Theologin: Gegen "Kultur der Angst" neue "Vertrauensräume" öffnen
Der Kirche kommt in der Corona-Pandemie eine große Verantwortung u.a. im Blick auf die grassierende "Kultur der Angst" zu, der es mit vertrauensbildenden Maßnahmen zu begegnen gelte. Das hat die Linzer Pastoraltheologin Clara-Antonia Csiszar im Gespräch mit der Linzer "KirchenZeitung" (aktuelle Ausgabe) betont. Schließlich sei die Pandemie nicht nur eine Frage der Medizin, sie lege vielmehr auch gesellschaftliche Defizite offen, die bereits vor der Krise zu wenig beachtet wurden - etwa die Bedeutung gesellschaftlichen Vertrauens. Schon in der Flüchtlingskrise 2015 sei eine "Kluft in der Gesellschaft" aufgebrochen und ein permanentes Ringen um das eigene und das Wohl des anderen habe eingesetzt.
Bestimmend sei heute eine "Kultur der Angst", so die an der Katholischen Privat-Universität Linz (KU) lehrende Theologin: "Wir haben Angst, zu kurz zu kommen und Angst entsolidarisiert. Wenn immer nur Leistung verlangt wird, verliert man seine seelische Beheimatung, seine Mitte, wo Vertrauen genährt werden und wachsen kann." In dieser Situation brauche es neue "Vertrauensräume" und die Kraft, nicht auf "Aggression oder Dummheit von anderen reagieren". Dies spalte nur weiter und säe Misstrauen.
Hier sieht Csiszar auch die Kirchen in der Pflicht, denen sie zugleich aber auch gute Noten in der aktuellen Krisensituation ausstellt: "Wenn ich auf die Kirche im deutschen Sprachraum schaue, meine ich, dass sie die Menschen mit ihren Ängsten im Blick hat und gleichzeitig zum Impfen motiviert." Auch wenn nicht alles perfekt laufe, so sehe sie doch gerade im Blick auf die Kirche in Österreich "viel guten Willen, Sensibilität und einen achtungsvollen Umgang mit den Menschen."
Weniger gut laufe es etwa in ihrer rumänischen Heimat, so Csiszar weiter - so seien dort nur etwa 32 Prozent der Bevölkerung geimpft und die Kirchen würden Gottesdienste feiern, "als ob alles normal wäre", während täglich 500 Menschen in den Spitälern an den Folgen einer Corona-Infektion sterben. Eine Ausnahme stelle die Diözese Zrenjanin im Nordosten Serbiens dar, wo Bischof Laszlo Nemet seinen Priestern eine Impfpflicht auferlegt habe - "um ein Zeichen zu setzen und konkret auch Nächstenliebe zu zeigen", so die Theologin. "Es gibt Situationen, da muss man als Kirche vorangehen."
Quelle: kathpress