"Fakten helfen": Zahl der Unterstützer wächst
Mit der früheren Familienstaatssekretärin Christine Marek hat die laufende parlamentarische Bürgerinitiative "Fakten helfen" weitere prominente Unterstützung bekommen. Die Politikerin stellt sich hinter die Forderung nach einer Statistik und Motiverhebung zu Abtreibungen, da nur auf Basis solcher Fakten die organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen so verbessert werden könnten, "dass die Entscheidung für oder gegen ein Kind nicht durch unzureichende Unterstützung von vornherein negativ ausfällt", wie Marek laut einer Aussendung der "Aktion Leben" am Mittwoch betonte.
Ein besonderes Augenmerk legt die frühere Staatssekretärin auf eine "ergebnisoffene Beratung" im Vorfeld, die optimale und notwendige Basis für die dann zu treffende Entscheidung sei. Denn Schwangerschaftsberatung sei nur dann erfolgreich und zu unterstützen, "wenn sie den Betroffenen sämtliche Möglichkeiten sensibel und objektiv aufzeigt und dadurch eine freie und unbeeinflusste Entscheidung im vollen Bewusstsein der Konsequenzen ermöglicht".
Im Wortlaut: Christine Marek |
Die Fristenregelung – der straffreie Schwangerschaftsabbruch – ist in Österreich seit 1973 in Kraft und steht ganz klar außer Streit. An der Fristenregelung ist nicht zu rütteln.
Allerdings gibt es zentrale Herausforderungen im Bereich der begleitenden Maßnahmen, denn eines müssen wir uns stets vor Augen führen: Die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch ist irreversibel. Deshalb ist es so wichtig, dass die Entscheidung gegen ein Kind erst nach Abwägung aller Möglichkeiten getroffen wird, denn keine Frau macht sich diese Entscheidung leicht. Dazu braucht es die bestmögliche Beratung und Informationsnetze sowie optimale finanzielle und organisatorische Rahmenbedingungen, damit die Entscheidung für oder gegen ein Kind nicht durch unzureichende Unterstützung von vornherein negativ ausfällt. Dabei ist eine Hürde bereits die, dass viele Betroffene gar nicht wissen, welche Stellen dabei ergebnisoffene Beratung anbieten, die optimale und notwendige Basis für die dann zu treffende Entscheidung ist. Denn Schwangerschafts(konflikt)beratung ist nur dann erfolgreich und zu unterstützen, wenn sie den Betroffenen sämtliche Möglichkeiten sensibel und objektiv aufzeigt und dadurch eine freie und unbeeinflusste Entscheidung im vollen Bewusstsein der Konsequenzen ermöglicht.
Nach Expertenschätzungen gibt es in Österreich 30.000 bis 40.000 Schwangerschaftsabbrüche, das bedeutet dass jedes zweite bis dritte Kind nicht zur Welt kommt. Demnach wäre Österreich ein Land mit einer der höchsten Zahl an Abtreibungen. Konkrete Zahlen dazu fehlen, da es in Österreich keine statistische Erhebung über Schwangerschaftsabbrüche gibt. Damit fehlen auch sämtliche Informationen, die notwendig wären, um die Rahmenbedingungen zielgerichtet zu verbessern. Österreich ist damit neben Luxemburg eines von zwei EU-Ländern, die nach wie vor über keine statistische anonyme Erhebung der Schwangerschaftsab-brüche verfügt und somit auf konkrete Daten zur Verbesserung der Rahmenbedingungen bewusst verzichtet.
Gerade in diesem so schwierigen Bereich müssen Ärzte aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen keinerlei Informationen und Dokumentationen erstellen und weitergeben, wogegen sonst selbst bei kleinsten Eingriffen detailliert dokumentiert werden muss. Dies ist auch im Sinne der Qualitätssicherung für die Betroffenen selbst so nicht länger akzeptabel.
