Linzer Diözesansynode vor 50 Jahren hatte "Langzeitwirkung"
Die Linzer Diözesansynode der Jahre 1970 bis 1972 hat für nachhaltige Impulse in Richtung Mitbestimmung in der katholischen Kirche gesorgt. Der Rückblick auf diese Umsetzung der Beschlüsse des II. Vatikanums auf der Ebene der Ortskirche in der aktuellen Ausgabe der Linzer "KirchenZeitung" (12. Oktober) ist betitelt mit "Diözesansynode mit Langzeitwirkung". Der Kirchenhistoriker Helmut Wagner hob in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Pfarrgemeinderäte als Gestaltungsgremien hervor. Demokratische Grundsätze habe bereits die Synode selbst gekannt: Die Delegierten wurden von Pfarren und Dekanaten gewählt, die Themen aber immer auch an die Pfarren zurückgespielt, so Wagner: "Ich kenne keinen anderen synodalen Prozess, der derart durchgängig demokratisch organisiert war."
Das auch 50 Jahre nach ihrem Abschluss noch wegweisende Motto der Linzer Diözesansynode lautete: "Kirche um der Menschen willen", erinnerte "KirchenZeitung"-Chefredakteur Heinz Niederleitner. Hinter diesem Motto sei eine Neuausrichtung der Beziehung zwischen Kirche und moderner Gesellschaft nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in einer sich rasch verändernden Welt gestanden. Die Synodenvorbereitung begann in Linz bereits 1966 - ein Jahr nach Konzilsende - und wurde getragen von einem Team um den damaligen Pastoralamtsleiter Franz Vieböck.
"Dem Bischof schon die Meinung gesagt?"
Nicht mit allen Plänen sei diese Gruppe beim damaligen Linzer Bischof Franz Zauner (Amtszeit 1956 bis 1980) gleich durchgedrungen, schrieb Niederleitner. "Doch hielt die neue Zeit in der Vorbereitung Einzug: In einer groß angelegten Umfrage unter allen Oberösterreicher/innen (nicht nur Katholik/innen) wurde nicht allein nach eigener Kirchenbindung, sondern auch nach Veränderungswünschen gefragt." Mit mehr als 116.000 Personen sei die Zahl der Teilnehmenden überraschend hoch gewesen. "Etwas provokant hatte man öffentlich mit dem Satz geworben: 'Haben Sie dem Bischof schon Ihre Meinung gesagt?'" Dazu kam eine repräsentative Umfrage und eine Erhebung in Linzer Pfarren.
"Dieser moderne Zugang mit den Umfragen, das genaue Hinsehen auf die Lebenssituation der Menschen haben die Synode geprägt", würdigte Kirchenhistoriker Wagner. Sein Salzburger Kollege Roland Cerny-Werner sieht in seinem Buch "Das Konzil kommt unten an", in dem er die Diözesansynoden in Österreich zusammenfasste, in der Linzer Versammlung eine besondere Hinwendung zu Gremien und damit zur Mitbestimmung, wies die "KirchenZeitung" hin.
Neun große Themenblöcke wurden auf der von März 1970 bis November 1972 währenden Linzer Diözesansynode bearbeitet: Verkündigung; Gottesdienst, Sakramente und christlicher Lebensvollzug; sozialkaritative Dienste; Strukturen; Träger kirchlicher Dienste; Verwaltung; apostolische Bewegungen; Kirche und Welt; Ökumene. Eines der bleibenden Ergebnisse war die Entwicklung des ersten Statuts für Pfarrgemeinderäte.
Bis heute Sensibilität für Arbeitswelt
Kurt Rohrhofer, damals Delegierter der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, berichtete von einer weiteren Erfolgsgeschichte: Das Synodenpapier "Kirche und Welt" mit Querverweisen in das Arbeitsleben habe Grundlagen geschaffen für den Ausbau der Betriebsseelsorge und die Achtsamkeit für Arbeitslosigkeit in der Diözese Linz.
Auf die Rolle von Bischof Zauner in diesem Prozess wird in der "KirchenZeitung" differenziert zurückgeblickt: Da ist die Rede vom Widerstand Zauners gegen den Synodenbeschluss, die Österreichische Bischofskonferenz möge sich in Rom darum bemühen, auch verheiratete Männer zum Priesteramt zuzulassen. Historiker Cerny-Werner sieht im Bischof "keinen überzeugten Anhänger der Diözesansynode", dieser habe "implizite Opposition" betrieben. Der Historiker Wagner dagegen verwies auf Zauners Förderung des von der Katholischen Aktion getragenen Laienapostolats. Dem Bischof seien "die Themen auf der Synode entglitten", den Vorsitz hatte nicht zufällig Weihbischof Alois Wagner inne.
Laut Kirchenhistoriker Helmut Wagner hat sich die Synode schon deshalb gelohnt, "weil eine Gruppe von gut ausgebildeten und reflektierten Personen gebildet wurde, die bis in die 2000er-Jahre hinein ein gemeinsames Verständnis von Diözese, Gemeinschaft und Kirche getragen hat". Auf der Strecke geblieben sind laut Wagner aber Themen, die nicht auf diözesaner Ebene erreichbar waren - wie Priesterweihe für verheiratete Männer oder Diakonat der Frau.
Quelle: kathpress