Bad Ischler Pfarrer: Kulturhauptstadt-Jahr für Evangelisierung nutzen
Der Stadtpfarrer von Bad Ischl, Christian Oehler, sieht Verkündigungspotential in den Begegnungen der kürzlich eröffneten Kulturhauptstadt. Dass die katholische Kirche im Programm der Europäischen Kulturhauptstadtregion präsent ist, war dem Pfarrer seit dem Beginn der Planungen ein Anliegen. "Für mich ist eigentlich selbstverständlich, dass die Kirche, die jahrhundertelang der Kulturträger war, auch eine Brücke schlagen muss zur zeitgenössischen Kultur, weil gerade zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler aus einer großen Wahrhaftigkeit heraus arbeiten", so der Pfarrer im Gespräch mit "Vatican News" am Dienstag.
Beispielhaft verwies er auf ein "Leuchtturmprojekt" der Europäischen Kulturhauptstadt, die Audioskulptur des Mühlviertler Künstlers Christoph Viscorsum, die von dessen Badezimmer ausgehend über einen Kirchenraum hinauf ins Tote Gebirge führt und verschiedenste Menschen befragt - etwa einen Almbauern, Kirchbesucherinnen, aber auch eine Bergsteigerin oder den Benediktinerbruder und Buchautor Bruder David Steindl-Rast. Wer dieser Tonspur folge, auf den Berg hinauf oder unten im Tal, komme "in eine ganz eigene Beziehung wieder zur Schöpfung, zur Natur", so Oehler.
Alles in allem bescheinigt Pfarrer Oehler dem Projekt Europäische Kulturhauptstadt ein gewisses Evangelisierungpotenzial, "das sich aus den menschlichen Begegnungen ergibt". So habe ihm die Intendantin Elisabeth Schweeger, die sich von der Kirche entfernt habe, anvertraut, dass religiöse Fragen sie nun wieder beschäftigten und sie deshalb Formate schaffen möchte, wo das zur Sprache kommt. "Da sage ich, da ist Evangelisierung in diesem Sinn als Dialog gelungen", so Oehler.
Auch Spannungen blieben nicht aus. So erntete Pfarrer Oehler Kritik, weil er die Eröffnungsfeier zur Europäischen Kulturhauptstadt live auf eine Leinwand in seiner Kirche übertragen ließ und bei einer dabei gezeigten Kunst-Performance nackte Menschen zu sehen waren. Oehler erinnerte in diesem Zusammenhang an die Propheten der christlichen Tradition. "Das waren immer auch Menschen, die provoziert haben, das heißt, die etwas hervorgerufen haben, eben provoziert haben, das im Untergrund gebrodelt hat und das sie sichtbar gemacht haben", so der Geistliche.
"Wenn wir uns weiterentwickeln wollen, sowohl menschlich als auch gesellschaftlich oder kirchlich, dann braucht es diese Ehrlichkeit", zeigte sich Oehler überzeugt. "Und wenn es dann Spannungen gibt, dann gibt es Spannungen, die - wie in der Elektrizität - eine Kraft entwickeln." Im Gegensatz dazu stünden destruktive Spannungen. "Von denen halte ich nichts. Und da gehe ich auch nicht darauf ein", so der Pfarrer.
Quelle: kathpress