Abtweihe von Nikolaus Thiel am Pfingstsonntag
P. Nikolaus Thiel wird am Pfingstsonntag zum 19. Abt des oberösterreichischen Zisterzienserstifts Schlierbach geweiht. Im Interview mit der Kirchenzeitung der Diözese Linz (aktuelle Ausgabe) betont Thiel, dass er das Stift künftig stärker als geistliches Zentrum positionieren will. Er fordert einen realistischen Blick auf die Pfarrseelsorge, die nicht nur mit einem Pfarrermangel, sondern auch mit einem Gläubigenmangel zu kämpfen hat.
In der aktuellen Situation halte er es für entscheidend, "das Stift als geistliches Zentrum zu etablieren", betont Thiel: "Es ist wichtig, dass wir als solches wahrgenommen werden und dazu das entsprechende Personal haben. Als Kloster sind wir eine Gebets- und Lebensgemeinschaft und kein Reservoir für die Pfarrseelsorge."
Die Positionierung als geistliches Zentrum müsse zuerst über "eine ansprechende und würdige Liturgie in der Stiftskirche" erfolgen. Dazu gehörten eine gute Vorbereitung, eine musikalische Gestaltung, die im Laufe eines Kirchenjahres von der Tradition bis zur Moderne reicht, eine Predigt, die in zeitgemäßer Sprache auf die Fragen der Menschen heute eingeht und der bewusste Umgang mit der Stille im Gottesdienst. Über die Liturgie hinaus sollte die Mönchsgemeinschaft verstärkt für das geistliche Gespräch zu Verfügung stehen. Thiel: "Man kann die Mitbrüder direkt anreden, im Stiftspfarramt anrufen oder ein Email schicken. Wir haben auch vier Gästezimmer, damit man bei uns mitleben kann."
Das Stift betreut neun Pfarren in der näheren und weiteren Umgebung. Das soll auch künftig so bleiben, allerdings modifiziert. "Auf Sicht hin planen wir, dass in den drei oder vier größeren Pfarren die Pfarrer vor Ort wohnen, die anderen Pfarren aber vom Stift aus betreut werden." Pfarrseelsorge gehöre zu den Grundaufgaben der Schlierbacher Zisterzienser, "aber wir müssen der Realität in die Augen schauen und nicht in Träumen von gestern Antworten für heute suchen", so der neue Abt: "Alle reden nur vom Priestermangel, niemand vom Gläubigenmangel." In manchen Kleinpfarren kämen kaum mehr Gläubige in den Gottesdienst. Hier werde es unabhängig von der Personalsituation einmal neue Lösungen brauchen, "ohne dass man sagen kann, was man genau tun soll".
Auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten angesprochen, mit denen das Stift in den vergangenen Jahren zu kämpfen hatte, sagte Thiel, dass das Schlimmste überstanden sei. Sorge bereite ihm allerdings die notwendige Renovierung der Stiftskirche.
Die Abtweihe findet am Sonntag, 15. Mai, um 14.30 Uhr in der Stiftskirche Schlierbach statt. Thiel wird vom Generalabt des Zisterzienserordens, Mauro-Giuseppe Lepori, geweiht. Thiel (geb. 1969) wurde am 12. Februar 2016 zum 19. Abt des Stiftes Schlierbach gewählt. Er stammt aus Vorderstoder und hat 1989 am Stiftsgymnasium Schlierbach maturiert. Als Student der Musik und Theologie in Graz trat er 1995 als Novize in das Kloster Schlierbach ein. Seit 2002 war er in Wartberg an der Krems Pfarrer. Im Stift war er von 2008 bis 2013 Prior und damit stellvertretender Oberer. Im Februar 2016 wählten die Mitbrüder Thiel zum neuen Abt.
Dem Stift Schlierbach gehören derzeit 26 Mönche an, vier davon sind im Studium: "Wir hoffen, dass dieser Trend anhält", so der Abt. Zum Stift gehören neun Pfarren, das Gymnasium Schlierbach, das von rund 500 Schülerinnen und Schülern besucht wird, sowie das Bildungszentrum Stift Schlierbach. Das Stift betreibt auch (teilweise) eine Glaswerkstätte und eine Käserei.
Die Geschichte von Stift Schlierbach geht ins 14. Jahrhundert zurück. 1355 besiedelten Zisterzienserinnen die Burg von Schlierbach und gestalteten sie im Laufe der Jahrzehnte zu einem Kloster um. Die Wirren der Reformationszeit im 16. Jahrhundert bedeuteten für Schlierbach das Ende klösterlichen Lebens. Mehr als 60 Jahre verwahrloste das Gebäude, bis 1620 Zisterzienser aus dem Stift Rein bei Graz das Kloster neu besiedelten. Ihre Aufgabe war es, die Seelsorge in der Umgebung zu übernehmen und das Ordensleben wieder aufblühen zu lassen.
Die Äbte des 17. und 18. Jahrhunderts ließen das Kloster von der oberitalienischen Künstlerfamilie Carlone im barocken Stil ausbauen. 1938 übernahmen Schlierbacher Mönche im Nordosten Brasiliens die Pfarre Jacobina mit einer Fläche von über 5.000 Quadratkilometern. Von hier aus begann 1939 die Gründung des Kloster Jequitiba durch Abt Alois Wiesinger. Seit 1950 ist Jequitiba eine selbständige Abtei.
(Infos: www.stift-schlierbach.at)
Quelle: kathpress