Papst-Kyrill-Treffen kann "entkrampfen"
Das Treffen zwischen Papst Franziskus und Patriarchen Kyrill I. am Freitag in Kuba kann zu einer Entspannung zwischen der katholischen und russisch-orthodoxen Kirche und zu einer wesentlichen "Entkrampfung" auch innerhalb der orthodoxen Kirchen beitragen: So hat der Salzburger Ostkirchenexperte Dietmar W. Winkler in einem "Kathpress"-Interview am Donnerstag die Bedeutung der historisch ersten Begegnung zwischen einem römischen und Moskauer Kirchenoberhaupt eingeschätzt. Vordergründig geht es für die russische Kirche um zwischenkirchliche Beziehungen, allerdings geht es Moskau mehr um Politik als um Kircheneinheit oder um Ökumene, so der Theologe.
Zwei "sehr verschiedene Typen von Kirchenoberhäuptern" würden auf dem Flughafen in Havanna aufeinandertreffen, führte Winkler aus: "Kyrill, der sein Amt als Patriarch sehr betont und Franziskus, der den Primat nicht so sehr in den Vordergrund stellt und sich vor allem als Bischof von Rom bezeichnet." Er sei zudem "ein Papst, der mehr das Praktische wie etwa die Option für die Armen hervorhebt". Auch die Motivationen seien unterschiedlich: Im Gegensatz zur katholischen Kirche sei auf russischer Seite der theologischer Wille zu einem "echten ökumenischen Dialog" kaum erkennbar, vielmehr gehe es ihr um praktische Zusammenarbeit mit politischen Hintergründen. Dennoch sei diese Ebene wichtig und spiele in der Theologie immer mit, so der Konsultor im Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen.
Auf Entspannung hofft Winkler konkret im Ukraine-Konflikt im Blick auf die griechisch-katholische Kirche, die nun erstmals kein Vorwand mehr für die Verhinderung des Papst-Patriarchen-Treffens gewesen sei. Der "Schritt Richtung Westen" seitens der russisch-orthodoxen Kirche sei überdies eine "Notwendigkeit für Russland im gesamtpolitischen Konzert". Kritik an Russlands Rolle im Syrienkonflikt werde der Papst dennoch nicht üben: "Franziskus wird eher das Positive herausstreichen, dass die Kirchen und Staaten jetzt zusammenarbeiten und gemeinsam an einem Strang ziehen müssen, damit der Flüchtlingsstrom und auch die Abwanderung der Christen aus dem Nahen Osten beendet wird. Er wird hier das Kooperations-Angebot der russisch-orthodoxen Kirche aufgreifen", so Winkler.
Positiv könne sich das Treffen auch für den innerorthodoxen Konflikt zwischen dem Moskauer und dem Ökumenischen Patriarchat auswirken: Nachdem Franziskus bisher gemeinsame "starke Zeichen" mit Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel (Istanbul) gesetzt habe - Winkler nannte hier u.a. das Treffen 2014 in Jerusalem, das Konzilsgedenken 2015 mit der Aufhebung der Exkommunikation von 1054 - sei die russisch-orthodoxe Kirche "bemüht, sich in Position zu bringen", erklärte der Salzburger Kirchenhistoriker. Im Vorfeld des panorthodoxen Konzils "tut es dem russischen Patriarchen ganz gut, Papst Franziskus zu treffen und in der Ökumene weltweit Aufmerksamkeit zu erhalten".
Ob die Begegnung auf Kuba auch im katholisch-orthodoxen Verhältnis zu einer Entspannung beitragen kann, wird laut Winklers Einschätzung sehr von den Worten und vom Umgang der beiden Kirchenmänner miteinander abhängen: "Zeichen haben eine sehr hohe Symbolwirkung. Man darf deshalb schon gespannt sein, welche Bilder das kubanische Fernsehen liefern wird."
Lange Anläufe für Treffen
Das Zustandekommen des Treffens bezeichnete der Salzburger Theologe als "überraschend", wenngleich es lange Vorbereitungen gegeben habe: "Es ist nicht so, dass es keine Beziehungen gegeben hätte. Metropolit Hilarion ist im Vatikan ein- und ausgegangen, wurde positiv empfangen und bekam immer seine Privataudienz beim jeweiligen Papst." Umgekehrt habe dies für Delegationen aus dem Vatikan in Moskau nicht immer so zugetroffen, weiß Winkler. Dennoch habe es zuletzt von beiden Seiten eine "Öffnung" gegeben.
