Bischof Elbs für Entschleunigung der Debatte
Weil der spürbare öffentliche Druck in der Flüchtlingssituation die Gefahr in sich birgt, den konkreten Menschen zu übersehen, braucht es eine Entschleunigung im Umgang damit: Das betonte der Feldkircher Bischof Benno Elbs am Sonntag bei einem Festgottesdienst mit der sozial-caritativen St. Christophorus-Bruderschaft. In seiner Predigt ging der Bischof auf das Tagesevangelium vom barmherzigen Samariter ein. So wie im Gleichnis gingen Menschen auch heute oft an der Not Hilfsbedürftiger vorüber - und dies nicht unbedingt weil sie schlechte Menschen seien, sondern weil sie schlicht "in Eile sind". Vor diesem Hintergrund gelte es die Flüchtlingsdebatte "zu entschleunigen".
Der Feldkirche Bischof begründete seinen Vorschlag mit einer Studie der Universität Princeton unter dem Titel "From Jerusalem to Jericho". Darin wurde erhoben, wie sich Priesterseminaristen gegenüber Menschen verhalten, die sich in akuter Not befinden und denen sie überraschend begegnen. Das Fazit dieser Studie lautete, dass unter gewissen Voraussetzungen auch jene gegen ihre eigenen Prinzipien handeln, die bewusst Menschen in Not helfen wollen. Weit mehr als die altruistische Einstellung war unter den Probanden letztlich für die konkrete Situation entscheidend, ob sie in Eile waren und unter Stress standen.
Eine ähnliche Druck-Situation ortete der Caritas-Bischof bei vielen Verantwortlichen in Europa. "Sie sind getrieben von Medien, von populistischen Strömungen, sie geraten unter Zeitdruck wegen herannahender Abstimmungen", so der Bischof im Blick auf den "Brexit" oder bevorstehende Wahlen. In solchen Situationen schaue man nicht mehr so sehr auf den Menschen: "Wir blicken nicht mehr in das Gesicht notleidender und vom Krieg gezeichneter Menschen, sondern wir reden von Flüchtlingsströmen, von 'Lawinen', von Zahlen, von Grenzen und Obergrenzen." Er sage das "ohne Vorwurf", plädiere aber dafür, "diese Diskussion zu entschleunigen und damit vermutlich zu entängstigen".
Quelle: kathpress