Trauer in der Gesellschaft mehr Raum geben
Für einen bewussteren und offeneren Umgang mit dem Thema Trauer in der Gesellschaft hat sich Caritas-Präsident Michael Landau ausgesprochen. "Trauer ist nichts Pathologisches, sondern zutiefst menschlich. Dafür muss in der Gesellschaft, aber auch im Leben des einzelnen Menschen bewusst Raum geschaffen werden", betonte Landau am Dienstag bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen eines Fachsymposions der im Vorjahr gegründeten "Bundesarbeitsgemeinschaft Trauerbegleitung" (BAT) zum Thema "Trauer Leben" im Wiener Kardinal-König-Haus vor über 150 Teilnehmern.
Mit der Gründung der BAT vor einem Jahr habe man laut Landau bewusst versucht, das Thema Trauer ein Stück weit in die Gesellschaft hineinzutragen, um "Tabus zu brechen und eine Kultur des Lebens zu befördern, zu der auch eine Kultur des Sterbens dazugehört: Eine Kultur der Solidarität mit den Sterbenden bis zum Schluss, aber auch eine Kultur der Solidarität mit den Trauernden, die ein Recht darauf haben, ihre Trauer individuell zu leben, weil Trauer so verschieden ist wie die Menschen."
1970 habe die Caritas erste Lebens-, Sterbe- und Trauerkurse angeboten, heute gebe es auf diesem Gebiet eine Vielzahl von Angeboten unterschiedlicher Qualität. Neben der Vernetzung, dem Erfahrungsaustausch und der Bewusstseinsbildung versuche die BAT, so Landau, hier einen Überblick zu schaffen und Qualitätskriterien zu entwickeln.
Caritas-Präsident Michael Landau zum Thema Trauer
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Reine "Symptomantworten" würden aber nicht genügen, betonte der Caritas-Präsident. Neben Bewusstseinsbildung und der Schaffung von Angeboten sei auch förderliche Strukturen und Rahmenbedingungen notwendig. Besonders deutlich werde das bei der Hospiz- und Palliative Care-Versorgung, zu der leistbarer und leichter Zugang österreichweit sichergestellt werden müsse. Die öffentlichen Stellen sollten bereit sein, die finanziellen Rahmenbedingungen und Strukturen zur Verfügung zu stellen, so der Appell Landaus, der zudem einmal mehr auf eine bundesweit gesicherten Regelfinanzierung pochte.
Trauer weiter ein Tabu
Die Caritas der Erzdiözese Wien hat mit der "Kontaktstelle Trauer" seit acht Jahren eine eigene Anlaufstelle für Trauernde. "Trauernde können sich bei uns einzeln oder in Gruppen begleiten lassen. Wir bieten Wanderungen, Spaziergänge, Tanzgruppen oder Kochgruppen an", so deren Leiterin Poli Zach-Sofaly. In der Kontaktstelle sind derzeit drei hauptamtliche und 15 ehrenamtliche Mitarbeiter tätig.
Der Arbeitsalltag mache deutlich, dass Trauer noch immer ein Tabuthema in der Gesellschaft sei, betonte Zach-Sofaly. Mit der Tabuisierung gehe auch ein "Nicht-Wissen" rund um das Thema einher, das oft zu einer Verunsicherung der Trauernden aber auch ihrer Angehörigen führe.
Die Tabuisierung der Trauer in der Gesellschaft konstatierte auch der Generalsekretär des Roten Kreuzes (ÖRK), Werner Kerschbaum. Das ÖRK versuche vor allem über das Angebot der Krisenintervention in die Trauerbegleitung einzusteigen, seit 2000 mit österreichweiten dafür spezialisierten Teams. "Heute wird das Hilfsangebot selbstverständlich angenommen und der Ruf nach professioneller Betreuung in einer Krisensituation immer lauter", so Kerschbaum.
Symbole neu fruchtbar machen
Sepp Winklmayr, Direktor der Pastoralen Dienste der Diözese St. Pölten, verwies auf die Verantwortung der Pfarren im Bereich der Trauerbegleitung. Gerade die Kirche verfüge über einen großen Fundus an Trauerritualen und -symbolen. Winklmayr beklagte eine Tendenz, diesen reichen Fundus als "unzeitgemäß und lächerlich abzustempeln". Hier brauche es einen Paradigmenwechsel und eine neue Deutung und Fruchtbarmachung dieser Symbole und Rituale.
Die "Bundesarbeitsgemeinschaft Trauerbegleitung" wurde 2013 vom Bildungszentrum der Jesuiten, Caritas Wien und Österreich, Dachverband Hospiz, den Pastoralamtsleitern und vom ÖRK ins Leben gerufen und will durch Kooperation und Qualitätskriterien für Ausbildung von Trauerbegleitung in Österreich eine gemeinsame Basis schaffen. Im Rahmen des ersten Symposiums der BAT gab die deutsche Trauerexpertin Mechthild Schroeter-Rupieper Einblicke in die Trauerarbeit mit Kindern, zudem sprach die Schweizer Psychologin Verena Kast über "Komplizierte Trauer".