Kirche darf keine "Verbots-Institution" sein
Gegen eine Kirche, die z.B. im Bereich der Sexualität als "Verbots-Institution" auftritt, hat sich der Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, gewendet. In einem Interview der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" antwortete er auf die Frage, weshalb junge Menschen die Kirche als "unsexy" empfinden, diese habe womöglich "Angst vor den Problemen der jungen Leute". Junge würden vielfach unbequeme Fragen stellen, "und da erscheint gerade auf dem Boden der Sexualität die Kirche als Verbots-Institution", so der aus Deutschland stammende höchstrangige Benediktiner. Nachsatz: "Mit so etwas möchte auch ich nichts zu tun haben."
Der kritische Zugang junger Menschen zur kirchlichen Sexualmoral sollte nicht "so tragisch" genommen werden, plädierte Wolf. Sexualität sei letztlich "ein Geschenk Gottes", das die Verbindung von Menschen bedeutet. Werde stattdessen moralische Enge vermittelt, sei die Konsequenz: "Die Jungen schalten ab, suchen ihr Heil woanders." Und die Kirche werde nicht als "Ort des Glaubens und der Hoffnung" erlebt.
Abtprimas Wolf setzt - wie er erklärte - große Hoffnungen in Papst Franziskus, wenn es um ein neues Kirchenbild geht. Wichtiger als Strukturreformen sei es, "die Menschen mit den Augen Gottes zu sehen" und Barmherzigkeit als dessen vorrangige Botschaft zu erkennen. Kritischen Anfragen, warum der Papst noch keine Strukturen verändert habe, setzte der Benediktiner entgegen: "Strukturen haben noch nie Leben erzeugt! Was wir brauchen, ist ein neuer Umgang miteinander."
Papst Franziskus schüttle "keine Lösungen aus dem Ärmel", diese müssten sich im gemeinsamen Gespräch ergeben, wie jetzt im Vorfeld der Bischofssynode über Familienfragen. "Da wird leicht auf oberflächliche Fragen reduziert", bemängelte Wolf: "Sind denn Schwulen-Ehen wirklich das höchste der Gefühle? Ist Conchita Wurst der Gipfel abendländischer Kultur? Müssen wir das alles wollen?" Der Abtprimas dazu: "Wie viel Intoleranz kommt in diesen Fragen durch! Die Intoleranz der 'moralisch Korrekten' ist fast wie eine moderne Inquisition, das ist kein Dialog."
Über Franziskus und dessen Stil sagte Wolf wörtlich: "Dass ich diesen Papst noch erleben darf! Da geht es mir fast wie dem greisen Simeon im Lukasevangelium." Beim Papst sehe er zwei hervorstechende Eigenschaften: "Erstens ist er ein ganz normaler Mann, der Gespür für das menschliche Leben hat und Gespür für Gemeinschaft. Und dann seine entwaffnende Ehrlichkeit, die aus dem Evangelium kommt."
Kirchenmusik "darf nicht kastriert klingen"
Dass auch ihm diese Qualität nicht fremd ist, bewies der immer wieder auch als Rockmusiker in Erscheinung tretende Wolf - er spielt Gitarre und Querflöte - mit seinen Bemerkungen zur Kirchenmusik: Diese "darf nicht kastriert klingen". Der Benediktiner-Abtprimas bekannte sich zu seiner Freude über jedwede Art von Musik, sie müsse nur gut sein. Jüngst habe er bei einem Benefizkonzert in Bayern darüber gestaunt, dass alle im Publikum "Highway to Hell", den Song der australischen Rock-Band AC/DC kannten und laut und auswendig mitsangen. "Wenn man doch unsere Kirchenlieder so gut könnte!", merkte Wolf an. "Aber die sind oft lahm, begeistern nicht, reißen niemanden vom Hocker."
Christlich motivierte Gelassenheit und Abwendung vom heute verbreiteten Selbstmitleid legte Abtprimas Wolf den Lesern des Kärtner "Sonntag" abschließend besonders ans Herz. Es gelte sich bewusst zu machen, "dass man gar nicht so wichtig ist, wie man meint". Und weiter: "Wichtig sind wir vor Gott, der nimmt uns ernst und mag uns. Und damit bin ich auch wichtig für andere. Aber die Unentbehrlichen liegen bei uns alle auf dem Friedhof, und es geht trotzdem weiter."
Quelle: kathpress