Romeros Haltungsänderung war Folge eines Mordes
Der 2015 seliggeprochene Oscar Romero (1917-1980) hat als "konservativ" gegolten, als er 1977 zum Erzbischof von San Salvador ernannt wurde; erst die Ermordung des Jesuiten P. Rutilio Grande, mit dem er freundschaftlich verbunden war, führte zu seiner Haltungsänderung: Das betonte der deutsche Jesuit P. Martin Maier in einem Interview für die aktuelle Ausgabe der Wiener Diözesanwochenzeitung "Der Sonntag". Anlässe für das Interview sind der bevorstehende Romero-Gedenktag (24. März) und der 40. Jahrestag des Mordes an Rutilio Grande.
Romero hatte trotz aller Todesdrohungen unerschrocken die Verletzungen der Menschenrechte angeprangert. Am 24. März 1980 wurde er beim Feiern der Messe am Altar erschossen. Auftraggeber des Mordes soll der "rechte" Politiker Roberto D'Aubuisson gewesen sein. D'Aubuisson starb 1992 mit 48 Jahren qualvoll an Kehlkopfkrebs; auf dem Totenbett soll er seine Schuld eingestanden haben.
Pater Maier sagte, er sei als Jesuitennovize auf die Theologie der Befreiung gestoßen und sie habe ihn angezogen. Die Nachricht vom Mord an Romero habe ihn "tief getroffen". Er habe sich damals noch nicht vorstellen können, irgendwann einmal in El Salvador zu sein. Dann habe er eine Doktorarbeit über die Theologie von Jon Sobrino und Ignacio Ellacuría, die eine Befreiungstheologie entwickelten, begonnen, so Maier. Dazu sei er 1989 in das Land Romeros gekommen.
Maier im Blick auf diese Zeit: "An den Wochenenden arbeitete ich mit Pater Ignacio Martin-Baro, der an der Zentralamerikanischen Universität tätig war, in der Landpfarre von Jayaque mit und feierte mit den Bauern, den Campesinos, gemeinsam Gottesdienste." Martin-Baro und fünf weitere Jesuiten wurden am 15. November 1989 ermordet. Am Morgen des 16. November 1989 fand man Ignacio Ellacuria, Segundo Montes, Ignacio Martin-Baro, Joaquin Lopez y Lopez, Juan Ramon Moreno und Amando Lopez erschossen im Garten liegend. Mit ihnen wurde auch die Köchin Elba Ramos und ihre Tochter Celina ermordet, die in dieser Nacht Schutz im Haus der Jesuiten vor den Kämpfen des Bürgerkriegs gesucht hatten.
Nach der Beerdigung hätten die Bauern von Jayaque gesagt: "Jetzt sind Sie unser Pfarrer!", berichtete Maier: "Zunächst war ich einmal erschrocken. Ich habe mit dem Provinzial gesprochen und er meinte: 'Wenn du das machen möchtest, dann mache das.'" Er sei somit "Pfarrer unter schwierigen Verhältnissen" geworden. Jayaque war zwar kein Kampfgebiet des Bürgerkrieges, doch waren hier Armeesoldaten stationiert, die auch eine der Kirchen besetzt hatten. Dass sie die Kirche wieder verließen, habe er nur mit Hilfe des Erzbischofs nach sechs Wochen erreichen können, berichtete Maier. Über Wochen hindurch hätten zudem bei den Gottesdienstesn in Jayaque zwei schwer bewaffnete Soldaten an der Eingangstür der Kirche gestanden.
Als Vermächtnis des seligen Oscar Romero nannte Pater Maier seine Weiterentwicklung des Wortes des großen Kirchenvaters Irenäus von Lyon "Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch". Romero habe das Wort aufgegriffen und leicht umformuliert. Es lautete bei ihm "Die Ehre Gottes ist der lebendige Arme" (Gloria Dei pauper vivens). "Bei ihm stand im Mittelpunkt, den armen Menschen ihre Würde zurückgegeben und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Wie vor 40 Jahren in El Salvador geht es heute um die Verteidigung der Opfer, auch darum, Hoffnung zu geben. Romero war nicht nur ein Prophet, der angeprangert hat, sondern auch ein großer Hoffnungsprophet", erinnerte der deutsche Jesuit.
Maier verwies im Interview auch an eine berühmte Romero-Predigt von Jänner 1980, als die Lage in El Salvador "eigentlich völlig hoffnungslos" gewesen sei. Der Erzbischof habe über die Freude und die Hoffnung gesprochen. "Über diesen Ruinen wird die Herrlichkeit des Herrn aufleuchten", so seine Worte.
Quelle: kathpress