Franziskus spricht Märtyrer des kolumbianischen Bürgerkriegs selig
Bei seinem zweiten großen Gottesdienst in Kolumbien hat Papst Franziskus die Menschen im Land eindringlich dazu aufgerufen, einander die Hand zur Versöhnung zu reichen. Versöhnung bedeute, "allen und jedem Menschen, die das Drama des Konflikts erlebt haben eine Tür zu öffnen", sagte er am Freitag in seiner Predigt in Catama, einem großen Gelände am Stadtrand von Villavicencio. Zu Beginn der Messe unter freiem Himmel sprach der Papst zwei Märtyrer selig, die im kolumbianischen Bürgerkrieg ermordet worden waren: Bischof Jesus Emilio Jaramillo (1916-1989) und den Priester Pedro Maria Ramirez (1899-1948).
Ramirez zählte zu den ersten Opfern des fünf Jahrzehnte andauernden Bürgerkriegs; er wurde am 10. April 1948 nach ersten Unruhen im Land von einer aufgebrachten Menge erschlagen. Bischof Jaramillo war am 2. Oktober 1989 bei einem Pfarrbesuch von Milizen entführt und wenig später erschossen aufgefunden worden. Beide können von nun an offiziell verehrt und um Fürsprache angerufen werden. Ihre Gedenktage sind der 3. und der 24. Oktober.
Zur Versöhnung müssten "einige den Mut fassen, den ersten Schritt zu tun, ohne darauf zu warten, dass die anderen es tun", sagte Franziskus. "Es genügt eine gute Person, damit es Hoffnung gibt. Und ein jeder kann diese Person sein!" Wer als Opfer die verständliche Versuchung von Rache überwinde, mache den Aufbau des Friedens glaubwürdig, so der Papst in der mehrfach von Applaus unterbrochenen Predigt. Allerdings bedeute das nicht, Unterschiede und Konflikte unter den Teppich zu kehren, ebenso wenig heiße dies, Ungerechtigkeit zu legitimieren oder sich ihr zu fügen.
Franziskus zitierte den heiligen Johannes Paul II. (1978-2005), der den Bischöfen El Salvadors 1982 geschrieben hatte, Versöhnung sei "eine Übereinkunft zwischen Brüdern, die bereit sind, die Versuchungen des Egoismus zu überwinden und das Streben nach Pseudogerechtigkeit aufzugeben". "Jede Friedensbemühung ohne eine ehrliche Verpflichtung zur Versöhnung wird scheitern", warnte Franziskus.
Versöhnung sei möglich, weil Jesus "mit euch (ist) alle Tage bis zum Ende der Welt", erinnerte der Papst an eine Bibelstelle aus dem Matthäusevangelium. Dieses Versprechen verwirkliche sich auch in Kolumbien, etwa in den beiden neuen Seligen Jaramillo und Ramirez. Sie seien "Ausdruck eines Volkes, das dem Morast der Gewalt und des Grolls entkommen will".
Zum am Freitag gefeierten Fest Mariä Geburt nannte Franziskus den Gläubigen auch Maria und Josef als Vorbild. Durch Maria und ihre Herkunft aus dem Volk Israel sei klar, dass im Blut Jesu "die Geschichte der Gerechten und der Sünder fließt, unser Heil kein steriles Heil aus dem Labor ist". Und in einer Welt, "in der die psychische, verbale und körperliche Gewalt gegenüber der Frau offenkundig ist", sei Josef, der Maria nicht verstieß, das Vorbild "eines respektvollen und feinfühligen Mannes".
Indigene begrüßen Franziskus
Der Freitag stand bei der Kolumbienreise des Papstes unter dem Thema der nationalen Versöhnung. Franziskus war am Morgen, aus Bogota kommend, in Villavicencio eingetroffen. Die Seligsprechungsmesse war einer der Höhepunkte des Papstbesuchs. Auf dem Weg zum Veranstaltungsort Catama warteten viele Gläubige am Straßenrand, zwischenzeitlich stoppte die Menschenmenge das Papstauto. Auf dem Veranstaltungsgelände wurde dem Papst ein Sombrero überreicht.
Zu Beginn der Messe wurde der Papst von Vertretern indigener Völker der Region Llanos Orientales in traditioneller Kleidung begrüßt. Unmittelbar nach dem Gottesdienst begegnete der Papst in der Sakristei Flutopfern aus der Stadt Mocoa, die im Frühjahr von schweren Überschwemmungen getroffen wurde bei denen mehr als 300 Menschen starben. Franziskus übergab dem örtlichen Bischof auch eine Spende.
Am Feitagnachmittag (Ortszeit) lädt der Papst zu einem nationalen Versöhnungsgebet, zu dem neben Gewaltopfern des Bürgerkriegs auch Ex-Guerillos und -Milizionäre erwartet werden. Erst im vergangenen Jahr hatten sich die kolumbianische Regierung und die linke FARC-Guerilla nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg auf die Umsetzung eines Friedensplans verständigt. Die kolumbianische Gesellschaft ist jedoch über den Umgang mit der militanten Vergangenheit und die Integration der früheren Kämpfer tief gespalten. Die Rede des Papstes wird daher mit Spannung erwartet.
Anschließend begibt sich Franziskus in den nahe gelegenen Stadtpark von Villavicencio, den "Parque de los Fundadores". Dort wurde 2012 ein Kreuz aufgestellt, das an die Opfer des Bürgerkriegs erinnert; an dem "Kreuz der Versöhnung" ist ein stilles Gebet vorgesehen. Begleitet werden soll der Papst dabei von einer Gruppe von Kindern sowie von Indigenen. Danach reist Franziskus in die Hauptstadt Bogota zurück.
Quelle: kathpress