Gesprächszimmer.
Der Tag hat für die Stillesuchenden nur wenige Fixpunkte: Die Morgengottesdienst mit der Jesuiten-Gemeinschaft um 7.15 Uhr, sowie gemeinsamen Essenszeiten. Der Vormittag und Nachmittag bietet ausreichend Zeit für geistliche Gebetsübungen und Begleitung, die von einem geschulten Team angeboten wird: Die Theologinnen Petra Himetzberger, Johanna Schulenburg und Christa Huber sind Schwestern des Ordens Congregatio Jesu, die Jesuitenpatres Josef Maureder und Josef Anton Aigner (ab Jänner) neben ihrem Priesterberuf auch Therapeuten. "Die Anfragen nach Begleitung sind so viele, dass ich nichts anders tun bräuchte als nur zu begleiten", sagt Maureder, der auch Novizenmeister der österreichischen Jesuitenprovinz ist.
1.765 Menschen nahmen im Vorjahr an den Kursen des Kardinal-König-Hauses im Bereich Exerzitien und Spiritualität teil, dazu gab es rund 100 Einzelgäste für "Stille in Wien", mit durchschnittlicher Aufenthaltsdauer von vier Tagen. Selbst bei größeren Gruppen vor Ort - momentan nehmen 18 Menschen teil - hält man sich tagsüber an Schweigen, berichtet der Jesuit. Geschätzt werden die vielen Freiräume und Spazierwege rund um das Haus am Stadtrand Wiens, zwischen Schönbrunner Schlosspark und Lainzer Tiergarten. Eine "innere Gemeinschaft" der Anwesenden bilde sich trotzdem, vor allem durch die Frühmesse oder die gemeinsame Organisation der Mahlzeiten.
Für die Zukunft plant Maureder angesichts der großen Nachfrage noch niederschwelligere Angebote für Stille in der Großstadt. "Wir wollen auch Möglichkeiten schaffen für jene, die sich bewusst auf die Suche nach Sinn in ihrem Leben machen, nach dem, was wir Gott nennen - und die sich in dieser Suche noch ganz am Anfang fühlen." Niederschwellig ist bereits bisher der Preis von 53 Euro pro Tag für Unterkunft, Verpflegung und geistliche Begleitung, der dank einer finanziellen Unterstützung durch den Jesuitenorden angemessen gehalten werden kann. (Infos: www.stille-in-wien.at)
Quelle: kathpress