"Pro Oriente": Im Dialog mit Altorientalen nicht nachlassen
Auch wenn die ökumenische Großwetterlage derzeit zum Teil nicht die angenehmste ist, gibt es für die Stiftung "Pro Oriente" keine Alternative zum Dialog. Das hat der Vorsitzende der Salzburger "Pro Oriente"-Sektion, Prof. Dietmar Winkler, im Kathpress-Interview betont. Winkler leitet die "Pro Oriente Kommission für Ökumenische Begegnung zwischen den Orientalisch-Orthodoxen Kirchen und der Katholischen Kirche" (CEE) sowie die Kommission "Forum Syriacum". Die beiden Kommissionen tagten vergangene Woche in Wien. Der Termin war bewusst so gewählt, dass die Kommissionsteilnehmer an den Feierlichkeiten rund um das 60-Jahr-Jubiläum der Stiftung und den Gedenkgottesdienst (20. Todestag) für den "Pro Oriente"-Gründer Kardinal Franz König teilnehmen konnten.
Die CEE-Kommission setzt sich zusammen aus Vertretern der Orientalisch-orthodoxen Kirchen sowie Fachexperten aus dem "Pro Oriente"-Netzwerk. Der Päpstliche Einheitsrat ist mit einem Beobachter vertreten.
Der koptische Vertreter hatte seine Teilnahme kurzfristig abgesagt. Dies stehe in Zusammenhang mit den ökumenischen Schwierigkeiten rund um die vatikanische Erklärung "Fiducia supplicans" vom vergangenen Dezember, wonach eine Segnung gleichgeschlechtlicher, unverheirateter oder wiederverheirateter Paare gestattet ist, räumte Winkler ein. Die Koptische Kirche hat daraufhin ihre Teilnahme an ökumenischen Gremien ausgesetzt. "Pro Oriente" bleibe aber weiterhin in gutem Kontakt und im Gespräch, bekräftigte der Experte. Zudem sei ohnehin schon beim jüngsten offiziellen Dialog im Jänner 2024 in Rom vereinbart worden, dass man sich nach 20 Jahren offizieller Gespräche eine kleine Nachdenkpause und Phase der Evaluation des Dialogs gönnen wolle, um den Stand der Gespräche zu reflektieren und Szenarien für die Weiterarbeit anzudenken.
Im Kathpress-Interview wies Prof. Winkler darauf hin, dass es die orientalisch-orthodoxen Kirchen vor allem in ihren Herkunftsländern zumeist politisch und wirtschaftlich sehr schwer hätten, sei es in Äthiopien, Eritrea, Ägypten, Indien oder auch in Ländern des Nahen Ostens. In Äthiopien beispielsweise würden sich die ethnischen Konflikte im Land inzwischen auch heftig auf die Äthiopisch-orthodoxe Kirche durchschlagen, berichtete Winkler. Die CEE-Kommission biete hier einen geschützten Rahmen zum vertrauensvollen und offenen Austausch, der auch Problemlösungsmöglichkeiten andenkt.
An den Wiener CEE-Beratungen nahm zum Teil auch Kardinal Kurt Koch, Präfekt des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, teil. Der Wiener armenisch-apostolische Bischof Tiran Petrosyan berichtete über die schwierige Situation in Armenien bzw. Berg-Karabach.
Neben den Krisen wurde aber auch über gemeinsamen pastorale Herausforderungen in den Diaspora-Ländern im Westen diskutiert, berichtete Winkler. Wobei die sogenannte Diaspora zahlenmäßig für die meisten Kirchen bereits bedeutender sei als die Verbliebenen in den Herkunftsländer der Kirchen, räumte der Ostkirchenexperte ein. "Der Westen ist zugleich neue Heimat für die Kirchen des Orients", stellte der Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Salzburg fest. Das bringe neue Herausforderungen mit sich.
Jugend, Traditon, Liturgie
Auch im "Forum Syriacum" war neben politischen Entwicklungen die Diaspora ein wesentliches Thema. Dabei stand unter anderem die zentrale Frage im Raum, wie die Kirchen heute die bereits im Westen sozialisierte eigene Jugend erreichen können. "Welche kirchlichen Reformen sind notwendig, wie kann zugleich die eigene Tradition bewahrt werden?", erläuterte Winkler die zentrale Herausforderung. Laut Ansicht der Kirchenvertreter komme dabei der Liturgie eine besondere Bedeutung zu. Das neue Projekt "Spiritual Ecumenism: Syriac Identity, Shared Heritage and Common Witness" nimmt sich diesen Fragen an.
Neu im "Forum Syriacum" ist die Syrische Mar-Thoma-Kirche (Malankara Mar Thoma Syriac Church) - eine indische Kirche mit reformatorischen Elementen. Sie entstand zur Zeit der britischen Kolonialherrschaft in Indien, als sich reformatorische Ideen unter den Thomas-Christen verbreiteten. Das neue Mitglied belebe das Gremium, nicht zuletzt durch einen etwas anderes Ansatz in der Ökumene bzw. Kircheneinheit, so Winkler. Für diese Kirche sei eucharistische Einheit auch möglich, wenn man nicht in allen zentralen Fragen völlige Übereinstimmung erzielen könne.
CEE und "Forum Syriacum"
Die CEE-Kommission von "Pro Oriente" wurde im November 2015 begründet, um dem inoffiziellen Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen neuen Auftrieb zu geben. Dieser Dialog bildete schon ab 1970/71 einen Hauptakzent der Arbeit von "Pro Oriente". Bei CEE geht es darum, den 2003 aufgenommenen offiziellen zwischenkirchlichen Dialog zu begleiten und zu unterstützen. Die Arbeit der Kommission soll dazu beitragen, jenseits der konfessioneller Grenzen den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den Kirchen zu fördern und Elemente bereits bestehender Einheit zwischen ihnen verstärkt sichtbar zu machen. Wichtig ist den Mitgliedern die Einbindung der jüngeren Generation von Theologinnen und Theologen aus den beteiligten Kirchen.
Das "Pro Oriente"-"Forum Syriacum" widmet sich der Erforschung der Geschichte und des geistig-kulturellen Erbes der Kirchen syrischer Traditionen sowie deren Beziehungen zu anderen Kulturen und Religionen. Ein besonderes Kennzeichen dieses Dialogformats, das zehn Kirchen syrischer Tradition vereint, ist es, dass nicht nur die orientalisch-orthodoxen Kirchen vertreten sind, sondern auch katholische Ostkirchen, die ebenfalls aus den syrischen Traditionen hervorgegangen sind.
Mit dem "Forum Syriacum" hat die Stiftung vor 30 Jahren, im Jahr 1994, begonnen, einerseits die bis dahin isolierte Assyrische Kirche des Ostens einzubinden und andererseits den dritten Strang der christlichen Tradition - neben dem lateinischen (katholischen, protestantischen) und dem griechischen (orthodoxen, inkl. slawischen) - ins Bewusstsein zu bringen. Es ging um den ökumenischen Austausch zwischen den Kirchen der syrischen Traditionen, vor allem aus dem Nahen Osten und aus Indien, die nunmehr auch stark im Westen präsent sind. Dieser "Pro Oriente"-Dialog der Kirchen syrischer Tradition hat wesentlich dazu beigetragen, einem offiziellen Dialog zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und der Assyrischen Kirche des Ostens unter Einbindung katholischer Ostkirchen syrischer Tradition den Weg zu bereiten.
Quelle: kathpress