Schwertner: Nicht jenen die Bühne überlassen, die Hass schüren
Der Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, Klaus Schwertner, ist überzeugt, dass es künftig noch mehr darauf ankommen wird, nicht jenen die Bühne und die sozialen Medien zu überlassen, die Hass schüren und Gewalt propagieren. Er könne verstehen, wenn Menschen in den sozialen Netzen keine Position beziehen wollen, weil sie keine Lust auf diese Gereiztheit hätten, "aber ich glaube, dass das erforderlich sein wird", sagte der Schwertner in der aktuellen Ausgabe des Podcasts "Ganz offen gesagt": "Wir müssen lauter werden und auch klar benennen, was wir uns wünschen und was wir strikt ablehnen."
Es sei in den sozialen Medien jeden Tag zu beobachten, wie schnell sich Hass verbreitet und Schaden anrichtet. Diese Empörungswellen zeigten eine große gesellschaftliche Gereiztheit, die dazu führe, "dass die Menschen ihren Hass plötzlich über Kanäle hinausschreien, die nicht mehr lokal beschränkt sind". Die Unzufriedenheit werde zudem von Parteien weiter geschürt und verstärkt, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.
"Wir verlernen dabei aber, Diskussionen zu führen und sich in andere Positionen hineinzufühlen", gab Schwertner zu bedenken. "Wir müssen als Gesellschaft wieder lernen, einander zuzuhören, Meinungen von anderen zu akzeptieren und gleichzeitig aber auch rote Linien aufzuzeigen". Das gelte im Internet ganz besonders.
Konkrete Hilfe geschieht im Stillen
Jene, die wütend und enttäuscht sind, seien meistens sehr laut, während hingegen die, die aktiv sind und sich einsetzen, das oft im Stillen machten, wies der Caritas-Vertreter hin. Das fange etwa bei der Nachbarschaftshilfe an, sei aber auch bei den 47.000 ehrenamtlich bei der Caritas Engagierten zu beobachten. Diese Menschen gelte es in ihrem Tun mehr zu ermutigen, so Schwertner. Er ersuchte auch die Medien, "die Scheinwerfer mehr dorthin zu richten", es gelte "das Kleine" nicht zu unterschätzen.
Mit gemischten Gefühlen blickt Schwertner auf das anstehende "Superwahljahr". Seit vielen Monaten sei in dieser Hinsicht eine große Verunsicherung in der Gesellschaft, aber auch der Politik selbst zu verspüren. "Wir wissen nicht, was da auf uns zukommt", so Schwertner. Die Verunsicherung durch die multiplen Krisen der letzten Jahre würden sich wohl auch im Wahlverhalten abbilden.
Von der Politik erwarte er mehr mittel- bis längerfristige Perspektiven. Immense Herausforderungen gebe es etwa bei der Vereinsamung der Menschen, der Klimakrise oder der Armutsbekämpfung, "aber es gibt von der Politik überhaupt keine Konzepte dafür, wie man diesen Nöten begegnet", bemängelte Schwertner. Gerade bei der Pflegekrise werde deutlich, wie sehr der langfristige Lösungsansatz fehle.
Kundgebung gegen Rechtsextremismus
Die Caritas Wien unterstützt wie auch andere kirchliche Organisationen - Katholische Aktion Österreich, Katholische Jugend, Jungschar und Steyler Missionare - die für Freitag angekündigten Demonstration gegen Rechtsextremismus und Rassismus vor dem Parlament in Wien. "Als Caritas unterstützen wir jede Initiative, die sich gegen eine Politik der Spaltung einsetzt" betonte Schwertner gegenüber Kathpress.
Schwertner sieht es als "ermutigendes Zeichen", dass in Deutschland zuletzt mehrere hunderttausend Menschen "gegen menschenverachtende Politik und gegen autoritäres Gedankengut auf die Straße gegangen" seien. Es sei nun ein wichtiges Signal, "ein solches Zeichen auch in Österreich zu setzen". (Der Podcast in voller Länge: https://ganzoffengesagt.simplecast.com/episodes/3-2024-uber-den-sozialen-zusammenhalt-mit-klaus-schwertner)
Quelle: kathpress