Landau empfiehlt wertschätzenden Jesuiten-Leitsatz
Caritas-Präsident Michael Landau legt der österreichischen Politik einen Leitsatz des Gründers des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola, ans Herz: Ideen und Gedanken des anderen sollen "gerettet" und nicht "verurteilt" werden, kritisierte Landau die gängige Praxis in Österreich, den "politischen Gegner herabzuwürdigen". Der Fokus müsse weg vom Negativen hin auf die "guten Ideen" und "Stärken" im Konzept des Gegenübers gehen, um ein konstruktives Miteinander in Gesellschaft und Politik zu stärken.
Der Caritas-Präsident diskutierte am Mittwochabend beim "Figl-Talk", veranstaltet von der "Akademie für Evangelisation" in Wien zum Thema "Brückenbauer gesucht - in einem gespaltenen Land". Weitere Prominente am Podium: Bundespräsidentschafts-Kandidatin Irmgard Griss und Schauspieler Harald Krassnitzer.
Dringend nötig ist laut Landau auch eine "Repolitisierung der Politik". Die Frage nach der Richtung der "gemeinsamen Reise" sei zunehmend aus dem Blickfeld verschwunden. Der Caritas-Präsident plädierte für eine breite gesellschaftliche Diskussion über die "Wertehaltungen und Werteentscheidungen, das zugrunde liegende Menschenbild und die Frage, wie wir leben wollen". Denn, "wenn Menschen spüren, wofür sie sich anstrengen, dann machen sie das gerne".
Landau wünschte sich auch einen ehrlichen Blick auf die Realität. "In einer globalisierten Welt liegt Syrien in unserem Vorgarten, und wir teilen uns das Wohnzimmer mit rund 1,5 Millionen armutsgefährdeten Menschen"; daran gebe es nichts zu rütteln, so der Caritas-Präsident. Als Handlungsmaxime empfahl er: "Handeln wir so, dass wir uns im Rückblick nicht für unser Handeln schämen müssen." Dem mehrheitlich jugendlichen Publikum gab er mit auf den Weg: "Haben Sie immer im Hinterkopf, dass jeder etwas verändern kann, vielleicht nicht die Welt, aber in dem Bereich, wo er gerade lebt."
Die Verschiedenheit in der Gesellschaft wertete der Caritas-Präsident als Chance und ermutigte dazu, über die gewohnten Bekanntschaftskreise hinauszugehen. Sonst laufe man Gefahr, die eigene kleine Teilwelt mit der Realität zu verwechseln. Um sich fruchtbar mit dem anderen auseinandersetzen zu können, sei ein "stabiler Eigenstand" nötig. Nichts hemme Solidarität so sehr wie Angst, so Landau.
Griss warnt vor Realitätsverlust bei Politikern
Fehlende Anerkennung des politisch Anderen ortete auch Bundespräsidentschafts-Kandidatin Irmgard Griss. Menschen hätten genug davon, "dass in der Politik immer nur der andere schlecht gemacht wird". Vorzugeben, im "Besitz des Steins der Weisen zu sein", wirke unglaubwürdig, denn für die heutigen Herausforderungen gebe es kein Patentrezept. Griss warnte vor einem Realitätsverlust bei Politikern. Das Geschäft sei hart und ungnädig, "da umgibt man sich gerne mit Menschen, die einem nach den Mund reden und verliert so den Bezug zur Realität". Dieser Belastung von Außen standzuhalten, ohne dabei in eine Parallelwelt zu flüchten, "das braucht es in der Politik".
Bei all der Offenheit für andere, müssten aber auch die Grenzen der eigenen Kapazitäten im Blick bleiben, gab die Neo-Politikerin zu bedenken. "Wir können nicht ständig auf Empfang sein und für alles offen sein". Das Fremde sei eine Anstrengung, der Mensch brauche ein vertrautes Umfeld.
Auf die Frage nach der Motivation für ihr politisches Engagement antwortete Griss: "Ich hatte so viel Glück in meinem bisherigen Leben, da möchte ich etwas weitergeben." Für die Gesellschaft wünschte sie sich zwei Dinge: Ein gemeinsames Leitbild, in dem sich alle zum Teil wiederfinden, und "dass jeder in seinem Bereich versucht, etwas zum guten Zusammenleben beizutragen".
Krassnitzer: Haben richtiges Zuhören verlernt
Ein politisches System der gegenseitigen Schuldzuweisung hat auch für Harald Krassnitzer ausgedient. Es sei Zeit, in Politik und Gesellschaft neue Modelle der Konsenssuche zu finden. Die aktuellen Frontkämpfe zwischen "Gutmenschen" und "Populisten" führten zu keinen wirklichen Lösungsansätzen.
Der Schauspieler attestierte der Gesellschaft, die Fähigkeit zum richtigen Zuhören verloren zu haben; Zuhören müsse über das bloße Wahrnehmen von Lauten hinausgehen und tieferes Verstehen umfassen. "Für mich ist das fast so etwas, wie ein spiritueller Prozess", so Krassnitzer. Brücken bauen würde er gerne, aber nicht zum Anderen hinüber, sondern "mit dem anderen in das Neue hinein".
Quelle: kathpress