Elend der Kinder, Roma und Flüchtlinge
Die Caritas startet dieser Tage ihre traditionelle Februar-Kinderkampagne. Schwerpunktland ist heuer Bulgarien, wo die Armut endogene Ursachen - vor allem die Wirtschaftskrise - und exogene - insbesondere die Flüchtlingswelle - hat.
"Wir dürfen Kinder aus armen Familien am Rand der Gesellschaft und am Rand von Europa nicht vergessen", appellierte Caritas-Präsident Michael Landau im "Kathpress"-Gespräch an die Solidarität der Österreicher. Landau besuchte dieser Tage Projekte der Caritas in Bulgarien, um sich vor Ort ein Bild von der Not aber auch der geleisteten Hilfe zu machen.
In den Caritaszentren in Bulgarien und in anderen Ländern Osteuropas würden Kinder ein Stück sichere Bleibe erfahren und liebevolle Betreuung erfahren, resümierte Landau. Sie könnten dort zumindest ein wenig in Geborgenheit aufwachsen, mit medizinischer Versorgung, mit Kleidung und mit Unterstützung beim Lernen. Landau: "Die Caritas will Kindern in Not ein chancenreiches Aufwachsen und den Zugang zu Bildung ermöglichen." Wie groß die Herausforderungen in Osteuropa sind, machten aktuelle Zahlen deutlich. "In Europa leben mehr als 20 Millionen Kinder an der Armutsgrenze und viele dieser Kinder sind im Osten Europas zu Hause", unterstrich der Caritas-Präsident.
Laut Emanouil Patashev, Generalsekretär der Caritas Bulgarien, ist jedes zweite Kind in dem Land arm. 46 Prozent der 7,3 Millionen Einwohner Bulgariens leben unter der Armutsgrenze. Diese liegt bei 280 Lewa, umgerechnet 143 Euro.
Wie Caritas-Auslandshilfe-Chef Christoph Schweifer gegenüber "Kathpess" betonte, wollte die österreichische Caritas eigentlich schon länger die Arbeit in Bulgarien beenden. Immerhin handle es sich um ein EU-Land. Man habe schon zur Jahrtausendwende auf eine entsprechende wirtschaftliche Entwicklung des Landes gehofft. "Diese Planung wurde von der Realität überholt", so Schweifer. Es habe nur wenig Wachstum und keine Auswirkung auf die Situation der Menschen in Armut gegeben.
Die Caritas unterstützt beispielsweise im südbulgarischen Banya und im nahen Malko Tarnovo Tageszentren für Kinder mit Mittagsverpflegung und Lernförderung. Im städtischen Bereich ist man u.a. in der Hauptstadt Sofia im großen Romaviertel in Fakulteta mit einem Kindergarten und gleichfalls Lernbetreuung tätig.
Besonders wichtig sei u.a. Bildung für die benachteiligten Kinder aus Romafamilien. Schweifer: "In Bulgarien hat jedes zweite Kind aus Romafamilien keinen Volksschulabschluss, Veränderung ist möglich und es muss nicht so sein, wie es ist."
Der Blick auf die Kinder und die Familien in Bulgarien mache die Dringlichkeit deutlich, das "unmenschliche Wohlstandsgefälle" innerhalb Europas abzuflachen, betonte Caritaspräsident Landau. "Ohne eine Kultur des Teilens wird das nicht gelingen. Aufmerksamkeit an den Rändern der Gesellschaft, an den Rändern Europas zu entwickeln, darum geht es", so Landau wörtlich.
Hilfe für Menschen auf der Flucht
Von den Flüchtlingsströmen, die Europa seit Monaten beschäftigen, ist auch Bulgarien betroffen. Das Land liegt zwar am Rand der sogenannten Balkanroute, auf der sich die Menschen auf den Weg machen, aber es gibt eine 260 Kilometer lange Grenze zur Türkei. Bis Ende Februar wird ein Zaun diese Grenze unpassierbar machen.
Laut Caritasgeneralsekretär Patashev haben 2015 20.000 Flüchtlinge in Bulgarien um Asyl angesucht. Zigtausende seien aber auch erst gar nicht ins Land gelassen worden.
In der unwegsamen Bergregion von Malko Tarnovo im Südosten Bulgariens machen sich Menschen von der Türkei auf den Weg, sogar im Winter bei tiefen Temperaturen. Die Caritas versucht auch den illegal nach Bulgarien geflüchtete Menschen zu helfen, sobald diese von der Polizei aufgegriffen wurden.
Im St. Anna-Zentrum in der bulgarischen Hauptstadt Sofia führt die bulgarische Caritas in einer Wohnsiedlung ein Integrationszentrum für Flüchtlinge. Sprachkurse und die Beratung von Asylsuchenden Menschen stehen hier im Mittelpunkt. Finanzielle Unterstützung kommt auch hier von der heimischen Caritas.
"Niemand verlässt seine Heimat ohne Not. Flucht ist kein Verbrechen", so Landau gegenüber "Kathpress" bei seinem Besuch vor Ort in Sofia. "Wir werden mehr Europa brauchen, gerade auch wo es um das Thema Asyl geht." Ohne vergleichbare Verfahrensstandards und Entscheidungsstandards innerhalb Europas würden auch Aufteilungsschlüssel nicht mehr Gerechtigkeit, sondern mehr Ungerechtigkeit mit sich bringen, warnte der Caritas-Präsident. An raschen Asylverfahren führe zudem kein Weg vorbei.
Es werde in Europa "ein gerüttelt Maß an mehr Solidarität benötigt", so Landau. Die Aufgaben ließen sich nur gemeinsam bewältigen: "Das gilt für die Armutsvermeidung und Armutsbekämpfung in Ländern wie Bulgarien ebenso, wie für den Umgang mit Menschen auf der Flucht."
Die österreichische Caritas unterstützt insgesamt in Osteuropa rund 500 Projekte und Hilfsprogramme. - Caritas-Spendenkonto zur Kinderkampagne 2016: Erste Bank, IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, BIC GIBAATWWXXX, Kennwort: Kinder in Not.
Quelle: kathpress