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Jeftic: Ökumene braucht Bereitschaft, aufeinander zu hören und voneinander zu lernen

 

Orthodoxer Theologe und Direktor der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung beim Weltkirchenrat, Andrej Jeftic, eröffnete mit Vortrag über Generalthema "Rezeption und Ökumene" heurigen PRO ORIENTE-"Summer Course" in Wien

 

Foto: Pro Oriente

 

Wien, 04.07.23 (poi) Ohne Offenheit dafür, im ökumenischen Dialog aufeinander zu hören und voneinander zu lernen, kann es keine Fortschritte in der Ökumene geben. Davon hat sich der serbisch-orthodoxe Theologe und Direktor der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung beim Weltkirchenrat, Andrej Jeftic, überzeugt gezeigt. Jeftic hielt Montagabend im Wiener Michaelerkloster den öffentlichen Auftaktvortrag zum diesjährigen PRO ORIENTE-"Summer Course". Der "Summer Course" steht heuer unter dem Generalthema "Rezeption und Ökumene". Habe man früher Rezeption als Prozess verstanden, durch den eine Ortskirche die Entscheidung eines Konzils akzeptiere und damit dessen Autorität anerkenne, habe sich dieser Begriff nun deutlich gewandelt, betonte Jeftic.

Wörtlich sagte der Ökumene-Experte: "Nur wenn wir einander mit Demut begegnen und zulassen, dass wir durch den gegenseitigen Lernprozess auch verwandelt werden, kann das Ergebnis dieser Begegnung eine breitere Relevanz und Rezeption erfahren."

Jeftic zeigte sich zudem optimistisch. Kleine Errungenschaften könnten im ökumenischen Dialog langfristig zu tiefen Veränderungen in den kirchlichen Realitäten führen, und zugleich komme die Rezeption manchmal auch als unerwartete Überraschung. Die Rezeption ökumenischer Errungenschaften sei zudem nicht nur eine Hohlschuld der Kirchen, sondern auch jene seien nochmals besonders gefordert, die im ökumenischen Dialog engagiert sind. Jeftic verdeutlichte dies am Beispiel der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, die erkannt habe, wie wichtig es sei, verstärkt auf ökumenisch weniger aufgeschlossene evangelikale Kirchen oder Pfingstkirchen zuzugehen. "Wir bieten nicht nur an, dass die anderen kommen und sehen können, wir gehen selbst auf sie zu und hören auch zu."

Die Stiftung PRO ORIENTE bietet mit dem "Summer Course" wieder eine bereits bewährte Plattform für ökumenische interessierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus verschiedenen Ländern und kirchlichen Traditionen, um ihre Forschungen zu präsentieren, sich zu vernetzen und sich auch mit etablierten Theologinnen und Theologen auszutauschen. Rund 20 Theologinnen und Theologen sind heuer zum "Summer Course" nach Wien gekommen.

PRO ORIENTE-Präsident Alfons M. Kloss wies in seinem Grußwort darauf hin, dass in den letzten Jahrzehnten viele Anstrengungen in den ökumenischen Austausch und die Diskussion investiert worden sind. Aber: "Wissen unsere Gläubigen genug über das, was bereits erreicht worden ist? Wie können wir dazu beitragen, dass die Ergebnisse besser bekannt werden und im täglichen Leben Anwendung finden?", formulierte Kloss einige inhaltliche Fragen für die anstehenden Beratungen im "Summer Course". Und in Richtung der Teilnehmenden fügte der PRO ORIENTE-Präsident hinzu: "Wir wollen Ihnen zuhören und von Ihnen lernen - in guter synodaler Tradition. Und wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Erfahrungen und die Ergebnisse des Kurses weitergeben würden, wenn Sie nach Hause zurückkehren."

Die stellvertretenden Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) und evangelische Oberkirchenrätin Ingrid Bachler unterstrich in ihrem Grußwort, dass das, was die Kirchen verbindet, wesentlich größer sei, als das, was sie noch trennt. Und zugleich sei das Gemeinsame der Kirchen oftmals noch viel zu wenig bekannt. In der täglichen Arbeit des ÖRKÖ werde allerdings auch sichtbar, dass die Kirchen – gerade auch im Blick auf die Ökumene – mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs sind. Diese unterschiedlichen Geschwindigkeiten zeigten sich auf der pastoralen Ebene an der Basis, bei den Kirchenleitungen, aber ebenso auch auf der Ebene der Theologie. Unterschiedliche Standpunkte und Geschwindigkeiten gebe es aber nicht nur zwischen den einzelnen Kirchen. Sie fänden sich ebenso auch innerhalb der einzelnen Konfessionen, so die Oberkirchenrätin. Die Stiftung PRO ORIENTE leiste mit ihrem "Summer Course" einen überaus wertvollen Beitrag zur Ökumene - einerseits im Blick auf die Inhalte, andererseits aber auch hinsichtlich der Einbindung der jungen Generation in den ökumenischen Dialog. Im wertschätzenden persönlichen Diskurs und Gespräch gelte es, "aufeinander zu hören und voneinander zu lernen", formulierte auch Bachler.

Den PRO ORIENTE-"Summer Course" gibt es seit 2015. Er findet (mit Ausnahme der öffentlichen Auftaktveranstaltung) im Wiener Kardinal-König-Haus statt. Inhaltlich verantwortlich für den "Summer Course" ist die Ökumene-Expertin und PRO ORIENTE-Vorstandsmitglied Prof. Andrea Riedl. Sie gab eingangs der Auftaktveranstaltung einen Überblick über die vielfältige Arbeit der Stiftung PRO ORIENTE und präsentierte das Konzept des "Summer Course". Sie zeigte sich zuversichtlich, dass es in den Vorträgen und Diskussionen bis Donnerstag gelingen werde, einige hemmende wie fördernde Faktoren für eine fruchtbare Rezeption ökumenischer Dialoge und Ergebnisse freizulegen.

Referierende beim "Summer Course" sind heuer neben Jeftic der deutsche emeritierte evangelische Bischof Martin Hein, die griechisch-orthodoxe Pastoraltheologin Dimitra Koukoura von der Aristoteles-Universität in Thessaloniki, der Salzburger syrisch-orthodoxe Theologe Aho Shemunkasho und die Theologin und Ökumene-Expertin Katherine Shirk Lucas von der Katholischen Universität Paris.

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