
Kirchlicher Experte: Patchworkfamilien ernst nehmen
Nicht nur in Bezug auf gleichgeschlechtliche Beziehungen gibt es "Baustellen" in der Kirche, "sondern auch, was das Hinschauen auf familiale Lebenswelten angeht": Benno Karnel, Diözesanseelsorger für Beziehung, Ehe und Familie und Leiter des Familienreferats in Gurk-Klagenfurt, ist es ein Anliegen, dass die Lebensrealität und die Anliegen von Personen in Zweitehen ernst genommen werden. In der aktuellen Ausgabe des Kärntner "Sonntag" (23. März) betonte er, Scheidung, Wiederheirat und sogenannte Patchworkfamilien seien heute für viele Menschen Realität. Die Kirche müsse sich fragen: "Welche Hilfen zu geglücktem Leben bieten wir ihnen?"
Karnel berief sich dabei auf Papst Franziskus, der in seiner Enzyklika "Amoris laetitia" auf die Bischöfe der oberrheinischen Kirchenprovinz verwies, die 1992 für ihr Gebiet die Weisung gaben, dass jeder Fall einer Zweitehe nicht kirchenrechtlich, sondern seelsorglich zu prüfen ist. Auch Kardinal Franz König habe dies für die Erzdiözese Wien schon 1982 festgelegt. Franziskus habe mehrfach betont, die Sakramente seien "Stärkung für die Schwachen und nicht Belohnung für die Guten".
Vielleicht müssten Kirchenverantwortliche auch neue Rituale und Sakramentalien entwickeln, "damit eine Ehe, eine Beziehung, die zerbrochen ist, auch gut heilen kann", regte der Diözesanseelsorger an. Es sei zu achten, wenn sich jemand "aus einer vergifteten, toxischen Beziehung endlich befreit hat, in der Gewalt und Besitzdenken Liebe, Achtung und Ehrfurcht voreinander abgelöst haben". Und wenn so eine Person dann vielleicht in einer liebevollen neuen Partnerschaft mit Kindern glücklich zusammenlebe, sei das kirchlicherseits zu unterstützen - erst recht, wenn der Wunsch bestehe, den Bezug zur Kirche weiter aufrechtzuerhalten und auch für die Kinder Vorbild im Glauben zu sein.
Wohl der Kinder im Blick haben
Der Umgang mit den gemeinsamen Kindern sei für Partner, deren Beziehung gescheitert ist, eine besondere Herausforderung, weiß Karnel. Diese sollten nicht zum Spielball für noch bestehende Unstimmigkeiten zwischen den getrennten Eltern werden. Einen positiven Zugang biete das Motto: "Wir können zwar nicht mehr miteinander, aber dich haben wir beide lieb!" Das könnten auch die Verantwortlichen in den Pfarren unterstützen, zum Beispiel, indem sie diesen Familien im Zuge der Erstkommunionvorbereitung eine eigene kleine Feier anbieten, damit sie für sich die Beziehung gut abschließen und positiv im Sinne der Kinder auf das Fest und die weitere Zukunft hinwirken können. Diesbezügliche Rituale seien noch zu entwickeln. Dies sollte geschehen mit der Haltung, an einer Kirche weiterzubauen, in der "es Räume für alle gibt, einladend, wertschätzend".
Karnel erwähnte, dass Wiederverheiratete laut Kirchenrecht von den Sakramenten und dem Patenamt ausgeschlossen sind; viele würden die Kirche verlassen. "Ich appelliere dringend, genau auf die konkreten Lebensumstände der Menschen hinzuschauen, die zur Kirche kommen, und ihr Anliegen ernst zu nehmen", betonte der Leiter des Familienreferats.
Quelle: kathpress