Fortpflanzungsmedizin: Kritik innerhalb der ÖVP
Bei der geplanten Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes gehen auch innerhalb der ÖVP die Meinungen weit auseinander: Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg hat am Donnerstag im Ö1-"Mittagsjournal" erklärt, er werde den Plänen von SPÖ-Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser und ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter in ihrer jetzigen Form nicht zustimmen. Signale der Parteispitze deuten darauf, dass der Klubzwang bei der Abstimmung im Parlament aufgehoben wird.
Huainiggs Hauptkritikpunkt am Gesetzesvorschlag ist die beschränkte Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID). Wie er erklärte, werde hier schon Leben "in wertes und unwertes Leben" unterschieden. Im Falle einer Lockerung würden sich Eltern irgendwann damit nicht mehr zufrieden geben, worauf dann in einem weiteren Schritt eine Ausdehnung des Gesetzes bevorstehe, wie dies bereits in Großbritannien geschehen sei. Huainigg: "Dann geht es um das Geschlecht, um die Augenfarbe, um den perfekten Mensch, der intelligent und glücklich sein soll. Doch Glück kann man nicht im Mikroskop sehen."
Er selbst werde PID sicher zumindest solange nicht zustimmen, "solange nicht auch bei Spätabtreibungen Änderungen kommen - wie etwa eine bessere fachliche Beratung betroffener Eltern", so der ÖVP-Behindertensprecher.
ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka gab an, persönlich noch keine Entscheidung für oder gegen das Gesetz getroffen zu haben. Wie er betonte, müsse eine Novellierung des Gesetzes, bei dem die Begutachtungsfrist am 1. Dezember endet und eine Abstimmung im Jänner vorgesehen ist, sowohl die Situation von Eltern mit bisher unerfülltem Kinderwunsch berücksichtigen als auch das Interesse der Kinder, "wie es ihnen dann geht".
Mitterlehner will "offene Diskussion" in ÖVP
Eine ÖVP-interne "offene Diskussion" zur Fortpflanzungsmedizin hatte zuvor bereits Parteichef Reinhold Mitterlehner gegenüber der "Presse" (Donnerstag) angekündigt. Bei dem "heiklen Thema" der Gesetzesnovelle, deren Formulierung sich an den Vorschlägen der Bioethikkommission orientiert habe, werde man vielleicht die Abstimmung im Klub freigeben, stellte der Vizekanzler in Aussicht. Dieser Zugang spreche für ihn auch für die Zukunftsorientierung einer Partei, denn "Denkverbote sind immer schlecht".
Scharfe Kritik an dem Gesetzesentwurf, der u.a. die Freigabe von Eizellenspende, Samenspende an lesbische Paare sowie in beschränktem Umfang auch Präimplantationsdiagnostik vorsieht, war zuvor vor allem aus der katholischen Kirche laut geworden, u.a. von den Bischöfen Klaus Küng und Stephan Turnovszky, der Katholische Aktion, dem IMABE-Institut, vom Katholischen Familienverband, dem Moraltheologen und Mediziner Matthias Beck und von der überkonfessionellen "Aktion Leben".
Online-Petition fordert Rücknahme
Eine an die zuständigen Ministerien gerichtete Online-Petition zum geplanten Gesetz hat indes die Lebenskonferenz - ein Verband von Vertretern von Kirchen und christlichen Bewegungen, kirchlicher und familienpolitischer Einrichtungen sowie Einzelpersonen - gestartet. Unter dem Motto "Kinderrechte statt Kinder um jeden Preis - Nein zum Entwurf des Fortpflanzungsmedizingesetzes" fordert die Initiative eine Rücknahme des Entwurfes, öffentliche Information und Diskussion über ihn und eine Überarbeitung.
Die Eizellspende führe dazu, dass Kinder von vornherein zwischen einer biologischen und einer genetischen Mutter stehen würden, zudem sei sie "ein gesundheitliches Risiko für Spenderin, Kinderwunschpatientin und Kind", heißt es im Petitionstext auf der Plattform "Citizengo.org". Die Präimplantationsdiagnostik sei besonders deshalb abzulehnen, da für sie bewusst mehrere Embryonen gezeugt würden, von sich denen nur die einer "bestimmten genetischen Erwartung" entsprechenden weiter entwickeln dürften, was "nie Therapie, sondern immer nur Selektion" sei.