
Pflege: Caritas fordert einmal mehr Systemreform
Vor dem Hintergrund laufender Verhandlungen zum Finanzausgleich setzt sich die Caritas einmal mehr für eine deutliche und systematische Stärkung des Pflegebereichs ein. Bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien forderten Caritas-Präsident Michael Landau, Generalsekretärin Anna Parr und der Wiener Caritasdirektor Klaus Schwertner österreichweite gemeinsame Anstrengungen vonseiten der Politik. Es seien aktuell mit 127.000 Personen so viele Menschen wie noch nie in der Pflege und Betreuung tätig, sagte Landau eingangs. Doch um dem steigenden Betreuungs- oder Pflegebedarf gerecht zu werden, brauche Österreich weitere 75.000 Fachkräfte bis 2030; und die bisherigen müssten gehalten werden.
Landau wörtlich: "Es braucht eine langfristige, verlässliche und planbare Finanzierung der Pflege!" Laut Vorschlag der Bundesregierung an die Länder im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen solle der Pflegefonds auf eine Milliarde jährlich aufgestockt werden. Das wäre zwar etwas mehr als eine Verdopplung gegenüber heuer, werde aber nicht ausreichen, so der Caritas-Präsident.
Allein die notwendige Weiterführung der Gehaltszuschläge sowie Ausbildungsinitiativen würde die angekündigte Pflege-Milliarde zu einem großen Teil auffressen. Daher, so Landau, "appelliere ich an die Politik, dieser Realität ins Auge zu blicken und die Pflege wirklich ausreichend zu dotieren." Auf die demografische Entwicklung und den steigenden Bedarf müsse deutlich mehr Rücksicht genommen werden. Nachsatz: "Hier haben die Länder recht: Es wird entsprechend mehr Mittel brauchen."
"Pflege-Kraft-Paket"
Caritas-Generalsekretärin Parr sprach von einem notwendigen "Pflege-Kraft-Paket": "Wir brauchen langfristig gute Gehälter - für alle Berufsgruppen, nicht nur befristete Zuckerl. Gleichzeitig müssen wir mit neuen Modellen der Personal- und Einsatzplanung endlich eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben schaffen." Drittens gelte es über Grenzen hinweg zu denken: "Österreich braucht eine Willkommenskultur und muss sich verstärkt für Fachkräfte aus anderen Ländern, die hier leben und arbeiten wollen, attraktiv machen. Da geht es um Vereinfachungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte und der Berufsanerkennung", so Parr.
Die von der Regierung gestartete Ausbildungsoffensive müsse zudem fortgesetzt und erweitert werden. Vielen Menschen sei es erst durch den Ausbildungszuschuss oder das Pflegestipendium möglich, eine Ausbildung in diesem Bereich zu absolvieren, würdigte Parr bisherige Maßnahmen. "Klar ist aber, dass diese Maßnahmen nicht nur fortgeführt, sondern auch erweitert werden müssen. Erweitert um den geförderten Zugang zu höheren Abschlüssen und um Zeit und Geld für die Praxisanleitung", so die Caritas-Generalsekretärin." Angesichts der hohen Nachfrage an Schulen und den hohen Kosten für eine Lehrenden-Ausbildung schlug Parr zudem eine öffentliche Finanzierung der Lehrendenausbildung in der Pflege bzw. Sozialbetreuung vor.
Pflege-Fleckerlteppich in Österreich
Der Wiener Caritasdirektor Schwertner wies bei der Pressekonferenz auf den "grotesken" Pflege-Fleckerlteppich in Österreich hin, da die Pflege Ländersache sei. Es gebe erschreckende Unterschiede in den Bundesländern, so Schwertner: "Die pflegerische Versorgung ist aktuell weder flächendeckend vorhanden, noch ist die Qualität einheitlich gesichert. In Österreich entscheidet jedes Bundesland für sich, wie Menschen gepflegt und betreut werden sollen."
Schwertner verwies u.a. auf einen Rechnungshofbericht aus 2020: "Wenn man sich etwa niedere Pflegestufen ansieht: Während in Wien eine Pflegekraft für 20 pflegebedürftige Personen verantwortlich ist, ist dieselbe Pflegekraft in Tirol für durchschnittlich 10,52 Personen zuständig." In einem durchschnittlich großen Pflegewohnhaus mit 71 Betten würden im Burgendland 22 Vollzeit-Pflegekräfte arbeiten, in Wien wären es hingegen mehr als doppelt so viele - nämlich 45,7.
Die Caritas fordere daher einheitliche Versorgungs-, Qualitäts- und Finanzierungsstandards vom Boden- bis zum Neusiedlersee. Das Pflegesystem in Österreich müsse harmonisiert werden, so Schwertner.
Darüber hinaus sprach sich der Wiener Caritasdirektor dafür aus, das Pflegegeld umfangreich zu valorisieren: "Gerade in Zeiten der Teuerung muss sichergestellt werden, dass Pflege leistbar bleibt." Die jährliche Anpassung des Pflegegelds an die Inflation seit 2020 sei ein wichtiger Schritt gewesen. Doch das Pflegegeld habe seit seiner Einführung um etwa 40 Prozent an Wert verloren, dieser Verlust sollte dringend bereinigt werden, um die rund 467.000 Bezieherinnen und Bezieher konkret zu entlasten.
Caritas-Präsident Landau hielt abschließend fest, dass die Bundesregierung zuletzt durchaus einiges richtig gemacht habe, aber: "In Summe sehen wir leider immer noch zu viel Stückwerk, jetzt braucht es noch einen neuen Schub, zusätzliche Energie für weitere Reformen!"
Die Pressekonferenz fand im Caritas-Pflegewohnhaus St. Theresa in Wien-Donaustadt statt. Insgesamt pflegen und betreuen rund 5.300 Caritas-Mitarbeitende Menschen in 53 Senioren- und Pflegehäusern in ganz Österreich. Darüber hinaus leistet die Caritas mobile Pflege und ist seit vielen Jahren im Bereich der 24-Stunden-Betreuung sowie in der Hospiz- und Palliativarbeit engagiert.
Quelle: kathpress