Plattform will Müttersterblichkeit senken
Dem Ziel, die weltweit erschreckend hohe Müttersterblichkeit nach Komplikationen bei Schwangerschaft oder Geburt zu senken, hat sich die Plattform "Mutternacht" verschrieben. Bei einer Pressekonferenz im Vorfeld des Muttertages (10. Mai) unter dem Titel "Wenn das größte Glück zum größten Leid wird" wurde von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, der Generalsekretärin der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Anja Appel, SP-Parlamentarierin Petra Bayr und "Care"-Geschäftsführerin Andrea Wagner-Hagner vor allem gezielte Entwicklungszusammenarbeit (EZA) mit den am stärksten betroffenen Ländern des Südens als notwendig beschrieben, um sexuelle Selbstbestimmung und reproduktive Gesundheit von Frauen und Mädchen zu fördern.
Derzeit würden jährlich rund 290.000 Frauen - das sind 800 pro Tag - an Missständen rund um Schwangerschaft oder Geburt sterben, wies Heinisch-Hosek hin. Als Frauenministerin richte sie ihre Aufmerksamkeit nicht nur auf die Situation in Österreich, das hinsichtlich der Müttersterblichkeit an elfter Stelle in Europa liege, sondern auch auf die viel dramatischere Lage etwa in afrikanischen Staaten. Bildung und Aufklärung,ökonomische Unabhängigkeit, Zugang zu Verhütungsmitteln und Gesundheitsversorgung seien dabei ebenso wichtig wie Schutz vor Zwangsheirat oft schon im Kindesalter oder Praktiken wie Genitalverstümmelung.
Heinisch-Hosek nannte in diesem Zusammenhang den zuletzt wieder versprochenen Stufenplan zur Erhöhung der staatlichen EZA-Mittel auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens als wesentlich. Dafür gebe es eine "gemeinsame Verantwortung" in der Regierung, so die Ministerin. Auf Nachfrage nahm sie hier in erster Linie den ressortzuständigen Außenminister Sebastian Kurz in die Pflicht; Kürzungen aller Ministerien zur Aufstockung der EZA-Gelder lehnt Heinisch-Hosek ab - auch die "Unterdotierung" des Bildungsressorts werde schließlich nicht mit Geld aus anderen Ministerien ausgeglichen.
Und eine weitere Nachfrage verneinte Heinisch-Hosek: Sie unterstütze das Anliegen der Bürgerinitiative "Fakten helfen" nicht, wie andere EU-Staaten eine anonyme Abtreibungsstatistik und Motivforschung über Schwangerschaftsabbrüche einzuführen. Das halte sie für "nicht nötig", so die Ministerin.
Viele kfbö-Projekte rund um Gesundheit
Für die Katholische Frauenbewegung sei die Förderung der reproduktiven Gesundheit ein "wesentlicher Beitrag zu mehr Gerechtigkeit und einer nachhaltigen Entwicklung", betonte kfbö-Generalsekretärin Appel. 18 Prozent aller EZA-Projekte, die die Frauenbewegung vor allem durch ihre "Aktion Familienfasttag" unterstützt, hätten einen Fokus auf Gesundheitsthemen. Das Ziel einer "ganzheitlichen Ermächtigung" von Frauen bedeute auch die Fähigkeit, "für sich selbst und den eigenen Körper Sorge zu tragen".
Kommt es in der Zusammenarbeit mit katholischen Projektpartnern zu Problemen wegen der Verteilung von Verhütungsmitteln? Diese Nachfrage beantwortete Appel mit dem Hinweis, dass es hier kirchlicherseits sehr unterschiedlich Herangehensweisen gibt: Bei einer AIDS-Konferenz in Wien habe sich ein afrikanischer Bischof dazu bekannt, Kondome zu verteilen - als geringeres Übel gemessen am möglichen Tod von sexuell Aktiven, erinnerte Appel. Zudem kooperiere die kfbö nicht nur mit kirchlichen Organisationen und bekenne sich zum Grundsatz: "Wir sind mit den Frauen."
Dass katholische Organisationen mit manchen Positionen der Plattform "Mutternacht" Probleme haben könnten, zeigt folgende Forderung: "Viele Todesfälle von Frauen sind auf unsichere Abbrüche zurückzuführen. Frauen müssen die Möglichkeit haben, selbst über die Anzahl und den Zeitpunkt ihrer Nachkommen zu entscheiden und dürfen dabei nicht in die Illegalität getrieben werden. Gesundheitsbetreuung bei Schwangerschaftsabbrüchen ist zu gewährleisten."
Somalia schlechtester Ort, Mutter zu werden
Andrea Wagner-Hagner von der Hilfsorganisation "Care" wies auf die besonders problematische Lage von Frauen in Subsahara-Ländern hin. Somalia sei der weltweit schlechteste Ort, um Mutter zu werden, kaum besser sei die Lage im Tschad oder in Mali. In dieser Region liege das Risiko für eine 15-Jährige, an Schwangerschaft oder Geburt zu sterben, bei 1:40; in Europa sei dieses Verhältnis 1:3300.
Teenager-Schwangerschaften sind laut Ministerin Heinisch-Hosek auch in Österreich dafür verantwortlich, dass die Müttersterblichkeit hierzulande zwar vergleichsweise niedrig, aber durchaus weiter senkbar ist. Erreichbar sei dies in erster Linie mit Aufklärung an Schulen, die sie heuer mit dem - unter Elternvertretern umstrittenen - Grundsatzerlass "Sexualerziehung an den Schulen" verbessern habe wollen. Fachleute, die von außen an die Schulen kommen, könnten dabei hilfreich sein, so die Ministerin.
SPÖ-Entwicklungshilfeexpertin Petra Bayr erinnerte an das Millenniumsziel 5, das die hohe Müttersterblichkeit bis zum Jahr 2015 um drei Viertel zu reduzieren vorgab. Dies sei weltweit nur in neun Ländern erreicht worden. Bayr holte die europaweite Initiative "Mutternacht" gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung nach Österreich. Als "PartnerInnen" werden auf der Website u.a Amnesty international, die evangelische Aktion "Brot für die Welt", "World Vision Österreich" und katholischerseits die kfbö genannt. (Info: www.mutternacht.at)