"Ort für Begegnung und Dialog"
Das österreichische Hospiz in Jerusalem ist ein wichtiges Symbol der Präsenz Österreichs im Orient und hat sich in seiner 152-jährigen Geschichte sehr um den interreligiösen und interkulturellen Dialog verdient gemacht: Das hat der Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten, Michael Linhart, am Montagabend in Wien bei der Präsentation des neuen Bildbandes über das Pilgerhospiz an der Via Dolorosa hervorgehoben. Mehr als 250 Interessierte waren ins Erzbischöfliche Palais gekommen, wo die beiden Herausgeber, Hospizrektor Markus Bugnyar und der Historiker Helmut Wohnout, Einblicke in das 300-Seiten-Buch mit dem Titel "Im Orient zu Hause" gaben.
Michael Linhart
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Linhart nannte das österreichische Hospiz einen "Ort der Begegnung und des Dialogs zwischen Kulturen und Religionen", dessen Wirken viel zur heutigen Rolle Österreichs im Orient beigetragen habe. Der oberste Außenamts-Beamte erinnerte daran, dass das Hospiz ab seiner Gründung 1863 eng mit Kaiser Franz Joseph verbunden war. Dieser habe der Einrichtung mit seiner Jerusalem-Pilgerfahrt 1869 - der ersten Heilig-Land-Reise eines katholischen Monarchen seit den Kreuzzügen, die damals im Zuge der Eröffnung des Suez-Kanals erfolgte - eine patriotische Note verliehen. Zudem war das Haus bis 1918 Residenz des österreichischen Konsuls im damals noch osmanischen Jerusalem.
Bis heute würden die vom Hospiz ausgehenden Dialog-Initiativen andauern, was auch ein Verdienst für die Republik Österreich sei, betonte Linhart mit einem Verweis auf Beiträge des aktuellen Buches. Er selbst habe das Pilgerhospiz zuletzt im Vorjahr mit Außenminister Sebastian Kurz besucht. "Wenn man am Dach des Hauses steht, gibt es keine Grenzen mehr. Da schweift der Blick von der Al-Aqsa-Moschee über die Grabeskirche und den Ölberg - und das unter österreichischer Flagge." Darauf könne man stolz sein, so der Generalsekretär.
Fokus auf Gemeinschaft statt Zwist
Als "eine der charmantesten Niederlassungen der katholischen Kirche in Jerusalem" bezeichnete der apostolische Nuntius in Österreich, Peter Stephan Zurbriggen, das Hospiz. Das "einzigartige Monument des Habsburger-Vielvölkerstaates" widme sich auch in seinen inhaltlichen Schwerpunkten bis heute der Aufgabe, die "Gemeinschaft der Völker statt den nationalen Zwist" in den Vordergrund zu stellen. Zurbriggen betonte die Bedeutung von Heilig-Land-Wallfahrten für Europa: Gläubigen biete sich in der Heimat Jesu die Möglichkeit, zu den religiösen Wurzeln europäischen Denkens vorzudringen. Eine solche Wallfahrt könne Hilfe dabei sein, "unserem Kontinent die größere Perspektive des transzendenten, himmlischen Jerusalems offen zu halten", so der Nuntius.
Peter Stephan Zurbriggen
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Hospizrektor Markus Bugnyar skizzierte einige der historischen, kulturellen, politischen und spirituellen Facetten des Hospizes und seiner bewegten Geschichte, die im Buch - darunter u.a. die Rezeption des Hauses aus israelischer Sicht - beleuchtet werden. Hunderte Farb- und zeitgenössische Schwarz-Weiß-Fotos illustrieren das Buch. Co-Herausgeber Helmut Wohnout bezeichnete den Bildband als Zeugnis dafür, dass das Hospiz ein "Leuchtturm Österreichs im Heiligen Land" sowie "eine der schönsten Blüten der österreichischen katholischen Kirche" ist; weiters fungiere die Pilgerherberge als Zuhause für verschiedene Nationalitäten Mitteleuropas.
Markus Bugnyar
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Zur Wiener Präsentation des Buches am Montagabend waren zudem u.a. der Linzer Altbischof Maximilian Aichern, der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura und Georg Habsburg-Lothringen, Präsident der Österreichischen Gesellschaft vom Heiligen Land, gekommen.
Ältestes nationales Pilgerhaus im Heiligen Land
Das Österreichische Hospiz "zur Heiligen Familie" - das älteste nationale Pilgerhaus im Heiligen Land - befindet sich in der Via Dolorosa in der Nähe des Damaskustores. Es wurde 1857 gegründet und am 19. März 1863 feierlich eröffnet. Einen ersten Einschnitt in der bewegten Geschichte gab es 1918, als die Briten das Gebäude konfiszierten und in ein Waisenhaus für einheimische Kinder umwidmeten, im Sommer 1919 aber wieder zurückgaben. Erneut wurde das Haus 1939 von britischen Mandatsbehörden als "deutsches Eigentum" beschlagnahmt und als Internierungslager für österreichische, deutsche und italienische Priester und Ordensleute verwendet. Nach 1945 wurde es britische Offiziersschule.
1948 fiel das Hospiz bei der Teilung Jerusalems im Zuge der Gründung des Staates Israel an Jordanien und wurde zu einem Spital umfunktioniert, in dem auch geistliche Schwestern aus Österreich arbeiteten. Für lange Zeit war es das einzige Spital in Ostjerusalem. Es sollte durch einen Neubau ersetzt werden, der 1967 schon fast fertig war. Im Verlauf des Sechs-Tage-Krieges im Sommer 1967 besetzte Israel aber den Spitals-Neubau und verwendete ihn in der Folge als Hauptquartier der Polizei. Das Hospiz musste weiter als Spital dienen.
Erst im Dezember 1985 wurde das Gebäude an die katholische Kirche zurückgegeben. Nach dringend notwendigen Restaurierungs- und Adaptierungsarbeiten konnte Ende 1988 der Pilgerbetrieb im Hospiz wieder aufgenommen werden. Am 19. März 1988 fand die offizielle Wiedereröffnung als Pilgerhospiz statt. Der Wiener Bibelwissenschaftler Wolfgang Schwarz wurde zum Rektor bestellt. Seit Mai 2004 wird das Hospiz von Markus Bugnyar geleitet.
Bis heute geht das Hospiz in seinem Wirken deutlich über die Funktion als Pilgerherberge bzw. Hotel hinaus: Einerseits ist man bemüht, die Pilger vor Ort zu begleiten und ihnen Begegnungen und Kontakte über ein klassisches Pilgerprogramm hinaus zu ermöglichen. Zudem positioniert sich das Haus verstärkt als Ort der Begegnung, was auch Kardinal Christoph Schönborn im Vorwort des Bildbandes hervorhob. Bereits am Ostermontag hatte der Wiener Erzbischof das Buch im Jerusalemer Hospiz präsentiert.