Landau: "Bildung ist beste Armutsprävention"
Die kürzlich von der Industriellenvereinigung (IV) gestartet Bildungsinitiative "Neustart Schule" bekommt kirchliche Unterstützung: Caritas-Österreich und das evangelische Hilfswerk Diakonie begrüßen das Anliegen der Initiative, dem "Bildungs-Stillstand ein Ende zu setzen".
Gemeinsam mit anderen Bildungsinitiativen, Bildungsinteressierten und der österreichischen Bevölkerung solle auf die Politik eingewirkt werden, eine grundlegende Neukonzeption des Bildungssystems anzugehen. Denn "Bildung schützt wesentlich vor Armut", so Caritas-Präsident Michael Landau in einer Aussendung.
Der kausale Zusammenhang zwischen Armut und Bildung ist in Zahlen ausdrückbar. Laut Caritas sind 21 Prozent der Pflichtschulabsolventen armutsgefährdet, während es unter den Personen mit Matura nur neun Prozent sind.
Ein weiteres Zeichen für die direkte Beziehung zwischen Armut und Bildung lieferten die Arbeitslosenzahlen. Mehr als die Hälfte der arbeitslosen Wiener hätten maximal einen Pflichtschulabschluss, und österreichweit lebten schon heute neun Prozent der Personen mit Pflichtschulabschluss in manifester Armut. Im Vergleich dazu: Unter den Maturanten seien es lediglich drei Prozent, heißt es in der Aussendung weiter.
Untragbar sei auch die Tatsache, dass in Österreich "Bildungsarmut noch immer vererbt wird", mahnte Landau. Während aus bildungsfernen Schichten nur 15 von 100 Kindern nach der Volksschule an ein Gymnasium wechseln, seien es in Akademikerfamilien hingegen 69 von 100.
Eine deutliche Sprache würden auch die Studierendenzahlen sprechen: der Anteil der Studierenden aus niedrigen sozialen Schichten betrage lediglich 18 Prozent. "Bildung ist das Transportmittel für bessere Lebenschancen", so der Caritas-Präsident. Jedes Kind müsse daher ein Recht auf optimale Unterstützung und Förderung haben und auf "die Bildungsreise mitgenommen werden, damit kein Talent und keine Begabung verloren geht".
Diakonie: Inklusive Schule muss gefördert werden
Diakonie-Direktor Michael Chalupka hob in einer Aussendung (Mittwoch) vor allem das Thema inklusive Bildung hervor: "Denn in der inklusiven Schule lernen die schwächeren Schüler von den stärkeren, und die stärkeren profitieren von den speziellen Lernsituationen und entwickeln soziale Kompetenzen, die später im Arbeitsleben gebraucht werden". Bisher verlaufe die Debatte um die Schulpolitik in Österreich aber noch ohne den Gedanken der Inklusion, kritisierte der Diakonie-Direktor.
Derzeit gebe es noch viele Lücken in der inklusiven Bildung: Kinder mit Behinderung seien vom verpflichtenden Kindergartenjahr ausgenommen. Die Nachmittagsbetreuung an Schulen werde zudem nur ohne Integrations-Stützkraft angeboten, so dass Kinder mit Behinderung nur bis 13 Uhr in die Schule gehen können. Und auch der Besuch von integrativen Klassen sei per Gesetz nur neun Jahre möglich - integrativ geführte Oberstufen würden derzeit nur als Schulversuch in wenigen Schulen geführt.
Initiative "Neustart Schule"
In einer ersten Phase soll auf der Online-Plattform www.neustart-schule.at die Meinung der Bevölkerung zur Lage des Bildungssystems sondiert werden. Ziel sei, die Zukunft von Bildung zu thematisieren und so eine Breitenwirkung zu erreichen, die auch die Politik nicht mehr ignorieren könne, so die Initiative auf ihrer Homepage. Via Online-Formular können Sympathisanten auf der website ihre Unterstützung abgeben.
Auf www.neustart-schule.at werben neben IV-Vertretern auch Weggefährten aus der Zeit des Bildungsvolksbegehrens für die Anliegen der Initiative: So outen sich u.a. der damalige Initiator und Ex-SP-Vizekanzler Hannes Androsch, der frühere VP-Landesschulratspräsident Bernd Schilcher und Ex-AHS-Direktorin Heidi Schrodt als Unterstützer der Initiative. "Neustart Bildung" wird außerdem von der Bildungs-NGO "Jedes Kind" und dem Verein "Wirtschaft für Integration" mitgetragen.
Auch Ex-VP-Bundesrat Andreas Schnider, Wirtschaftskammer-Bildungsexperte Michael Landertshammer, Fachhochschulkonferenz-Generalsekretär Kurt Koleznik, der frühere Leiter der Lehrerausbildungs-Reformkommission Peter Härtel, Kindergarten-Lobbyistin Raphaela Keller und Martin Schenk von der Armutskonferenz zählen zu den Unterstützern.