Prediger sollen "Bibel und Leben verbinden"
Die Bemühungen von Papst Franziskus um gute Predigten hat der Wiener Pastoraltheologe Johann Pock bei der diesjährigen St. Pöltner Priesterstudientagung unterstützt. Eine Predigt solle "Herz, Verstand und Willen" der Menschen ansprechen und auf diese Weise "Bibel und Leben miteinander verbinden", sagte Pock am Mittwoch im Bildungshaus St. Hippolyt. Die Studientagung am 24. und 25. Februar mit Priestern, Pastoralassistenten und diözesanen Mitarbeitern stand heuer im Zeichen der diözesanen Initiative "Bibel.bewegt".
Der Anspruch der Heiligen Schrift an die Predigt sei, dass "Gott selbst zu seinem Volk spricht", betonte Pock in seinem Vortrag zum Thema "Von der Bibel zur Predigt". Deswegen dürfe der Prediger "dem Wort Gottes nicht im Weg stehen", sondern solle "es aufleuchten lassen". Die biblischen Texte seien so auszulegen, dass die Menschen "zur Gottesbegegnung ermutigt und hingeführt werden".
In einer Predigt dürften nicht nur exegetische Erkenntnisse weitergegeben werden, so Pock, sondern es gelte, "die Menschen zu begeistern, sich auf Gott einzulassen". Biblische Texte sollten "selbst zu Wort kommen", und nicht nur als "Aufhänger" dafür dienen, was der Prediger ohnehin von sich aus sagen wolle. "Ich soll den Text anders sagen, ohne dass etwas anderes gesagt wird."
Altes und Neues Testament als Einheit
Die Notwendigkeit die ganze Bibel, das Neue und das Alte Testament, ohne Abstriche als Heilige Schrift anzunehmen betonte Oliver Achilles, Referent für Neues Testament bei den Theologischen Kursen, in seinem Referat über die "Grundbotschaft der Bibel". "Das Gewebe der Schrift ist kunstvoll gesponnen", deswegen sei das Neue Testament ohne das Alte, die Bibel der Juden, nicht verständlich. Es gelte, die "Einheit der Schrift anzunehmen und neu zu entdecken".
Der wichtigste rote Faden in der Bibel sei "der erbarmende, barmherzige und gnädige Gott", so Achilles. Warum spreche die Bibel dann so viel über Gewalt, werde oft gefragt. Achilles: "Weil Gewalt ein zentrales Thema und Problem der Menschen ist. Die Schrift entzieht sich diesem schmerzhaften Thema nicht, sondern stellt sich ihm in beeindruckender Weise." Hinter den Gewalttexten stehe "eine massive Gewalterfahrung Israels" - nicht als Täter, sondern als Opfer. So dienten diese Texte auch der Aufarbeitung traumatisierender Erlebnisse und dem Versuch, diese auch heilsgeschichtlich einzuordnen.
Apokalypse als Hoffnung in der Krise
Weitere Referenten der Tagung waren der Wiener Alttestamentler Ludger Schwienhorst-Schönberger und der Trierer Bibelwissenschaftler Hans-Georg Gradl. Letzterer unternahm in seinem Vortrag eine Annäherung an das Buch der Apokalypse (Offenbarung) des Johannes. Für das Verständnis des schwierigen Textes sei es wichtig zu wissen, dass "biblische Apokalypsen immer in einer Krisensituation entstanden" seien. Dabei stehe stets Gott im Mittelpunkt: Wo kein Mensch mehr helfen kann, mitten im Untergang, könne nur noch Gott selbst retten. Mitten in einer "radikalen Krise" werde "auch die Hoffnung radikalisiert", so Gradl.
Die Apokalypse ziele auf das Hören ab, sei für das Vorlesen im Gottesdienst geschrieben worden. Deswegen entfalte Johannes die Heilsbotschaft nicht abstrakt und logisch, sondern mithilfe von Bildern, wie Gradl ausführte: "Es ist ein Bilderbuch für die Sinne." Das Ansprechen der Sinne sei die Methode des Apokalyptikers, die Erlösungsbotschaft erfahrbar zu machen. Die mächtige Bildsprache der Offenbarung enthülle einen "tiefen religiösen Wissensvorrat" für die Krise.
Schwienhorst-Schönberger sprach zum Thema "Damit die Bibel nicht ein Wort der Vergangenheit bleibt" und betonte neben der Bedeutung der historischen Kritik an der Heiligen Schrift auch die der geistigen Schriftauslegung. Es brauche ein Gesamtverständnis, unterstrich der Bibelwissenschaftler.
Zwischen geistlicher Schriftlesung und wissenschaftlicher Exegese sei zwar zu unterscheiden, aber nicht zu trennen, so Schwienhorst-Schönberger. Wenn der geistige Schriftsinn grundsätzlich aus der wissenschaftlichen Exegese verbannt werde, werde diese steril und geistlos. Zudem widerspreche eine solche Trennung dem biblischen Verständnis von Geschichte.