"Frischzellen" der Kirche ans Tageslicht holen
Viele einzelne Christen und kleine christliche Gemeinschaften sind "Frischzellen" von Österreichs Kirche, die oft von "Abbrüchen und Umbrüchen" geprägt ist: Das hat der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari im Stift St. Lambrecht erklärt, wo am Sonntag Kirchweihfest gefeiert wurde. Die "vielen neuen Aufbrüche" in Gesellschaft und Kirche seien oft verborgen und würden deshalb übersehen. Angesichts heutiger Herausforderungen sollten sie jedoch ruhig schneller und bewusster an die Öffentlichkeit treten, forderte der Bischof in seiner Predigt.
Kapellari zufolge versetze der rasche Wandel alle Menschen in eine Spannung, die belastend sein könne und auch bei Christen oft zu Reaktionen wie Aggression, Depression oder Gleichgültigkeit führten. Zugleich könne die Spannung jedoch beleben und zu Aufbrüchen auch in der Kirche verhelfen. Für diese sei nach außen getragenes christliches und zumal auch spezifisch katholisches Selbstbewusstsein "dringendes notwendig und auch möglich", so der Bischof; gebieten würden dies die Herausforderungen durch Säkularisierung und den vielgestaltigen Islam in der heutigen pluralistischen Gesellschaft Europas.
Die katholische Kirche in Österreich sei "die weitaus älteste und auch heute trotz mancher Schrumpfungen zahlenmäßig größte Gemeinschaft des Landes" und trage enorm zu Stabilität und Vitalität der ganzen Zivilgesellschaft hervor, betonte Kapellari. Alte Kirchen und Klöster mit ihren "schön gefügten, tragfähigen Steinen" seien "Schatzhäuser christlicher Kunst" und Ausdruck für die prägende Kraft des christlichen Glaubens in vergangenen Epochen. Auch die jeweils junge Generation müsse man mit ihnen vertraut machen, "damit es nicht zu einem schrecklichen Kulturbruch in nicht ferner Zukunft kommen kann", so der Bischof.
Als "Laboratorien" für ein lebendiges Miteinander in Kirche und Zivilgesellschaft würdigte der Diözesanbischof den steirischen "Tag der Region" der Dekanate und Pfarren zwischen den Stiften Seckau und St. Lambrecht, der Samstag stattgefunden hatte. Kapellari: "Die Kirche erweist sich hier einerseits als die älteste Gemeinschaft unseres Landes und zugleich als jung und lebendig so wie ein alter Baum, der immer neue Äste, Zweige, Blüten und Früchte hervorbringt, obwohl immer wieder durch Dürre oder Sturm Äste verdorren oder abbrechen."