Caritas besorgt um Verbleib Betroffener
Skepsis hinsichtlich des von der Salzburger Lokalpolitik beschlossenen sektoralen Bettelverbots hat die Caritas der Erzdiözese Salzburg geäußert. Wenn in Teilen der Innenstadt das Betteln bald untersagt sein soll - die Vizebürgermeister Harald Preuner und Anja Hagenauer sprachen am Montag von einem Verbot u.a. auf beliebten Märkten, in der Getreidegasse, auf dem Makartsteg und der Staatsbrücke zwischen 8 und 19 Uhr - dann stellt sich für Caritasdirektor Johannes Dines die Frage, wohin sich die Notreisenden wenden werden, wenn die beliebtesten Plätze der Mozartstadt künftig tabu sind. "Ich befürchte, dass dann einige in Wohngebiete ausweichen", sagte Dines in der Dienstag-Ausgabe des "Kurier".
Die von SPÖ und ÖVP in Salzburg präsentierte "kleine Lösung" für das Bettlerthema hielt Dines für "noch verträglich"; wenn man die Flächen aber ausweite, "könnte ein Verdrängungseffekt die Folge sein". Und das könnte für Anrainer erst recht ein Problem sein, befürchtete der Caritasdirektor. Dines hofft nun laut "Kurier" auf das mit 200.000 Euro dotierte Sozialpaket, dass die Stadtpolitiker gemeinsam mit dem Bettelverbot ankündigten. "Für ein gutes Miteinander brauchen wir noch mehr aufsuchende Sozialarbeit, Aufklärung und Betreuung."
Der Umgang mit Bettlern in Salzburg ist nicht erst seit den Gemeinderatswahlen im März 2014 ein Aufregerthema. Als im vergangenen Sommer ein Runder Tisch mit 40 Fachleuten u.a. der Caritas Maßnahmen darüber diskutierte, wollte Vizebürgermeisterin Hagenauer noch nichts von einem sektoralen Bettelverbot wissen. Nach zunehmenden Protesten seitens der Bevölkerung kam es zu einem Meinungsschwenk der Salzburger SPÖ, der u.a. von der Plattform für Menschenrechte und von der lokalen Bürgerliste als "Umfaller" scharf kritisiert wurde. Die im Vorjahr beschlossenen Maßnahmen wie ein Notquartier, Basisversorgung, aufsuchende Betreuung und eine Broschüre wurden laut Bürgerlisten-Klubobmann Helmut Hüttinger nicht annähernd umgesetzt: "Stattdessen lässt man die Caritas mit der Quartiersuche allein."
Nach dem Runden Tisch im Juli 2014 hatte die Stadtgemeinde als Zielgruppe der geplanten Basisversorgung vor allem Armutsmigranten aus Südosteuropa benannt und die Caritas mit der Organisation betraut. Das dafür erstellte Konzept mit einer ganzjährigen Notschlafstelle mit Hygienebedarf, Kleider- und Essensausgabe sowie einem Tageszentrum wurde jedoch nicht in der von der Caritas vorgeschlagenen Form umgesetzt. Ein sektorales Bettelverbot hielt Direktor Dines schon damals für wenig sinnvoll. "Das führt nur dazu, dass sich diese Menschen in anderen Gebieten aufhalten. Sinnvoller wären sozialarbeiterische Angebote und Steuerungsmaßnahmen in Absprache mit Behörden und Polizei."
Das räumliche und zeitliche Bettelverbot soll mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ spätestens am 18. Mai im Salzburger Stadtsenat und am 20. Mai im Gemeinderat beschlossen werden. Der 1. Juni gilt somit als wahrscheinlicher Termin für die Einführung des sektoralen Bettelverbots.