Pro Oriente wichtig für Christen in Nahost
Die ökumenische Stiftung Pro Oriente feiert dieser Tage ihr 50-Jahr-Jubiläum. Aus Anlass des Jubiläums hat die Stiftung die Publikation "Denkwerkstatt Pro Oriente - Erfolgsgeschichte eines Ost-West-Dialogs" mit einer Rückschau auf 50 Jahre Ostkirchen- Ökumene und einem Ausblick auf kommende Herausforderungen herausgegeben. Zahlreiche Persönlichkeiten - Kardinal Christoph Schönborn, Bundespräsident Heinz Fischer, Patriarch Bartholomaios I., Kurienkardinal Kurt Koch und der koptische Papst-Patriarch Tawadros II. - würdigen das Wirken der Stiftung.
Der Wiener Erzbischof erinnert dabei auch an die dramatische Situation der verfolgten Christen im Nahen Osten. Wörtlich spricht Schönborn spricht von einem "Ökumenismus des Blutzeugnisses", mit dem Pro Oriente in seiner Arbeit "massiv konfrontiert" sei.
Pro Oriente sei damit in den vergangenen Jahren verstärkt eine Rolle als Anwalt für das Lebensrecht und den Anspruch auf gleichberechtigte Bürgerschaft für die Christen im Nahen Osten zugewachsen, so der Kardinal. Er verweist auch auf das im kommenden Jahr anstehende 100-Jahr-Gedenken an den Völkermord im Osmanischen Reich an den Armeniern und Christen syrischer Tradition. "Mit Trauer, Wehmut, Schmerz und Empörung müssen wir jetzt miterleben, dass die damals noch verschont gebliebenen Teilbereiche des orientalischen Christentums von dem gleichen Terror bedroht sind", so Schönborn wörtlich.
Bundespräsident Heinz Fischer betont in seinem Grußwort, dass die Bedeutung der Stiftung weit über den kirchlich-religiösen Bereich hinausreicht. Fischer spricht von einer "Friedensinitiative". Wörtlich hält er fest: "Es stimmt schon, die Weltpolitik war nicht das Thema der Stiftung Pro Oriente. Aber allein schon in ihrem Namen und in ihrer Methodik stellte die Stiftung ein Gegenbild zur Strategie von Macht und Gewalt dar."
Bei seinem Besuchen in Ländern des Orients begegne er immer wieder Persönlichkeiten, die den Namen Österreich mit dem Hinweis auf die Tätigkeit der Stiftung verbinden würden. Pro Oriente trage damit auch wesentlich zur positiven Ausstrahlung Österreichs in vielen Teilen der Welt bei, so der Bundespräsident.
Er sehe zudem in der Arbeit der Stiftung auch ein Bestätigung des österreichischen Weges des Miteinanders von Staat und Kirche bzw. Religionsgemeinschaften: Unter Wahrung des Respekts und der wechselseitigen Unabhängigkeit gebe es dennoch ein breites Feld der Zusammenarbeit im Dienst des Einzelnen und des Gemeinwohls, "das alle Menschen umfasst, die in unserem Land leben".
Koch: Spaltung überwinden
Lobende Worte kommen auch vom Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch: Die Stiftung Pro Oriente habe durch ihre Arbeit wesentlich zur Einsicht beigetragen, dass zwischen den Kirchen des Westens und im Osten weniger Fragen der Glaubenslehre stünden als vielmehr tiefe Verwundungen des geschichtlichen Gedächtnisses, die zu einer gegenseitigen Entfremdung führten. Die historischen Differenzen seien im Sinne von verschiedenen legitimen Ausfaltungen des einen apostolischen Glaubens im Osten und im Westen zu verstehen.
Koch weiter: "Unter allen christlichen Kirchen stehen uns Katholiken die Ostkirchen zweifellos am nächsten. Beide haben die gleiche altkirchliche Struktur bewahrt, und beide sind alte Kirchen, so dass man eigentlich nicht von zwei Kirchen, sondern nur von der einen Kirche in Ost und West sprechen kann." Katholiken und Ostkirchen seien herausgefordert, die große Spaltung zu überwinden und die Kommuniongemeinschaft wieder aufzunehmen, fordert Kardinal Koch.
Bartholomaios: "Laboratorium der kirchlichen Einheit"
Pro Oriente habe sich als "Laboratorium der kirchlichen Einheit" erwiesen, schreibt das orthodoxe Ehrenoberhaupt - der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. - in seinem Grußwort. Neben der Arbeit auf wissenschaftlichem Gebiet habe sich die Stiftung vor allem auch durch die Förderung persönlicher Beziehungen Verdienste erworben. Auch in Zukunft solle die Stiftung sowohl eine Plattform des theologischen Austausches wie auch ein Ort der Begegnung von Menschen verschiedener Kulturen und Traditionen sein.
Wörtlich schreibt der Patriarch: "Es ist Zeit für mutige Schritte, die das Niveau des Austausches von Höflichkeiten übertreffen und die den anderen nicht mit Hochmut oder Distanz betrachten sondern als gleichwertigen Bruder respektieren." Er hoffe zudem, so Bartholomaios, dass sich künftig auch verstärkt junge Menschen in die Arbeit der Stiftung einbringen werden.
Tawadros II.: Gemeinsamer Glaube
Den gemeinsamen Glauben von Ost- und Westkirche hebt auch der koptisch-orthodoxe Papst-Patriarch Tawadros II. hervor. Die Bemühungen von Pro Oriente hätten dazu beigetragen, dass die katholische Kirche und die orientalisch-orthodoxen Kirchen terminologische Missverständnisse der Vergangenheit aufarbeiten konnten. Wenn auch Begriffe und theologische Konzepte mitunter unterschiedlich seien, gehe es doch um den gleichen gemeinsamen Glauben, hält Tawadros II. in seinem Grußwort fest.
Er zeigt sich zugleich zuversichtlich, dass es durch die zahlreichen kontinuierlichen Tagungen und Dialog-Veranstaltungen gelingen werde, immer mehr zu einer gemeinsamen Sprache zu finden, mit der der gemeinsame Glaube an Christus zum Ausdruck kommt.
Festgottesdienst und Festakt am 8. November
Höhepunkt der Pro Oriente-Jubiläumsfeiern ist am 8. November ein ökumenischer Festgottesdienst in der Wiener Schottenkirche (10 Uhr) und ein anschließender Festakt in der Universität Wien (11.30 Uhr). Dabei werden u.a. Kardinal Christoph Schönborn, Kardinal Kurt Koch, der Patriarch Bartholomaios und Patriarch Tawadros II. das Wort ergreifen. An den chaldäisch-katholischen Patriarchen Louis Raphael I. Sako und an Kardinal Kurt Koch wird beim Festakt der Titel "Protektor der Stiftung Pro Oriente" verliehen werden. Ob Patriarch Sako persönlich nach Wien reisen kann, steht derzeit noch nicht fest.
Infos: www.pro-oriente.at