Papstkritik an Kurie ist "Beichtspiegel" für alle
Jene kritischen Worte, mit denen sich Papst Franziskus vor wenigen Tagen - inner- und außerkirchlich vielbeachtet - an die vatikanische Kurie gewandt hat, sollten nicht nur von dieser ernst genommen werden. Das hat Kardinal Christoph Schönborn Mittwochmittag bei einem kurzen Besuch in der ORF-Sendung "Licht ins Dunkel" betont. Die Worte des Papstes seien "beeindruckend und mutig" gewesen, so Schönborn. Er wolle diese Rede zum Anlass nehmen, auch in der Erzdiözese Wien zu überprüfen, "wie gehen wir miteinander um, wie üben wir unseren Dienst für die Menschen aus". Er wolle das allen Betrieben oder auch den Ministerien ebenso empfehlen, sagte der Wiener Erzbischof. Wenn der Papst beispielsweise Geschwätz und üble Nachrede kritisiert, dann sei wie ein Beichtspiegel, der alle betreffe, betonte Schönborn.
Papst: "Glaubens-Alzheimer" und Geschwätzigkeit |
Papst Franziskus hat die Mitarbeiter der römischen Kurie zu einem unprätentiösen und uneitlen Dienst für die Kirche, zu Demut und Geschlossenheit aufgerufen. Bei seinem traditionellen Weihnachtsempfang für die leitenden Mitarbeiter des Vatikan warnte er vor 15 "Krankheiten", die zwar alle Menschen, aber auch Kuriale befallen könnten.
Dazu zählte er "glaubensmäßige Alzheimer-Krankheit", die die Bindung an Christus und die Heilsgeschichte vergesse, aber auch eine übertriebene Geschäftigkeit, die das eigentliche Ziel des pastoralen Dienstes aus den Augen verliere. Weiter wandte Franziskus sich gegen Rivalitäten, gegen materielles Gewinnstreben, gegen Geschwätzigkeit und gegen ein "Doppelleben" seiner Mitarbeiter.
Solche "Krankheiten" schadeten dem Dienst für die Kirche und der Zusammenarbeit in der Kurie, sagte der Papst vor den Kardinälen, Bischöfen, Prälaten und Laien-Mitarbeitern der vatikanischen Dikasterien. Dazu zählte er auch eine übertriebene Unterwürfigkeit gegenüber Vorgesetzten aus Kalkül für die eigenen Karriere, sowie die Versuchung, sich "unsterblich, immun oder auch unverzichtbar" zu fühlen.
Daher seien Umkehr und Buße sowie Selbstkritik in der Kurie notwendig, sagte Franziskus. Zu den Sünden zählte er weiter eine "mentale und geistliche Verhärtung", die jemanden zu einer funktionierenden Maschine, nicht aber zu einem "Mann Gottes" mache.
In seiner Weihnachtsansprache vor den Kurialen wandte sich der Papst ausdrücklich auch gegen eine "Planungswut". Natürlich seien gründliche Vorbereitungen immer notwendig, sie dürften aber nicht zu einem Abschotten gegenüber den Wirken des Heiligen Geistes führen.
Zugleich warnte Franziskus seine Mitarbeiter zu einer Abkapslung in Seilschaften, sowie vor schlechter Koordination, in der jeder für sich arbeite und sich nicht um ein harmonisches Zusammenwirken bemühe. Weiter kritisierte Franziskus Mitarbeiter, die stets mit "Leichenbittermiene" umhergingen und Trübsinn verbreiteten.
Vielen "Krankheiten" läge ursprünglich eine gute Absicht zugrunde, hob der Papst hervor. Wenn ein Anliegen sich aber verselbstständige, könne es zu einer Verzerrung und Versklavung führen und der Harmonie der Gemeinschaft schaden, so der Papst. |
Das zweite große Thema, auf das Kardinal Schönborn bei "Licht ins Dunkel" zu sprechen kam: das weltweite Flüchtlingselend. Der Wiener Erzbischof verdeutlichte das Ausmaß des "Dramas" mit zwei Solidaritätsreisen, die er im November in den Libanon und im Dezember in die Ukraine unternommen hatte. Im Libanon müssten 4,2 Millionen Einwohner 1,5 Millionen Flüchtlinge beherbergen und in der Ukraine gelte es akut rund 500.000 Binnenflüchtlinge zu versorgen.
Es brauche in Österreich eine gemeinsame Anstrengung von Staat, Kirche und Hilfsorganisationen wie der Caritas, um Menschen auf der Flucht eine neue Heimat zu geben, so Schönborn weiter. Er sei der Regierung dankbar für die Initiative, verstärkt Syrien-Flüchtlinge aufzunehmen.
In Syrien sei man von einem Frieden weiter entfernt denn je, so der Kardinal mit Verweis auf die IS-Terrormiliz, die unglaubliche Untaten verübe. Vielleicht könne aber zumindets das Ausmaß dieser Verbrechen für Politik wie auch Hilfsorganisationen noch mehr Anstoß sein, diesem Übel Einhelt zu gebieten.