Jesuit Batlogg: Potenzial des Konzils noch nicht ausgeschöpft
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) ist für die katholische Kirche nach den Worten des Jesuiten Andreas Batlogg nicht nur in der Vergangenheit wesentlicher Impulsgeber für Veränderung gewesen, sondern kann dies auch noch im laufenden synodalen Prozess sein: "Die Potenziale, die dieses Konzil freisetzte, sind längst nicht ausgeschöpft. Wir dürfen es deswegen auch nicht musealisieren", sagte der ehemalige Chefredakteur der theologischen Zeitschrift "Stimmen der Zeit" im Interview mit der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt" (aktuelle Ausgabe). Batlogg referierte am Montagabend im Wiener Otto-Mauer-Zentrum über 60 Jahre Konzil und den Synodalen Prozess und wird darüber auch am Freitagabend (3. März) im St. Pöltner Bildungshaus St. Hippolyt sprechen.
So weit das Konzil für heutige Theologiestudierende auch zurückliegen möge und bei diesen schon als "kirchengeschichtliche Steinzeit" gelte, dürfe man dessen Bedeutung auch heute nicht verkennen, unterstrich Batlogg. "Es war ein gewaltiger Aufbruch damals. Das Konzil brachte 'frische Luft' in die Kirche." Das Anliegen von Papst Johannes XXIII. sei damals gewesen, "dass sich die Kirche damals mit der Moderne auseinandersetzt, mit ihr ins Gespräch kommt. Aber nicht abwehrend oder verurteilend, sondern indem sie auf das Positive schaut." Zuvor sei dies ganz anders gewesen, so der eine Woche vor Konzilsbeginn geborene Ordensmann.
Beim Verständnis von Kirche als "pilgerndes Volk Gottes", bei der Liturgie in der Muttersprache statt nur auf Latein, in der Ökumene, beim Gespräch mit nichtchristlichen Religionen oder in Sachen Religions- und Gewissensfreiheit habe das Konzil viel verändert. Dennoch sei die Kirche noch nicht vollends zur "Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils" geworden, befand Batlogg. Im Laufe der letzten Jahrzehnte sei erneut eine "Enge" eingezogen und es habe "da und dort einen Rückbau mancher Konzilsbeschlüsse" gegeben. Jene, die "vor das Konzil zurück" wollten, bezeichnete der Jesuit als "liturgische und theologische Nostalgiker".
Der in Vorarlberg geborene Ordensmann plädierte für eine ständige Weiterentwicklung der Kirche. Sie sei schließlich weder Museum noch ein "Leben-Jesu-Gedächtnisverein", und die Liturgie kein "Totenkult". So ungewiss die zukünftige Gestalt der Kirche auch sei, sie müsse "eine dienende Kirche sein, eine Kirche der offenen Türen, eine Kirche, die nicht um sich selbst kreist, sondern hinausgeht", und zwar an "geografische und existenzielle Peripherien". Immer müsse die Kirche "an der Seite von Armen, Benachteiligten und Marginalisierten stehen" und ihnen eine Stimme geben.
Große Hoffnungen auf ein "anders Reden und anders Handeln" der Kirche äußerte Batlogg in Bezug auf den laufenden Synodalen Prozess der Weltkirche. Die Partizipation, um welche es bei einer synodal verfassten Kirche im Kern gehe, sei de facto ein "Machtverlust für Bischöfe", weshalb ihn der Widerstand gegen diese Entwicklung kaum verwundere. Ähnlich wie davor beim Vatikanischen Konzil gelte es jedoch auch hier, Geduld für das "Umdenken" zu üben, würden synodale Prozesse doch immer lange Zeit dauern. Insgesamt sei die Synode jedenfalls ein "Lernprozess für alle: Bischöfe und Theologe ebenso wie normale Gläubige".
Quelle: kathpress