Gespräch mit Islam auf allen Ebenen nötig
Der Dialog zwischen Christentum und Islam muss weitergehen - und das auf allen Ebenen: Das hat der Wiener Priester und Theologe Michael Weninger, der im Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog für das Gespräch mit dem Islam verantwortlich ist, im Interview mit der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" (aktuelle Ausgabe) dargelegt. Weninger, der vor seiner Priesterweihe 2011 über Jahrzehnte Spitzendiplomat und Berater des EU-Kommissionspräsidenten war, hatte auf Einladung der Dante-Alighieri-Gesellschaft in Spittal/Drau über den Religionsdialog referiert.
Der interreligiösen Dialog beginnt laut Ansicht des Experten bereits bei Moscheen-Besuchen durch Christen, Kirchen-Besuchen durch Muslime oder bei Begegnungen zwischen Imamen und Priestern. "Das Zueinander muss auf allen Ebenen stattfinden", betonte Weninger. Wichtig sei es dabei, dass selbst "heiße Eisen" wie etwa das Thema der Christenverfolgung nicht ausgespart würden - was in der Praxis durchaus auch geschehe, so seine Einschätzung.
Der Dialograt selbst betreibe einerseits institutionellen Dialog, mit jährlichen Treffen mit Vertretern aller Strömungen des Islams zu festgelegten Themen und Grußbotschaften zu Religionsfeiern. Für dringliche Themen gibt es hingegen den anlassbezogenen Dialog, für den von Bischofskonferenzen aus aller Welt ebenso Anfragen kommen würden wie von muslimischen Vertretern. "Sie leiden unter diesen Kriegshandlungen und mörderischen Anschlägen genauso wie wir Christen. Sie kommen auch zu uns und bitten um Hilfe", so Weninger. Dass der Vatikan heute über ein dicht gesponnenes Netzwerk verfüge und dieses bei Bedarf nutzen könne, sei gegenwärtig besonders wichtig.
"Religion ist Problem - und Lösung"
"Schon aus praktischen Gründen" müsse der Dialog mit dem Islam, zu dem sich die Kirche im II. Vatikanischen Konzil verpflichtet habe, erfolgen: Die Begegnung sei in Zeiten der Globalisierung unumgänglich. "Wir sind mit unserer Technik - ob Flugzeug oder Internet - mit der ganzen Welt verbunden und sollten schon daher von den anderen etwas wissen", so Weninger. Alternativlos sei der Dialog auch angesichts der heute zahlreichen Krisenherde mit religiöser Konnotation: Religion sei hier "mitunter Gegenstand des Problems, vielfach jedoch auch dessen Lösung".
Die unterschiedlichen islamischen Traditionen sollten Weninger zufolge im Dialog ebenso berücksichtigt werden wie auch die "Vielzahl kultureller und zivilisatorischer Unterschiede und ganz unterschiedliche politische Hintergründe" innerhalb der islamischen Welt: So sei etwa Saudi-Arabien eine absolute Monarchie, der Iran eine Theokratie und Indonesien eine Demokratie. Hinzu kämen Wandelerscheinungen und und Konflikte innerhalb des Islams, bei denen laut dem Experten u.a. auch der Wettlauf der Großmächte um Rohstoffe und Einflusszonen sowie die Aufarbeitung von Erlebnissen aus der Kolonialzeit mitspielen würden.
Quelle: kathpress