Großes Ökumene-Event am Linzer Domplatz
In Linz hat am Donnerstag die "vierte Station" der Fronleichnamsprozession zugleich mit dem Schluss-Segen des evangelischen Kirchentags-Gottesdienstes geendet, und beide Feiern mündeten in einen Ökumene-Event auf dem Domplatz. Er stand unter dem Motto: "Wir tragen die Botschaft Jesu - sein Evangelium - in die Welt". Mit den beiden christlichen Kirchen feierten auch Landeshauptmann Thomas Stelzer, Altlandeshauptmann Josef Pühringer und Bürgermeister Klaus Luger.
Am Beginn der ökumenischen Begegnung begrüßten Bischof Manfred Scheuer und Superintendent Gerold Lehner die jeweils andere Schwesterkirche. Scheuer betonte, dass "nicht das, was uns trennt, sondern das, was uns verbindet - die Freude an Gott und die Dankbarkeit für die Gemeinschaft mit ihm" - im Mittelpunkt der Feier stehe. Der Bischof überreichte dem evangelischen Superintendenten als Gabe eine Altarausgabe der revidierten Einheitsübersetzung "als Zeichen dafür, dass gerade eure Kirche das das Wort Gottes lebendig gehalten hat und dass wir als katholische Kirche von euch viel lernen können".
Superintendent Lehner hatte seinerseits als Geschenk eine revidierte Übersetzung der Luther-Bibel als Altarausgabe mitgebracht, die er Bischof Scheuer überreichte: "Es ist schön, dass wir das Wort Gottes in zwei Übersetzungen vor uns haben. Früher standen diese Übersetzungen in Konkurrenz zueinander, heute wissen wir, dass es um die Fülle des Wortes geht."
"EINANDER ANNEHMEN, NICHT NUR ANERKENNEN"
Nach gemeinsamen Gesängen, Texten und Gebeten brachten Scheuer und Lehner in kurzen Ansprachen ihre Freude über das ökumenische Miteinander zum Ausdruck. Lehner wies auf den Mut hin, ein Doppelfest zu gestalten: "Bischof Scheuer und ich hätten es uns heute einfacher machen können - jede Kirche feiert für sich, im eigenen 'Stall'. Aber mit dem Braven und Gewohnten werden wir nicht weiterkommen in der Ökumene." Katholiken und Lutheraner seien "einander Grund zur Dankbarkeit und Gehilfen der Freude - wir sind einander gegeben, um voneinander zu lernen".
Bischof Scheuer erinnerte, dass sich Katholiken und Lutheraner "als noch getrennte Brüder und Schwestern auf der Basis der gemeinsamen Taufe annehmen" könnten. Es gehe um "annehmen, nicht nur anerkennen; gegenseitige Annahme eröffnet Verwandlung und relativiert die eigene Position". Ökumene wachse, wenn der Reichtum der Gaben des anderen, seine Charismen und Stärken rezipiert würden.
Bürgermeister Luger sagte, dass es im 19. Jahrhundert der evangelischen Kirche aufgetragen gewesen sei, ihre Gebetshäuser 50 Meter entfernt von der Landstraße zu errichten, und "heute feiern wir gemeinsam auf dem Vorplatz des Linzer Mariendoms". Luger bedankte sich bei der evangelischen Kirche dafür, dass sie Verantwortung trage und Freiheit einmahne - "eine der schwierigsten Aufgaben in der Gesellschaft". Materieller Wohlstand sei das eine, genauso brauche es aber den Zusammenhalt und das Da-Sein für jene, die das Gemeinwesen und die Kirche brauchten.
Der Bürgermeister dankte der evangelischen Kirche besonders für die Diakonie, "die in Linz spürbar und sichtbar die Sozialpolitik wesentlich mitträgt". Er wisse die evangelische Kirche als treue, verlässliche und wenn notwendig auch kritische Partnerin, zeigte sich Luger dankbar.
Landeshauptmann Stelzer sagte, die Geschichte der Intoleranz und des Leids werde bei dieser Feier nicht verschwiegen, "und das wollen wir auch nicht". Denn was heute verschwiegen werde, sei morgen vergessen.
Aber es werde bei diesem Fest darüber hinausgegangen, so Stelzer. Er dankte allen Gläubigen für ihren Einsatz in der Gesellschaft, etwa in der Bildung, im Sozialbereich, in der Pflege, im Kulturbereich. "Ihr Einsatz ist gelebter Ausdruck Ihres Christseins, der uns allen dient."
Der Kirchentag am Donnerstag in Linz stand ganz im Zeichen von "500 Jahre Reformation". Etwa 300 Mitarbeiter trugen als Mitwirkende und Helfer zum Gelingen des Festes bei, unter ihnen ein Team aus syrischen und iranischen Flüchtlingen. Ein Bogen wurde von der Martin-Luther-Kirche über den Linzer Domplatz bis hin zum Landhaus gespannt; alle drei sind geschichtsträchtige Orte.
Die Martin-Luther-Kirche sei ein Symbol für den Neubeginn und das Erblühen evangelischen Lebens nach dem Toleranzpatent Kaiser Josephs II. (1781); der Domplatz steht laut Organisatoren "für die Trennung, aber auch für den hoffnungsvollen Weg der Ökumene, den evangelische und katholische Kirche gemeinsam und voll Zuversicht gehen"; das Landhaus, das ab 1564 von den evangelischen Ständen errichtet wurde, stehe "für die Geschichte und Wirkung der Reformation in Oberösterreich".
Quelle: Kathpress