Polak: Umdeutung von Macht ist Kernbestand des Evangeliums
Der Synodale Prozess soll nach den Worten der Theologin Regina Polak eine "Umkehr" bei den Machtstrukturen der katholischen Kirche bewirken. Das Reformvorhaben von Papst Franziskus sei der Versuch, "ernst zu machen mit der Aufforderung Jesu, einander und Gott zu dienen". Diese Umdeutung von Macht gehöre zum Kernbestand der Frohen Botschaft und der gesamten Heiligen Schrift insgesamt, erklärte die Wiener Pastoraltheologin am Montag in der Wiener Pfarre Stadlau. Der "alternative Zugang" Jesu zu Macht sei revolutionär gewesen - und somit auch der damit verbundene Auftrag an alle Christen, diesen umzusetzen.
Die Bibel beschreibe Macht als "Gabe Gottes", die zugleich Auftrag sei, gemeinsam mit anderen die menschlichen Beziehungen, die Geschichte, die Schöpfung und die Umwelt mitzugestalten, sagte Polak. Macht sei damit Fähigkeit, Verantwortung und Pflicht zugleich. Jesus von Nazareth habe Macht nicht "negiert, sondern umgedeutet", indem er ein Kind in die Mitte gestellt habe. Dies sei "kein harmloser, romantischer Akt, sondern damals wie heute ein gesellschaftskritischer, politisch-revolutionärer Akt" gewesen, betonte die Theologin. Kinder würden schließlich als erste und am meisten unter dem Machtmissbrauch von Erwachsenen leiden.
Nach christlichem Verständnis müsse Macht "dazu genutzt werden, anderen zu dienen und andere zu ermächtigen", insbesondere Benachteiligte und Marginalisierte, so Polak weiter. Die katholische Kirche drücke diese "Umdeutung von Macht als Dienst" besonders im Bild des "gemeinsamen Priestertums" aller Getauften aus. Betont werde dabei die Gleichheit aller Menschen kraft ihrer Ebenbildlichkeit mit Gott, wie auch der eigene, höchst persönliche Zugang jedes Menschen zu Gott. Diese Auffassung stehe im klaren Gegensatz zur Fehlentwicklung des "Klerikalismus, der manchen Priester denken lässt, er sei dem Himmel näher" - und den anzuprangern Papst Franziskus nicht müde werde.
Begleiter mit Machtverzicht
Rahmen der Ansprache Polaks war ein Jubiläumsgottesdienst, mit dem der Salesianerpater Alois Saghy (88) den 60. Jahrestag seiner Priesterweihe und den 70. Jahr seines Ordenseintritts feierte. Der aus Bruck an der Donau (heute Slowakei) stammende langjährige Leiter der Wiener Pfarre Inzersdorf-Neustift, der einst Diözesan- und Bundesseelsorger der Katholischen Arbeiterjugend war und als Vertriebenen- und Flüchtlingsseelsorger überregional bekannt ist, habe das gemeinsame Priestertum zur "Leitlinie seines Wirkens" gemacht, würdigte ihn Polak.
Besonders kam die Theologin auch auf das Prinzip der Salesianer Don Boscos zu sprechen, Neumitglieder vor dem Theologiestudium drei Jahre in den "Assistenzdienst" in der Jugendarbeit zu schicken. Diese Praxis sei "weise, ist doch theologisches Wissen in falschen, nicht-demütigen, nicht dienst-bereiten Händen auch immer in der Gefahr, ein Macht- und Herrschaftswissen zu sein", so Polak. Salesianische Assistenten wollten keine Präfekten und nicht einmal Vorbilder sein, sondern "Begleiter, Beisteher, zu-Hilfe-Kommende" - wie "ältere Brüder, die mit den Jugendlichen und für sie da sind".
Salesianer-Provinzial P. Siegfried Kettner bezeichnete den Jubilar im Rahmen des Gottesdienstes dennoch als Vorbild darin, zeitlebens ein "wacher Mensch für die Wunden unserer Zeit und der Kirche" gewesen und bis heute geblieben zu sein. P. Saghy sei ein "Original", habe immer "unbequeme Fragen gestellt und auch selbst Antworten darauf gegeben".
Quelle: kathpress