Konflikt um Synodalen Weg: Zulehner für "völlig neue Amtskultur"
In der Debatte um den Fortgang des ins Stocken geratenen deutschen Reformprozesses "Synodaler Weg" hat sich der Wiener Pastoraltheologe Prof. Paul M. Zulehner zu Wort gemeldet. Nach dem verfügten Stopp aus Rom für den geplanten Synodalen Ausschuss bzw. Rat stehe die Frage weiterhin im Raum, wie es gelingen könne, künftig die "unbestrittene Autorität des Amtes" mit der "fundamentalen Gleichheit an Würde und Berufung aller" zusammenzudenken. Es brauche dazu ein gänzlich neues, sich von der "dramatischen Einfärbung durch den Absolutismus" lossagenden Amtsverständnis, sagte Zulehner in der Ö1-Sendung "Im Fokus" (Mittwoch). "Die Lösung liegt meines Erachtens nur in einer völlig neuen Amtskultur, die vom Absolutismus entfärbt wird."
Dem Theologen zufolge gehe das bis heute vorherrschende bischöfliche Amtsverständnis, welches von einer nur dem eigenen Ermessen verpflichteten Amtsführung und -gewalt ausgeht, letztlich auf ein absolutistisches Denkmodell des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/70) zurück. Diese "Hintertür", dass man sich bischöflicherseits seither immer auf das eigene Ermessen berufen kann, zeige, "dass wir noch immer nicht zusammengebracht haben, die Notwendigkeit nachhaltiger Beratung mit der unverzichtbaren Sorge um die Einheit der Kirche zusammenzudenken", so Zulehner.
In dem Studiogespräch äußerte sich darüber hinaus auch der Wiener Dogmatik-Professor Jan-Heiner Tück, der den Einsprüchen gegen den geplanten Synodalen Ausschuss/Rat zuletzt u.a. durch Publikation eines Interviews mit Kardinal Christoph Schönborn auf dem Portal "communio.de" Ausdruck verliehen hat. Die von Rom wie auch von Kardinal Schönborn vorgebrachte Kritik entzünde sich vor allem an der Figur der freiwilligen Selbstbindung von Bischöfen, da dies "die Verfassung der Kirche tangiert", und daran, die Evangelisierungsimpulse von Papst Franziskus nicht ausreichend rezipiert zu haben, so Tück. Der jüngste Brief aus dem Vatikan an die deutschen Bischöfe, der den Stopp verfügte, sei insofern auch nur der "Gipfelpunkt einer ganzen Serie von römischen Interventionen" gewesen, erinnerte der Theologe.
Es sei wünschenswert, dass das Gespräch zwischen Rom und den deutschen Bischöfen so schnell wie möglich wieder aufgenommen werde - und auch einzusehen, dass der weltweite Synodale Prozess von Papst Franziskus der Ort sei, die anstehenden Reformthemen zu diskutierten und "freimütig auf den Tisch" zu legen.
Der Wiener Pastoraltheologe Prof. Johann Pock fragte indes in einem Gastkommentar in der Wochenzeitung "Die Furche" (aktuelle Ausgabe, Donnerstag), wovor konkret man in Rom eigentlich Angst habe: "Das Argument der möglichen Zerstörung weltkirchlicher Einheit verfängt nämlich meines Erachtens nicht. Denn ein Großteil der vom 'Synodalen Weg' in Deutschland behandelten Themen wurde auch bei der Bischofssynode im Oktober 2023 so benannt." Zudem habe Papst Franziskus "von Anfang an auf regionale Entscheidungen vor zentralen Entscheidungen gesetzt - und der Kirche im Amazonasgebiet Freiheiten für Laienbeteiligung zugestanden, die jetzt gegenüber der deutschen Kirche Probleme bereiten".
Dies verdeutliche laut Pock, "dass letztlich kirchenrechtliche Änderungen notwendig sein werden, um Reformen in der römisch-katholischen Kirche nachhaltig zu platzieren". Dabei sollte man sich dem Theologen zufolge am alten römischen Rechtssatz "Ius sequitur vitam" orientieren, das besagt: "Das Leben hat nicht dem Recht zu folgen, sondern das Recht dem Leben der Menschen zu dienen."
Quelle: Kathpress