Das Streben nach einem derartigen Treffen gehe auf katholischer Seite schon Jahrzehnte zurück, erklärte Winkler. Unter Papst Johannes Paul II. sei eine Begegnung mit dem damaligen Moskauer Patriarchen Alexij II. - geplant war u.a. ein gemeinsames Dreier-Treffen in Österreich mit Patriarch Bartholomaios - stets an der politischen Situation gescheitert: "Das Sowjetreich brach gerade zusammen und die russische Seele war zutiefst verwundet." Dass der Papst aus Polen kam, das eine historisch beladene Beziehung zu Russland hat und auch zu den wegbrechenden Satellitenstaaten des Warschauer Paktes zählte, belastete ebenso.
Fast gleichzeitig zur Amtsübernahme von Benedikt XVI. 2005 erfolgte auch an der Spitze der russisch-orthodoxen Kirche ein Wechsel: Patriarch Kyrill pflegte über seinen neuen Außenamtschef Metropolit Hilarion weitaus stärker als zuvor sowohl die Außenbeziehungen der russischen Kirche als auch die Beziehungen zu Präsident Vladimir Putin. "Seit dieser Zeit ist weniger von einem ökumenischen Dialog die Rede, sondern von zwischenkirchlichen Beziehungen und praktischer Zusammenarbeit", so Winkler. Dass Papst Benedikt weitaus mehr an einer theologischen Ökumene interessiert gewesen sei, habe es der Moskauer Kirche ein Treffen ebenso schwer gemacht wie die deutsch-russische Beziehung aufgrund der Ereignisse im 20. Jahrhundert.
Günstige Vorzeichen
Zustande gekommen sei das nunmehrige Treffen nach Einschätzung Winklers auch durch den politischen Willen Russlands unter Präsident Wladimir Putin, die eigene Position im Westen zu stärken, sowie durch dessen Intervention im Nahen Osten. Die Beziehungen der russisch-orthodoxen Kirche, ihres Patriarchen Kyrill und vor allem von Metropolit Hilarion zu Präsident Putin seien ausnehmend gut.
Günstig sei für die russische Kirche auch das lange von der ehemaligen Sowjetunion unterstützte Kuba als "semi-neutraler Boden": "Kyrill kann seinen teils sehr konservativen Bischöfen, die gegen jegliche Beziehung zum Westen sind, zeigen: Ich muss nicht nach Rom reisen, sondern wir treffen uns anlässlich unserer Pastoralreisen in Lateinamerika." Dass dann Papst Franziskus gerade als Lateinamerikaner "nicht in die Wirrnisse der europäischen politischen Geschichte verwickelt" ist, könne für Treffen nur vorteilhaft sein.
Zwei "sehr verschiedene Typen von Kirchenoberhäuptern" würden auf dem Flughafen in Havanna aufeinandertreffen, führte Winkler aus: "Kyrill, der sein Amt als Patriarch sehr betont und Franziskus, der den Primat nicht so sehr in den Vordergrund stellt und sich vor allem als Bischof von Rom bezeichnet." Er sei zudem "ein Papst, der mehr das Praktische wie etwa die Option für die Armen hervorhebt". Auch die Motivationen seien unterschiedlich: Im Gegensatz zur katholischen Kirche sei auf russischer Seite der theologischer Wille zu einem "echten ökumenischen Dialog" kaum erkennbar, vielmehr gehe es ihr um praktische Zusammenarbeit mit politischen Hintergründen. Dennoch sei diese Ebene wichtig und spiele in der Theologie immer mit, so der Konsultor im Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen.
Auf Entspannung hofft Winkler konkret im Ukraine-Konflikt im Blick auf die griechisch-katholische Kirche, die nun erstmals kein Vorwand mehr für die Verhinderung des Papst-Patriarchen-Treffens gewesen sei. Der "Schritt Richtung Westen" seitens der russisch-orthodoxen Kirche sei überdies eine "Notwendigkeit für Russland im gesamtpolitischen Konzert". Kritik an Russlands Rolle im Syrienkonflikt werde der Papst dennoch nicht üben: "Franziskus wird eher das Positive herausstreichen, dass die Kirchen und Staaten jetzt zusammenarbeiten und gemeinsam an einem Strang ziehen müssen, damit der Flüchtlingsstrom und auch die Abwanderung der Christen aus dem Nahen Osten beendet wird. Er wird hier das Kooperations-Angebot der russisch-orthodoxen Kirche aufgreifen", so Winkler.
