IMABE-Symposium über "Lebensqualität: Was am Ende zählt"
Im Fokus darauf, die Überlebenszeit zu maximieren, hat die Medizin zum Teil verlernt, früh genug ein umfassendes Konzept von Lebensqualität als Behandlungsziel einzubinden. Auf diesen Mangel an ethischer Kompetenz, der sich auch bei Pflegenden zeige, hat die Geschäftsführerin des kirchlichen Instituts für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE), Susanne Kummer, im Vorfeld eines interdisziplinären Symposiums in Wien hingewiesen. Diese als Webinar abgehaltene IMABE-Jahrestagung zum Thema "Lebensqualität: Was am Ende zählt" am Freitag, 13. November, widmet sich unter dem Anspruch, Lebensqualität bis zuletzt zu ermöglichen, Herausforderungen an Medizin und Pflege. Fachleute aus Österreich, Deutschland und Kroatien nehmen daran teil.
Leitfragen sind laut Susanne Kummer z.B.: Woran bemisst sich die Lebensqualität eines schwer kranken oder hochbetagten Menschen? Wie kann sie gestärkt und verbessert werden? Prominente Referenten des Symposiums sind u.a. der in Krems lehrende Altersforscher Franz Kolland, der Medizinethiker und Theologe Matthias Beck von der Uni Wien, die Innsbrucker Intensivmedizinerin Barbara Friesenecker, die Expertin für Gesundheitsberufe, Doris Pfabigan, und - beide aus Deutschland zugeschaltet - die Psycho-Onkologin Monika Keller und die Pflegewissenschaftlerinnen Helen Kohlen.
Altern in Zeit von "Anti-Ageing"?
In einer Zeit von "Jugendwahn und Anti-Ageing" falle es heute vielen schwerer zu altern, wies der Soziologe Kolland im Vorfeld hin. "Alle wollen alt werden, aber niemand will alt sein." Alt werden müsse positiv als ein "Werden zu sich selbst" verstanden werden, dabei gelte es die eigenen Fragilitäten anzunehmen.
Laut dem Medizinethiker Beck darf auch die transzendente Dimension des Menschen nicht übersehen werden. Es stellten sich Grundfragen wie "Wozu noch leben?" und "Hat das Leben ein Ziel über das endliche Leben hinaus?". Von deren Beantwortung hänge ab, wie jemand mit einem zu Ende gehenden Lebens umgeht, so Beck. Am Ende würden "vor allem menschliche Beziehungen und ein gut ausgebildetes geistig-geistliches Innenleben" zählen.
Auf die Gefahr einer "unmenschlichen Machbarkeitsmedizin" wies Intensivmedizinerin Barbara Friesenecker hin. Unter Ärzten brauche es ein "Bewusstwerden, dass neben der Heilung auch das 'gute Leben am Ende des Lebens' und ein Sterben in Würde unter guter Symptomkontrolle" Ziel der therapeutischen Bemühungen sein muss.
Auch die Pflegewissenschaftlerin Helen Kohlen warnte davor, dass "Handeln" durch "Machen" im Sinne von Technik und Organisation ersetzt wird. Ihre Wiener Kollegin Doris Pfabigan forderte, dass in der Langzeitpflege an "bestehenden Strukturmängeln" nachhaltig gearbeitet werden müsse. Dass Angehörige die wichtigste existentzelle Ressource für Menschen in Krankheit darstellen, betonte Psychoonkologin Monika Keller im Vorfeld der Tagung. Dafür brauchen die aber besondere Betreuung und Aufmerksamkeit, um nicht überfordert zu werden.
Für das Online-Symposion am Freitag können die Veranstalter wegen des großen Interesses keine weiteren Anmeldungen mehr entgegennehmen. Die Vorträge sollen aber als Audiomitschnitt verfügbar gemacht machen, hieß es am Mittwoch. Im kommenden Frühjahr erscheint auch der Tagungsband "Lebensqualität: Was am Ende zählt", der unter postbox@imabe.org bereits bestellt werden kann. (Info: www.imabe.org)
Quelle: kathpress