Katholischer deutscher Kinderbuchpreis in Wien verliehen
Eine humorvolle und zugleich berührende Geschichte über einen in mehrfacher Hinsicht heilsamen Krankenhausaufenthalt der zwölfjährigen Fitz (Felicia) ist mit dem 28. Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ausgezeichnet worden. Verliehen wurde der mit 5000 Euro dotierte Preis am Donnerstagabend in Wien an die niederländische Autorin Anna Woltz - die wegen ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft nicht anreisen konnte - und ihre deutsche Übersetzerin Andrea Kluitmann für das im Carlsen-Verlag erschienene Buch "Gips oder Wie ich an einem einzigen Tag die Welt reparierte".
Anlässlich des 70-Jahr-Jubiläums der Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur der Erzdiözese Wien ("STUBE") fand die Ehrung mit dem deutschen "Medienbischof" Gebhard Fürst, Weihbischof Robert Brahm (Trier) und Gastgeber Kardinal Christoph Schönborn im Wiener Erzbischöflichen Palais statt. Unter den Gästen waren auch weitere renommierte Kinderbuchautoren wie Heinz Janisch, Elisabeth Steinkellner und Tamara Bach, die mit ihren jüngsten Arbeiten auf einer Liste empfohlener Bücher aufscheinen, die als eigene Broschüre der DBK bei der Feier auflag.
In seinem Grußwort unterstrich der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz die Wichtigkeit von Kinder- und Jugendliteratur für die Entwicklung und religiöse Sprachfähigkeit. "Die Bedeutung von Kinderliteratur für das gemeinsame Lesen und Lernen kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden", sagte Schönborn und würdigte die Verdienste der "STUBE" um deren Verbreitung. Diese "gute Kinder-Stube" gelte es zu feiern, so der Kardinal, der als seine drei Hobbys "Lesen, lesen und nocheinmal lesen" nannte.
Bischof Fürst (Rottenburg-Stuttgart) erklärte zum prämierten Buch "Gips", es gehe darin um "die Frage, was menschliche Beziehungen und Bindungen wert sind - in ihrer Veränderlichkeit und ihrer Brüchigkeit". Die zwölfjährige Hauptfigur Fitz, deren Eltern sich gerade scheiden lassen, mache die Erfahrung, "dass sie nicht allein durch die Veränderungen gehen muss, sondern dass Beziehungen auch neu entstehen, tragen und beflügeln können". Die Geschichte von Anna Woltz komme "ohne erhobenen Zeigefinger daher, dafür mit viel Witz und Lebensfreude, mit Tiefe, Lebensweisheit und zugleich ungeheurer Leichtigkeit, so Bischof Fürst.
"Mut gefunden, wieder zu lieben"
In ihrem parallel zur Preisverleihung veröffentlichten Video-Grußwort bedankte sich die bereits mehrfach ausgezeichnete Anna Woltz bei der Jury unter dem Vorsitz von Weihbischof Brahm, die "Gips" aus 241 Titeln ausgewählt hatte. Am Beginn des 176-Seiten-Romans glaube Fitz nicht mehr an die Liebe. "Sie ist wütend auf ihre Eltern und entscheidet sich, sich niemals zu verlieben", erläuterte Woltz. "Aber dann kommt dieser eine Tag im Krankenhaus. Sie lernt Adam kennen und viele andere Charaktere. Und am Ende des Tages hat Fitz den Mut, wieder zu lieben." Die Zwölfjährige lerne, "dass sie nicht ohne Hoffnung leben kann und nicht ohne Liebe".
70 Jahre "STUBE"
Anlass für die erstmalige DBK-Preisverleihung in Wien mit einem reichhaltigen Festprogramm war das 70-jährige Bestehen einer Einrichtung, die es in dieser Form nur in der Erzdiözese Wien gibt: Die Fachstelle für Kinder- und Jugendliteratur "STUBE" wurde 1947 zunächst mit dem Ziel gegründet, junge Leser vor "Schmutz und Schund" zu bewahren. In den 1960er und 1970er Jahren wandelte sich dies zu einer weltoffeneren und deutlich komplexeren Sichtweise. Leiterin Heidi Lexe - sie ist einziges österreichisches Jury-Mitglied für den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis sowie Lehrbeauftragte an der Uni Wien - bezeichnete die "STUBE" als für alle offenes "Kompetenzzentrum, das versucht, sich bestmöglich Wissen über Kinder- und Jugendliteratur anzueignen, aufzubereiten und dann an jene weiterzugeben, die sich dafür interessieren oder mit Kindern damit arbeiten".
Die Kölner Literaturwissenschaftlerin und Jugendbuchforscherin Gabriele von Glasenapp hielt einen kurzen Festvortrag über den Wandel in diesem Literaturbereich während der vergangenen Jahrzehnte. Dessen Stellenwert habe sich von einem vorrangig pädagogisch ausgerichteten "Schrifttum" nach Kriegsende deutlich verbessert u.a. durch die "Ära Lindgren" in den 1950er- und 1960er-Jahren mit ihrem "antipädagogischen Habitus" und der Betonung kindlicher Autonomie. Heute sei das Genre als Generationen übergreifende "All-Age"-Literatur anerkannt, werde multimedial verbreitet und wissenschaftlich ernst genommen - u.a. durch die auch international viel beachtete Wiener "STUBE", wie Glasenapp lobte.
In London geborene Niederländerin
Preisträgerin Anna Woltz wurde 1981 in London geboren und wuchs in Den Haag auf. Bereits als 15-Jährige schrieb sie in der niederländischen Tageszeitung "de Volkskrant" eine regelmäßige Kolumne über ihr Leben in der Schule, 2002 veröffentlichte sie ihr erstes Kinderbuch. Seit ihrem Studium der Geschichte in Leiden ist sie als Schriftstellerin und Journalistin tätig. Die Werke von Anna Woltz wie "Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess" (2013) oder "Hundert Stunden Nacht" (2014) wurden mit zahlreichen Auszeichnungen prämiert; auch "Gips" wurde 2016 bereits mit dem "Gouden Griffel" ausgezeichnet.
Weitere Informationen zur Geschichte des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises sowie zu allen Preisbüchern seit 1979 gibt es auf dem Onlineportal der DBK (www.dbk.de )in der Rubrik "Initiativen". Dort steht auch die "Arbeitshilfe Katholischer Kinder- und Jugendbuchpreis 2017" zum Download bereit, die die ausführliche Jurybegründung sowie Rezensioen zu allen 15 Titeln der diesjährigen Empfehlungsliste beinhaltet.
Quelle: Kathpress