Landau bei Bundesrats-Enquete: Pflege auch in Zukunft leistbar
Pflege, die sich an der Würde des Menschen orientiert und ihm Begleitung in seinem eigenen Umfeld ermöglicht, ist in Österreich "auch in Zukunft schaffbar und leistbar": Das hat Caritas-Präsident Michael Landau am Mittwochvormittag in Wien bei der parlamentarischen Enquete des Bundesrates über die Zukunft der Pflege dargelegt. Beherzt und gemeinsam müssten die Bundesländer jedoch die Weichen dafür stellen angesichts der großen demografischen Herausforderung, mahnte Landau. "Die Aufgaben werden nicht kleiner, wenn sie auf die lange Bank geschoben werden."
Die Herausforderungen Österreichs im Bereich der Pflege sind enorm: Während heute fünf Prozent der Bevölkerung das 80. Lebensjahr bereits vollendet haben, betrifft dies laut den Prognosen im Jahr 2050 bereits 11,5 Prozent, in absoluten Zahlen rund eine Million Menschen. Schon in weniger als zehn Jahren wird Österreich eines der Länder mit der ältesten Bevölkerung sein, zudem rechnet man damit, dass jedes zweite Neugeborene seinen 100. Geburtstag erlebt. Mit der höheren Lebenserwartung steigt auch der Anteil der Pflegegeldbezieher: 1993 gab es 270.000 Bezieher, derzeit sind es trotz bereits erschwertem Zugang 456.000, Tendenz weiter steigend.
Als ersten wichtigen "Hebel" forderte Landau die solidarische Finanzierung für Dienste und Einrichtungen der Pflege und Betreuung. Da das Risiko längerer Pflegebedürftigkeit heute weite Teile der Bevölkerung treffe, müsse man aussteigen "aus der Sozialhilfelogik, die Betroffene unverhältnismäßig hoch belastet und Nicht-Betroffene verschont". Derzeit würden Betroffene beim Einzug in ein Senioren- und Pflegeheim zu Sozialhilfeempfängern gemacht und erhielten von der öffentlichen Hand erst dann Hilfe, wenn ihr Besitz verwertet ist. "Das kommt einer 100-prozentigen Erbschaftssteuer gleich", so Landau.
Vereinheitlichung schaffen
Als weiteres Anliegen nannte der Caritas-Chef die österreichweite Vereinheitlichung der Qualitäts-, Versorgungs- und Finanzierungsstandards für die Pflege bis zum Auslaufen des kürzlich bis 2021 verlängerten Pflegefonds. Betroffene Familien mit verschiedenen Meldeadressen müssten sich etwa beim Umzug mit viel Bürokratie herumplagen, da derzeit jedes Bundesland noch eigene Unterstützungsleistungen, Kostenbeiträge und Qualitätsvorgaben besitze, kritisierte Landau. "Keine Bürgerin und kein Bürger dieses Landes versteht, warum die Systeme und die Hürden zwischen den Systemen derart unterschiedlich sind." Eine bundesstaatliche Regelung sei zudem für die Ausbildung der Sozialbetreuer im Bereich Altenarbeit dringend nötig.
Landau lenkte den Blick auch auf die Gruppe der pflegenden Angehörigen, die er als den "größten Pflegedienst des Landes" bezeichnete. Sie bräuchten Rechtsanspruch auf öffentlich geförderte, leistbare und verfügbare Fachberatung, Entlastung und Unterstützung. Solche Leistungen würden von Organisationen wie der Caritas geboten, müssten dabei aber ohne Mittel aus öffentlicher Hand auskommen. Als Beispiele für Initiativen, die Menschen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in vertrauter Umgebung ermöglichten, verwies Landau auf die mobile Betreuung und Pflege, ein Pilotprojekt zur mobilen geriatrischen Mobilisation sowie ein Caritas-Projekt in Oberösterreich, das künstlich beatmeten Patienten zu mehr Selbstbestimmtheit verhilft.
Demenz und Hospiz: Vorgaben umsetzen
Eine zügige Umsetzung forderte Landau für die Demenzstrategie, die einen "hervorragenden Orientierungsrahmen" für Entwicklung von Maßnahmen biete. Beratungs-, Unterstützungs- und Entlastungsdienste müssten besser dotiert werden, zudem gelte es für den Erhalt von größtmöglicher Selbständigkeit von an Demenz erkrankten Menschen "ganz neue Wege zu suchen und gewohnte Pfade zu verlassen": Auch Gemeinden oder Krankenhäuser könne man "demenzsensibel" gestalten, wie etwa die Stadt Klosterneuburg oder erste Demenz-WGs aufzeigen würden.
Zum Thema Hospiz würdigte Landau die "großartige Vorleistung" der diesbezüglichen parlamentarischen Enquetekommission und der von ihr beschlossenen 51 Punkte: Sie seien ein "hervorragender Wegweiser und konkreter Fahrplan, um die hospizliche, pflegerische und palliative Betreuung und Versorgung, aber auch die soziale Begleitung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase im besten Sinne auf- und auszubauen", sagte der Caritas-Präsident. Trotz vorgesehener zusätzlicher Mittel fehle bislang allerdings ein Beschluss, Angebote für Hospiz und Palliative Care in eine Regelfinanzierung überzuführen. Damit hänge derzeit vieles - darunter auch die Begleitung von chronisch schwerkranken Kindern in ihrer letzten Lebensphase - völlig von Spendenfinanzierung ab.
Schwerpunkt-Thema im Bundesrat
Die Veranstaltung geht auf eine Initiative von Bundesrats-Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann zurück, die das Thema zu ihrem Schwerpunkt während ihres Vorsitzes gemacht hat. Politische Impulsreferate kamen u.a. von Finanzminister Hans Jörg Schelling, Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner und dem Tiroler Landesrat Bernhard Tilg, ehe es bei den Fachreferaten um die Herausforderungen im Bereich der Pflege ging - hier kamen nach Landau auch Volksanwalt Günther Kräuter, Tobias Thomas vom Forschungsvorstand Eco-Austria sowie Ursula Frohner vom Gesundheits-Krankenpflege-Verband Österreich zu Wort. Weitere Impulse waren der Praxis der Pflege gewidmet.
Quelle: kathpress