Aufholbedarf bei Toleranz gegenüber Religionen
Viele Österreichern sind Religionen wie dem Islam oder dem Buddhismus gegenüber wenig tolerant. Laut den Ergebnissen einer vom Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) beauftragten Umfrage unter 1.000 Österreichern finden es rund zwei Drittel (65 Prozent) problematisch, wenn jemand aus der Familie zum Islam übertreten wollte. 64 Prozent der Befragten gaben an, dass es sie stören würde, wenn in ihrer Nachbarschaft eine Moschee gebaut würde. Vier von zehn (42 Prozent) hätten ein Problem mit der Errichtung eines buddhistischen Zentrums in der Nachbarschaft.
Er sehe in diesen Umfragedaten eine "sehr besorgniserregende Entwicklung, der man mit Maßnahmen entgegentreten muss", teilte MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi am Montag anlässlich der Präsentation der Studienergebnisse mit. Man orte hierzulande eine massiv negative Stimmung gegenüber einzelnen Religionen. Österreich habe hier "definitiv Aufholbedarf", so Mernyi. "In diesem Bereich müssen wir dafür sorgen, dass radikale Strömungen und Diskriminierung keine Chance haben."
Unmittelbarer Anlass für die Umfrage ist der bevorstehende 70. Jahrestag der Befreiung vom nationalsozialistischen Regime. Das Meinungsforschungsinstitut "meinungsraum.at" hat dazu für das Mauthausen Komitee erhoben, wie es heute um die Toleranz unter den Österreichern in Bereichen wie Sexualität, ethnische Herkunft und Hautfarbe, Geschlecht, Behinderung und eben auch Religion bestellt ist. Mernyi zum Hintergrund der Studie:
Toleranz ist ein Gradmesser dafür, wie entwickelt eine Gesellschaft ist. Je toleranter Menschen sind, desto weniger sind sie empfänglich für autoritäre Handlungsmuster - und umgekehrt.
Insgesamt belege die Studie, dass Österreich toleranter werde, "und das ist eine gute Nachricht", betonte das MKÖ. So hätten laut der Umfrage beispielsweise drei von vier der Befragten (72 Prozent) heute kein Problem mehr damit, wenn eine Frau aus der eigenen Familie einen Schwarzafrikaner heiratet. Ebenso seien Homosexualität und gleichgeschlechtliche Beziehungen von drei Viertel der Bevölkerung akzeptiert, und zwar auch im eigenen Familienkreis. Relativ eindeutig fielen auch die Antworten auf Fragen zu den Themen Geschlecht und Behinderung aus: 94 Prozent der Befragten stört es nicht, wenn sie in der Schule oder in der Arbeit eine Kollegin oder einen Kollegen im Rollstuhl bekommen würden. 90 Prozent gaben an, mit einer Frau als Chefin kein Problem zu haben.
In der Gesamtschau sind Frauen laut den Umfrageergebnissen signifikant toleranter als Männer. Deutlich intoleranter als der Durchschnitt sind berufstätige Männer. Eine große Kluft besteht zwischen Selbstbild und Fremdbild: Die befragten Österreicher schätzen sich selbst als sehr tolerant ein (72 Prozent), bewerten die Mehrheit ihrer Landsleute aber als intolerant (60 Prozent).
Das Mauthausen Komitee ist ein überparteilicher und überkonfessioneller Verein, der "entschieden gegen alle Arten von Faschismus, Rassismus, Neonazimus, Chauvinismus und Antisemitismus" auftritt. Träger des Vereins sind u.a. Träger des Vereins sind die Österreichische Bischofskonferenz und die Israelitischen Kultusgemeinden, dem Kuratorium gehören u.a. Kardinal Christoph Schönborn, ÖRKÖ-Vorsitzender Superintendent Lothar Pöll, der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) und der lutherische Bischof Michael Bünker an.