Verantwortung von Laien stärken
Angesichts des Priestermangels und der dadurch schwieriger werdenden pastoralen Versorgung der Pfarrgemeinden will die Diözese Linz die Laien in ihrer Verantwortung für die Pfarren stärken: In vier Broschüren, die am Dienstag in Linz im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert wurden, werden verschiedene praxiserprobte Leitungsmodelle von Pfarren und Dekanatsprozesse dargestellt, in denen auf die "geänderten Herausforderungen der heutigen Zeit" eingegangen wird, wie Generalvikar Severin Lederhilger bei der Präsentation laut einer Aussendung der Diözese Linz betonte. Die Pfarren bräuchten heute vor allem Klarheit, Mut, Offenheit und die Bereitschaft zum Teilen, verwies Lederhilger auf die gleichlautenden Titel der Broschüren.
Die 302 Priester Oberösterreichs sind derzeit durchschnittlich 65 Jahre alt. 168 von ihnen sind für eine einzige Pfarre zuständig, 93 für zwei Pfarren, 29 für drei und zwölf sogar für vier Pfarren. Als Reaktion darauf hat die Diözese Linz sogenannte "Dekanatsprozesse" angestoßen, welche fünf der 39 oberösterreichischen Dekanate derzeit durchlaufen und neun bereits abgeschlossen haben. Ziel sei der Austausch und die Vernetzung über Pfarrgrenzen hinweg sowie die Suche nach gemeinsamen Lösungen, was u.a. dazu geführt hat, dass heute bereits 100 der insgesamt 487 Pfarren der Diözese von haupt- oder ehrenamtlichen Laien geleitet werden, wie es in der Aussendung heißt.
Nach bisher starker Konzentration auf die Pfarrer sei es nun an der Zeit, auszudifferenzieren, was die Aufgabe der Priester, der Diakone und der Laien in den Gemeinden ist, so Lederhilger. Man wolle einen Perspektivenwechsel, damit bei der Seelsorge "nicht mehr nur vom Priester her, sondern auch von den Ehrenamtlichen" gedacht werde, so der Generalvikar: "Die Menschen müssen entdecken, dass sie selbst Kirche sind." Die Diözese sehe es als ihre Aufgabe, dafür Strukturen zu schaffen, und setze dabei "auf eine Vielfalt von Modellen, Strukturen und Ermutigungen".
Bei den "Seelsorgeteams" - 46 von ihnen gibt es bisher in Oberösterreich - übernehmen vier bis sechs Ehrenamtliche die Leitung ihrer Pfarrgemeinde und kümmern sich u.a. um Finanzen, Friedhof, Messgestaltung oder Firmvorbereitung, während ein Pfarrer regelmäßig zur Messfeier kommt. In Leonstein, wo dies bereits umgesetzt wurde, sei man "glücklich" über die nunmehrige Entwicklung der Pfarre, erklärte Seelsorgeteam-Mitglied Marilies Eckhart bei der Pressekonferenz am Dienstag. Freilich seien Geduld, Verständnis und Beharrlichkeit aufgrund der Vorbehalte und Ängste der Gläubigen nötig, und nur "Schritt für Schritt" wachse das neue Gemeindebild der Mitverantwortung aller für die Lebendigkeit des Glaubens.
Ein zweites Modell ist jenes der derzeit 54 oberösterreichischen Pfarrassistenten: Laien oder Diakone, die als angestellte Mitarbeiter die Pfarre gemeinsam mit einem Priester leiten, der als "Pfarrmoderator" jedoch meist nicht in der Gemeinde lebt. Das Zusammenspiel mit Pastoralassistent, Pfarrgemeinderat, anderen Initiativgruppen und den Gläubigen erfordere viel Aufeinander-Hören und aktives Angehen von Konflikten, betonte Anton Achleitner, Pfarrmoderator von Wels-St. Franziskus. Wie die dort tätige Pfarrassistentin Irmgard Lehner erklärte, sei sie als verheiratete Mutter dreier Kinder automatisch "nahe bei den Menschen" und könne dadurch auch viele zur Mitarbeit bewegen.
Auch die verstärkte pfarrübergreifende Seelsorge wird von der Diözese als ein zukunftsweisender Weg dargestellt. Kirchliche Jugendzentren, Kindergärten oder Altersheime würden immer mehr als "Knotenpunkte" für zielgruppengerechte Seelsorge wahrgenommen werden. Klare Absprachen, Vertrauen und Zusammenarbeit seien nötig, um für die jeweilige Pfarrbevölkerung angemessen da sein zu können, erklärte bei der Pressekonferenz Konrad Hörmanseder, Dechant und Pfarrer von Perg und Pfarrprovisor für drei weitere Pfarren.