Die Argumente gegen eine anonyme statistische Erhebung und Auswertung der Schwangerschaftsabbrüche sind leicht zu entkräften. Von den Gegnern wird vorgebracht, dass eine Frau vor einer beabsichtigten Abtreibung ohnehin in einer psychischen Ausnahmesituation und eine Befragung nach Motiven daher usw. nicht zumutbar sei. Dies ist völlig aus der Luft gegriffen, da es auch um Daten wie Alter, Familiensituation oder Wohnregion geht, die der Arzt ja auch ohne Befragung der Frau im Wesentlichen kennt wenn er den Abbruch vornimmt – bereits diese Informationen sind für eine anonymisierte statistische Erhebung ganz wesentlich. Abgesehen davon ist anzunehmen, dass ein Arzt vor dem Eingriff auf jeden Fall ein Gespräch mit der betroffenen Frau führt, im Zuge dessen er in der Regel Näheres über die Motive, die zu der Entscheidung geführt haben, erfährt. Selbstverständlich darf eine Frau, die tatsächlich in einer für sie ausgesprochen schwierigen Situation ist, nicht unter Druck gesetzt werden, um nähere Informationen zu Motiven usw. zu erhalten. Der Datenschutz ist in jedem Fall sicherzustellen.
Nur wenn die entsprechenden Daten und Fakten vorliegen, können daraus wesentliche und zentrale Erkenntnisse gewonnen und Rückschlüsse auf die Gründe die zu einer Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch führen bzw. geführt haben gezogen werden. Diese Fakten sind DIE Basis für konkrete Maßnahmen, die die Politik zu setzen hat – denn nur wer die Fakten kennt kann die entsprechenden Maßnahmen setzen und Rahmenbedingungen verbessern. Diese Fakten sind damit unverzichtbare Grundlagen für verantwortungsvolles Handeln.
Christine Marek Familienstaatssekretärin a.D. |
Treffen die Expertenschätzungen von jährlich 30.000 bis 40.000 Abtreibungen pro Jahr zu, wäre Österreich eines jener europäischen Länder, in denen pro Jahr die meisten Schwangerschaftsabbrüche stattfinden. Mit seiner abwehrenden Haltung gegen die Erhebung von Daten stehe Österreich europaweit relativ alleine: Nur noch Luxemburg verfüge laut Marek über keine statistische anonyme Erhebung zu Schwangerschaftsabbrüchen.
Kein Verständnis hat Marek für den Einwand, Frauen seien vor einer beabsichtigten Abtreibung in einer psychischen Ausnahmesituation und Befragungen daher unzumutbar. Dies sei "völlig aus der Luft gegriffen", da der behandelnde Arzt ohnehin über die notwendigen Daten, wie etwa Alter, Familiensituation oder Wohnort, verfügen würde. "Abgesehen davon ist anzunehmen, dass ein Arzt vor dem Eingriff auf jeden Fall ein Gespräch mit der betroffenen Frau führt, im Zuge dessen er in der Regel Näheres über die Motive, die zu der Entscheidung geführt haben, erfährt", so die Politikerin.
Bei invasiven Eingriff längst Regel
Dass in Österreich "jede Hüft- und Knieoperation, jede Blinddarmentfernung" nach klaren Vorgaben einem Zentralregister gemeldet werden muss, gab die Wiener Chirurgin Hildegunde Piza zu bedenken, die ebenfalls von der "Aktion Leben" als Unterstützerin angeführt wird. Ein Schwangerschaftsabbruch sei ebenfalls ein invasiver Eingriff, "noch dazu einer mit einer hohen psychischen und sozialen Komponente sowie schwerwiegenden, mitunter auch seelischen Folgen für die Betroffenen." Die statistische Erfassung sei hier laut Piza "mehr als vernünftig".
Mit der bis 15. Dezember 2014 laufenden Bürgerinitiative will der überkonfessionelle Verein "Aktion Leben" die gesetzliche Verankerung einer jährlichen anonymen Erhebung von Abtreibungszahlen und eine regelmäßige Erforschung der Motive für Schwangerschaftsabbrüche erreichen. Die österreichischen Bischöfe unterstützen die Petition.
Weitere Informationen unter www.fakten-helfen.at