Positiv könne sich das Treffen auch für den innerorthodoxen Konflikt zwischen dem Moskauer und dem Ökumenischen Patriarchat auswirken: Nachdem Franziskus bisher gemeinsame "starke Zeichen" mit Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel (Istanbul) gesetzt habe - Winkler nannte hier u.a. das Treffen 2014 in Jerusalem, das Konzilsgedenken 2015 mit der Aufhebung der Exkommunikation von 1054 - sei die russisch-orthodoxe Kirche "bemüht, sich in Position zu bringen", erklärte der Salzburger Kirchenhistoriker. Im Vorfeld des panorthodoxen Konzils "tut es dem russischen Patriarchen ganz gut, Papst Franziskus zu treffen und in der Ökumene weltweit Aufmerksamkeit zu erhalten".
Ob die Begegnung auf Kuba auch im katholisch-orthodoxen Verhältnis zu einer Entspannung beitragen kann, wird laut Winklers Einschätzung sehr von den Worten und vom Umgang der beiden Kirchenmänner miteinander abhängen: "Zeichen haben eine sehr hohe Symbolwirkung. Man darf deshalb schon gespannt sein, welche Bilder das kubanische Fernsehen liefern wird."
Lange Anläufe für Treffen
Das Zustandekommen des Treffens bezeichnete der Salzburger Theologe als "überraschend", wenngleich es lange Vorbereitungen gegeben habe: "Es ist nicht so, dass es keine Beziehungen gegeben hätte. Metropolit Hilarion ist im Vatikan ein- und ausgegangen, wurde positiv empfangen und bekam immer seine Privataudienz beim jeweiligen Papst." Umgekehrt habe dies für Delegationen aus dem Vatikan in Moskau nicht immer so zugetroffen, weiß Winkler. Dennoch habe es zuletzt von beiden Seiten eine "Öffnung" gegeben.
Das Streben nach einem derartigen Treffen gehe auf katholischer Seite schon Jahrzehnte zurück, erklärte Winkler. Unter Papst Johannes Paul II. sei eine Begegnung mit dem damaligen Moskauer Patriarchen Alexij II. - geplant war u.a. ein gemeinsames Dreier-Treffen in Österreich mit Patriarch Bartholomaios - stets an der politischen Situation gescheitert: "Das Sowjetreich brach gerade zusammen und die russische Seele war zutiefst verwundet." Dass der Papst aus Polen kam, das eine historisch beladene Beziehung zu Russland hat und auch zu den wegbrechenden Satellitenstaaten des Warschauer Paktes zählte, belastete ebenso.
Fast gleichzeitig zur Amtsübernahme von Benedikt XVI. 2005 erfolgte auch an der Spitze der russisch-orthodoxen Kirche ein Wechsel: Patriarch Kyrill pflegte über seinen neuen Außenamtschef Metropolit Hilarion weitaus stärker als zuvor sowohl die Außenbeziehungen der russischen Kirche als auch die Beziehungen zu Präsident Vladimir Putin. "Seit dieser Zeit ist weniger von einem ökumenischen Dialog die Rede, sondern von zwischenkirchlichen Beziehungen und praktischer Zusammenarbeit", so Winkler. Dass Papst Benedikt weitaus mehr an einer theologischen Ökumene interessiert gewesen sei, habe es der Moskauer Kirche ein Treffen ebenso schwer gemacht wie die deutsch-russische Beziehung aufgrund der Ereignisse im 20. Jahrhundert.
Günstige Vorzeichen
Zustande gekommen sei das nunmehrige Treffen nach Einschätzung Winklers auch durch den politischen Willen Russlands unter Präsident Wladimir Putin, die eigene Position im Westen zu stärken, sowie durch dessen Intervention im Nahen Osten. Die Beziehungen der russisch-orthodoxen Kirche, ihres Patriarchen Kyrill und vor allem von Metropolit Hilarion zu Präsident Putin seien ausnehmend gut.
Günstig sei für die russische Kirche auch das lange von der ehemaligen Sowjetunion unterstützte Kuba als "semi-neutraler Boden": "Kyrill kann seinen teils sehr konservativen Bischöfen, die gegen jegliche Beziehung zum Westen sind, zeigen: Ich muss nicht nach Rom reisen, sondern wir treffen uns anlässlich unserer Pastoralreisen in Lateinamerika." Dass dann Papst Franziskus gerade als Lateinamerikaner "nicht in die Wirrnisse der europäischen politischen Geschichte verwickelt" ist, könne für Treffen nur vorteilhaft sein.
Quelle: kathpress