Neue Caritas-Präsidentin will Österreich gerechter machen
Die neue Präsidentin der Caritas Österreich, Nora Tödtling-Musenbichler, will die Gesellschaft in Österreich gerechter gestalten. Zur Erreichung dieses Ziels will die designierte Präsidentin der Hilfsorganisation, die mit Februar das Amt von Michael Landau übernehmen wird, einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung der Armut von Frauen und Kindern legen, wie Tödtling-Musenbichler bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien betonte. Bei dieser zog auch der scheidende Caritas-Präsident, Michael Landau, Bilanz: Trotz vieler Krisen habe sich in Österreich vieles auch zum Positiven gewandelt, so Landau, der sich überzeugt zeigte, dass die Caritas mit ihrer neuen Spitze auf die bevorstehenden Aufgaben bestmöglich vorbereitet sei.
Tödtling-Musenbichler spannte in ihrem Statement einen weiten Bogen über die Herausforderungen in Österreich. Aktuell sei die Welt und auch Österreich von tiefgreifenden Veränderungen, Unsicherheit und Resignation geprägt. "Not sehen und handeln" sei als Caritas-Motto in Zeiten multipler Krisen besonders gefragt, zeigte sie sich überzeugt. Die katholische Hilfsorganisation sei so etwas wie das soziale Gewissen in Österreich, und müsse auch zukünftig in den richtigen Momenten "unbequem" sein, "für die Menschen, die ansonsten nicht gehört werden", so die Caritas-Chefin.
Armut in Österreich Realität
Armut sei in Österreich Realität, auch wenn niemand verhungern müsse, stellte Tödtling-Musenbichler klar. Die Situation habe sich in den letzten Monaten durch die Teuerung noch verschärft. Die Maßnahmen der Regierung seien zwar wichtig gewesen, könnten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Sozialsystem in Österreich Lücken aufweise. Es fehle in vielen Bereichen an strukturellen Reformen, weshalb sie an die Bundesregierung appelliere, diese Lücken nachhaltig zu schließen. Konkret forderte sie Verbesserungen bei der Sozialhilfe, Erhöhungen bei Ausgleichszulage und Arbeitslosengeld und "armutsfeste Familienleistungen".
Als besonderen Schwerpunkt benannte Tödtling-Musenbichler die Bekämpfung von Frauen- und Kinderarmut. "Wir wissen, Armut ist weiblich, 60 Prozent der armutsbetroffenen Menschen in Österreich sind Frauen." Dieser Umstand liege oft an strukturellen Mängeln, sie wolle deswegen Politik, Gesellschaft und auch Unternehmen in die Pflicht nehmen, Verbesserungen voranzutreiben.
Ebenfalls erinnerte die neue Caritas-Chefin an das Versprechen von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), für einen flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuungsplätze zu sorgen. Die jüngste OECD-Studie habe klar aufgezeigt, dass armutsbetroffene Kinder von Anfang an in der Gesellschaft benachteiligt seien. Es müsse deswegen Ziel sein, allen Kindern in Österreich Bildung zukommen lassen, unabhängig von der finanziellen Ausstattung.
Eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre für die gesamte Gesellschaft sei der Pflegebereich. Deswegen müsse die anstehende Pflegereform mit ausreichend Mitteln ausgestattet werden, so Tödtling-Musenbichler.
Abschließend wies die Caritas-Präsidentin darauf hin, dass all diese Herausforderungen nur gemeinsam angegangen werden könnten. Dafür brauche es Solidarität in der Gesellschaft, und einen Grundkonsens über gewisse Ziele und Grundlinien. Um der steigenden Polarisierung in der Gesellschaft entgegenzuwirken, seien alle gefordert, besonders auch die Politik in Worten und Taten.
Weltweite Krisen
Auf die weltweiten Krisen, mit denen die Caritas in ihrer Arbeit konfrontiert ist, machte der neue stellvertretende Caritas-Präsident Alexander Bodmann aufmerksam. In einer globalisierter Welt könne sich Österreich nicht seiner Verantwortung entziehen, zeigte er sich überzeugt. Als drängendste Probleme benannte der Wiener Caritasdirektor neben den Konflikten und Kriegen, wie etwa im Nahen Osten und der Ukraine, besonders die Klimakrise mit all ihren sozialen Auswirkungen für die betroffenen Menschen. Das Tempo beim Klimaschutz müsse endlich zunehmen, forderte er, ebenso müsse das Ziel Österreichs, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfeleistungen bereitzustellen, dringend umgesetzt werden.
Landau: Caritas in guten Händen
Der scheidende Caritas-Präsident Michael Landau begrüßte den Generationenwechsel, ebenso wie den Umstand, dass erstmals eine Frau an der Spitz der Hilfsorganisation stehe. "Ich weiß die Caritas bei Nora Tödtling-Musenbichler in guten Händen", so Landau wörtlich. Er sei überzeugt, dass auch unter neuer Führung die Caritas zukünftig Missstände aufzeigen und Reformen einfordern werde und auch für Zusammenhalt einstehen und gegen die Spaltung der Gesellschaft auftreten werde.
An die Bundesregierung adressierte er abschließend die Aufforderung, die Armut in Österreich nicht zu leugnen, Reformen anzugehen und Polarisierung und Gereiztheit zu überwinden. Die Aufgaben für die Zukunft seien gewaltig, aber er sei überzeugt, dass gemeinsam vieles gelingen könne. Es gebe in Österreich einen "guten Grundwasserspiegel der Nächstenliebe". Nichts hemme Solidarität so sehr wie die Angst, weshalb er appellieren wolle, gemeinsam für Hoffnung einzustehen.
Die Pressekonferenz zum Nachsehen (6 Tage gültig)
Quelle: kathpress